Gentechnik zur Behandlung der Sichelzellanämie
Vor neun Monaten wurde ein an Sichelzellanämie erkrankter Patient im Necker-Kinderkrankenhaus in Paris behandelt, dessen Gesundheitszustand sich seitdem deutlich verbessert hat. Ihm wurden modifizierte Stammzellen injiziert, um die Produktion von Hämoglobin anzuregen.
Die Sichelzellanämie ist eine der weltweit am häufigsten vorkommenden Erbkrankheiten. Sie ist eine chronische Erkrankung der roten Blutzellen, die den Betroffenen sein ganzes Leben begleitet. Weltweit leiden etwa 50 Millionen Menschen an dieser Krankheit.
Hämoglobin (Hb) ist der rote Blutfarbstoff. Er sitzt in den roten Blutkörperchen und kann Sauerstoff für den Transport durch den Blutkreislauf binden. Die roten Blutkörperchen haben normalerweise die Form einer Scheibe, die in der Mitte dünner ist. Durch ihre elastische Struktur können sie sich gut auch durch kleinste Blutgefäße bewegen.
Bei der Sichelzellkrankheit führen genetische Fehler (Mutationen) zu einer Veränderung des Hämoglobins (HbS). Sobald das HbS seinen Sauerstoff abgegeben hat, verklumpt es und führt eine Sichelform der roten Blutkörperchen herbei. Sie sind nicht mehr elastisch und können daher vor allem in kleinen und kleinsten Blutgefäßen steckenbleiben und platzen. Das führt zu Beschwerden durch eine Minderdurchblutung von Organen sowie zu einer Blutarmut und kann zu Gefäßverschlüssen, Infektionen, Schlaganfällen oder schweren Anämien durch Hämolyse (Auflösung der roten Blutkörperchen) führen.
Dem betroffenen Patienten wurden Stammzellen entnommen und eine gesunde Kopie des Hämoglobin-Gens in seine Zellen zurückgeführt. Neun Monate später produzierten die Zellen bereits wieder zu rund 51,5 % normales Hämoglobin.
Sobald diese Ergebnisse bestätigt werden, könnte diese Gentherapie als Behandlungsmethode bei Sichelanämie eingeführt werden und andere Methoden ersetzen, wie z.B. die Knochenmarkstransplantation für Patienten, für die keine geeigneten HLA [1]-Spender gefunden werden können (HLA ist die englische Abkürzung für human leukocyte antigen; deutsch: menschliche Leukozytenantigene). Auf diese Weise könnten ihre Lebensqualität und Lebenserwartung deutlich verbessert werden.
Derzeit gibt es nur zwei Behandlungsmethoden: die monatliche Bluttransfusion und eine Behandlung mit Hydroxycarbamid zur Erhöhung des Hämoglobinwertes und zur Linderung starker Schmerzen. Im Gegensatz zur Gentherapie kann jedoch keine der beiden Methoden eine Schädigung der bereits durch den Sauerstoffmangel geschwächten Organe verhindern.
Quelle: Wissenschaftliche Abteilung, Französische Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland
12.01.2016