Vom Becken bis zum Zeh

Spannender Paradigmenwechsel: „Ultraschall der unteren Extremitäten“

Univ.-Doz. Dr. Andrea Klauser ist Leitende Oberärztin der Universitätsklinik für Radiologie an der Medizinischen Universität Innsbruck. Sie ist Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (ÖGUM) und war 2014 Kongresspräsidentin des 38. Dreiländertreffens von DEGUM, ÖGUM und SGUM. Klauser bietet in diesem Jahr Workshops zum Thema „Ultraschall der unteren Extremitäten“ an. Vom Becken bis zum Zeh reicht dieser Bereich, mit dabei sind unter anderem die „Dauerbrenner“ Hüfte und Knie.

Distales Achillessehnendrittel
im B-Bild und Elastographie bei Probanden
(blau...
Distales Achillessehnendrittel im B-Bild und Elastographie bei Probanden (blau = hart).

Welche spannenden Fragen lassen sich mit Ultraschall beantworten?

Lange Zeit stand die MRT im Vordergrund – vor allem dann, wenn es um Hüfte und Knie ging. Das Spannende ist, dass sich mittlerweile ein Paradigmenwechsel vollzogen hat. Bei vielen Indikationen können wir jetzt auch primär Ultraschall anwenden. Dieser Paradigmenwechsel wurde einerseits ausgelöst durch eine Verbesserung der Geräte sowie des Schallwissens und andererseits durch die Tatsache, dass nicht alle Pathologien intraartikulär liegen, sondern sehr häufig Sehnen, Nerven, aber auch Bursen betroffen sind, die mittels Ultraschall sehr gut zugänglich sind.

Bei der Darstellung beispielsweise der Patella-Sehne oder bei den peripheren Nerven wie der Nervus peroneus mit seinen Ästen am Bein ist der Ultraschall sicherlich die Methode der ersten Wahl. Er ist aber auch angezeigt, wenn man dynamische Untersuchungen machen möchte wie beim Snapping Iliopsoas.

Welche Schwerpunkte setzen Sie in den Workshops?

In dem Vortragsteil wird der sonoanatomische Bereich abgedeckt. Ein ausführlicher Vortrag, der sich auch mit der praktischen Untersuchung von der Hüfte bis zum Knie befasst, steht auf dem Programm. Ich freue mich auch auf die Darstellung von einem versierten Kollegen, Doz. Dr. Gerd Bodner, Wien, der sich speziell mit den Nerven der unteren Extremitäten beschäftigt; denn hier ist die Sonographie einzigartig in ihrer Aussagemöglichkeit. Die Auflösung ist ausgesprochen gut und es lässt sich vor allem der ganze Nerv im Verlauf – von der Hüfte bis zum Zeh – verfolgen. Mit dem Auflösungsniveau des Ultraschalls ist das in der MRT nicht möglich.

Gleiches gilt für dynamische Untersuchungen, wenn beispielsweise die Funktion der Achillessehne unter Beugung und Streckung des Sprunggelenks betrachtet wird, oder die Subluxation der Peronealsehnen. Auch die Banddiagnostik am Sprunggelenk samt Außen- und Innenbändern lässt sich anführen. Die MRT ist für dynamische Untersuchungen nur bedingt geeignet: Der Patient liegt doppelt so lange in der Maschine und muss umgelagert werden. Darüber hinaus ist es natürlich von Vorteil, dass kein Kontrastmittel benötigt wird. Insbesondere bei der Dopplersonographie ist die Technik sehr ausgereift. Generell werden die Indikationen immer klarer, wann man sonographieren und wann man die MRT einsetzen sollte. Natürlich ist das auch eine Kostenrechnung.

Stellen Sie auch neuere Untersuchungstechniken vor?

Da lässt sich vor allem die Elastographie nennen. Dabei handelt es sich um ein noch relativ neues Verfahren. Wir haben in Innsbruck viele Vorarbeiten auf dem Gebiet von Tendinosen dazu durchgeführt und das Verfahren auch histologisch korreliert. Die Elastographie liefert sicherlich eine wichtige Zusatzinformation zu den gängigen Ultraschallmethoden. Dazu gibt es mittlerweile eine Reihe von interessanten Publikationen. Ich bin der Auffassung, dass es sinnvoll ist zu überprüfen, ob eine Sehne aufgeweicht ist oder eben nicht. Elastographie misst bekanntermaßen die Steifigkeit des Gewebes; eine gesunde Sehne ist steif, eine aufgeweichte Sehne pathologisch.

Die Achillessehne ist die „Paradesehne“ in der Sehnendiagnostik. Man muss sich vergegenwärtigen, dass die Achillessehne bereits 1980 sonographisch wissenschaftlich ausgewertet wurde. Seither haben sich viele Verbesserungen vom Power-Doppler bis zur Elastographie vollzogen, mit denen man heute etliche Zusatzaussagen treffen kann.

Enthalten die Workshops einen praktischen Teil?

Ja, die Workshops sind speziell für Anwender und es wird in kleinen Gruppen mit etwa fünf Teilnehmern am Normalprobanden geübt. Das Wichtigste ist, dass man die Standardschnitte beherrscht und die Normalanatomie von der Pathologie abgrenzen kann. Darüber hinaus sollten alle Anwender die dynamischen Untersuchungen beherrschen, eben jene Manöver, bei denen man beispielsweise durch Strecken oder Anziehen des Fußes das Sehnengleiten bestmöglich beobachten kann. Wichtig ist auch das entsprechende Handling des Schallkopfes, um eine Sonopalpation durchführen zu können. Die Teilnehmer haben immer einen Ansprechpartner, der die korrekte Ausführung kontrolliert.

Beim Deutschen Röntgenkongress waren die Kurse sehr beliebt und ich erwarte ein starkes Interesse gerade in der Kombination von theoretischem und praktischem Teil. Sicherlich sind zuallererst muskuloskelettale Radiologen angesprochen, aber auch Rheumatologen, Orthopäden, Unfallchirurgen und Sportmediziner können profitieren. Und nicht zu vergessen die Physiotherapeuten: Die Zusammenarbeit mit ihnen ist mir sehr wichtig.

PROFIL:
Univ.-Doz. Dr. Andrea Klauser ist Leitende Oberärztin der Universitätsklinik für Radiologie an der Medizinischen Universität Innsbruck. Ihre Arbeits- und Forschungsschwerpunkte sind die Bildgebung und insbesondere der Ultraschall bei Rheuma und Sport sowie ultraschallgezielte Infiltrationen und neue Techniken. Sie ist Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (ÖGUM) und war 2014 Kongresspräsidentin des 38. Dreiländertreffens von DEGUM, ÖGUM und SGUM.

Veranstaltungshinweis:
Raum: Paracelsus-Saal
Donnerstag, 1. Oktober 2015, 12:00–16:00 Uhr
US Hands-on-Workshops – Untere Extremitäten
A. Klauser, Innsbruck/Österreich
Workshop 6

05.11.2015

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