Invasiv lobuläres Mammakarzinom links dargestellt als spikulierter Herd
Invasiv lobuläres Mammakarzinom links dargestellt als spikulierter Herd

Artikel • Brustkrebs-Screening

Tomosynthese zur Früherkennung – medizinische Effektivität muss evaluiert werden

Jährlich erkranken in Deutschland etwa 70.000 Frauen neu an Brustkrebs, der häufigsten Krebsform unter Frauen. Trotz innovativer Behandlungsformen sterben weiterhin mehr als 17.000 Frauen pro Jahr an dieser Erkrankung, womit Brustkrebs unverändert zur höchsten Anzahl krebsbedingter Todesfälle unter Frauen zählt.

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass durch eine breit angelegte und koordinierte Brustkrebs-Früherkennung mittels Mammographie-Screening in der Bevölkerung die Brustkrebs-spezifische Sterblichkeit von Frauen um 20 Prozent gesenkt werden kann. Die Vorteile des Screenings wie der positive Einfluss auf die Sterblichkeit und eine bessere Lebensqualität im Erkrankungsfall aufgrund weniger aggressiver Therapie beruhen auf einer zeitlichen Vorverlagerung der Diagnose.

Unter Screening-Teilnehmerinnen wird bei bis zu einem Prozent aller Frauen Brustkrebs diagnostiziert. Etwa 20 Prozent der Diagnosen umfassen das duktale Carcinoma in situ (DCIS). Etwa 80 Prozent der im Screening entdeckten invasiven Brustkrebserkrankungen sind maximal zwei Zentimeter groß und in dieser Größe zumeist noch nicht tastbar. Durch eine frühzeitige Diagnose und Therapie dieser Tumore kann das Auftreten prognostisch ungünstiger Stadien verhindert werden. Allerdings gibt es Fälle, die ohne Screening vielleicht zeitlebens symptomfrei geblieben und nicht diagnostiziert worden wären. Jedoch gehören diese Fälle zu den weniger zahlreich vorkommenden Überdiagnosen.

Die Kombinationen diagnostischer Maßnahmen

Privatdozentin Dr. med. Stefanie Weigel
Privatdozentin Dr. med. Stefanie Weigel

Die digitale Brust Tomosynthese (DBT) ist eine weiterentwickelte, mammographische Bildgebungsmethode der Brust. Sie generiert durch einen Schwenk der Röntgenröhre einen dreidimensionalen Datensatz des Brustgewebes, so dass die durch Gewebsüberlagerung bedingte diagnostische Schwäche der zweidimensionalen (2D)-Mammographie reduziert werden kann. Die Tomosynthese ist der etablierten mammographischen Untersuchung hinsichtlich Erstellung und Empfinden vergleichbar, während sich die Kompressionszeit der Brust im Sekundenbereich verlängert. In der Regel ist die Tomosynthese eine Zusatzfunktion des ansonsten zweidimensional funktionierenden Mammographiegerätes.

Aktuell existieren wenige prospektive Studien zum Einsatz der Tomosynthese im Mammographie-Screening. Studien aus Norwegen und Italien zeigen, dass der zusätzliche Einsatz der DBT zur 2D-Mammographie die diagnostische Genauigkeit weiter verbessert. Die Tomosynthese geht jedoch im additiven Ansatz mit einer Verdopplung der Strahlendosis einher. Dieser Nachteil kann allerdings durch die zusätzliche Weiterentwicklung der DBT-Technik vermieden werden, indem aus dem Tomosynthese-Datensatz ein 2D-Bild errechnet wird (synthetische Mammographie); damit beinhaltet dieses Konzept das Potential, auf eine separate Exposition zur 2D-Mammographie-Erstellung zu verzichten.

Weltweit sind gerade die ersten Ergebnisse zum Einsatz der Tomosynthese mit synthetischer Mammographie im Screening erschienen. Die Folgestudien von Skaane et al. aus Norwegen und Bernardi et al. aus Italien beschreiben eine vergleichbare Leistungsfähigkeit der Tomosynthese mit synthetischer Mammographie im Vergleich zur Tomosynthese mit separater Röntgenmammographie.

Bei den verschiedenen wissenschaftlichen Studien besteht Konsens, dass der Einsatz der Tomosynthese zu einer Steigerung der Diagnosehäufigkeit invasiver Brustkrebserkrankungen führt. Eine relevante Änderung hinsichtlich der Diagnosehäufigkeit des DCIS ist nicht gegeben. Zugleich reduziert sich relevant die Rate an Frauen, die zu einer weiterführenden Diagnostik nach Teilnahme am Screening aufgrund letztendlich gutartiger Konstellationen geladen werden. Die diagnostische Genauigkeit erhöht sich im Vergleich zum alleinigen Einsatz der zweidimensionalen Mammographie.

Die Tomosynthese als Evolution in der Entwicklung

Es besteht ein wissenschaftliches Interesse daran, zu klären, ob die Diagnostik ausschließlich mittels Tomosynthese im Mammographie-Screening-Programm der etablierten digitalen Mammographie überlegen ist.

S. Weigel

In Deutschland ist die Tomosynthese derzeit nur als ergänzendes Verfahren in der Abklärungsdiagnostik einsetzbar, nicht als primäres Screeningverfahren. Es besteht jedoch ein wissenschaftliches Interesse daran, zu klären, ob die Diagnostik ausschließlich mittels Tomosynthese im Mammographie-Screening-Programm der etablierten digitalen Mammographie überlegen und damit die Methode der Zukunft ist. Neben Fragen zur Qualitätssicherung geht es hier um eine Einschätzung der Machbarkeit und der Effizienz der Diagnostik, herstellerübergreifend und flächendeckend.

Die Tomosynthese ist als technische Weiterentwicklung der digitalen Mammographie klar als Evolution zu sehen. Sie sollte in einem qualitätsgesicherten Format in die Diagnostik implementiert werden mit dem Ziel, die medizinische Effektivität zu evaluieren. Neben der Häufigkeit des Erkennens von Brustkrebs können weitere Faktoren wie die Auswirkung auf Diagnosehäufigkeiten im Intervall zwischen den Untersuchungszeitpunkten sowie auf Diagnosehäufigkeiten fortgeschrittener Tumorstadien relevante Bewertungskriterien sein.


Profil:

Privatdozentin Dr. med. Stefanie Weigel ist stellvertretende Leiterin des Referenzzentrums Mammographie am Universitätsklinikum Münster (UKM) und Leiterin der Senologischen Radiologie des Instituts für Klinische Radiologie (IKR) des UKM.

06.11.2017

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