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News • Individualisierte Therapien

Schmerzforschung ermöglicht passgenaue Behandlung des Pankreas

Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) aus der II. Medizinischen Klinik und aus der Abteilung Neurophysiologie des Mannheimer Zentrums für translationale Neurowissenschaften (MCTN) haben einen wichtigen Beitrag zum besseren Verständnis der Schmerzwahrnehmung (sog. Nozizeption) bei Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) geleistet.

Die Wissenschaftler unter der Leitung von PD Dr. Michael Hirth und PD Dr. Walter Magerl identifizierten unterschiedliche Mechanismen der Schmerzentstehung bei verschiedenen Erkrankungen des Pankreas. Diese Entdeckung kann möglicherweise den Weg hin zu individualisierten Therapiekonzepten eröffnen. Die Ergebnisse der Studie sind aktuell im Fachjournal Pain veröffentlicht

Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse gehen oft mit akuten Bauchschmerzen einher. Obwohl die den Schmerzen zugrundeliegenden Erkrankungen sehr unterschiedlich sein können, erfolgt die Therapie in der Regel nach dem gleichen Schema in Form eines sogenannten „step up“ Ansatzes: Die Behandlung beginnt mit einer niedrigen Dosis oder Intensität und wird schrittweise gesteigert. Dieses undifferenzierte therapeutische Vorgehen wird den unterschiedlichen Pathomechanismen verschiedener Pankreaserkrankungen jedoch oftmals nicht gerecht.

In vorausgegangenen Studien konnten die Wissenschaftler bereits zeigen, dass Veränderungen in der neuronalen Plastizität – also der Umbau neuronaler Strukturen in Abhängigkeit von ihrer Aktivität – eine wesentliche Rolle in der Schmerzentstehung und -verarbeitung bei Pankreaserkrankungen spielen. Die sogenannte Quantitative Sensorische Testung (QST) erlaubt Rückschlüsse auf vorliegende Veränderungen des nozizeptiven Systems. Es zeigte sich dabei beispielsweise, dass Patienten, die Zeichen einer Sensibilisierung im zentralen Nervensystem zeigen, schlechter auf lokale Therapieansätze wie endoskopische oder chirurgische Verfahren ansprechen. 

Der Erstautor der vorliegenden Studie Philipp Göltl untersuchte Patienten mit verschiedenen Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse: mit akuter, chronischer oder autoimmuner Pankreatitis, mit einem Pankreaskarzinom sowie parallel gesunde Kontrollprobanden mittels Quantitativer Sensorischer Testung. Dabei konnte er zeigen, dass Patienten mit unterschiedlichen Erkrankungen des Pankreas unterschiedliche neurophysiologische Profile aufweisen, die vermutlich auf einer unterschiedlichen Schmerzverarbeitung beruhen. 

Die Daten deuten darauf hin, dass das zentrale Nervensystem bei Patienten mit einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) in der Lage ist, schmerzhafte Reize zu unterdrücken, was bei Patienten mit chronischer Pankreatitis nicht (mehr) gelingt. Es scheint damit möglich, für jeden Patienten mit einer Erkrankung des Pankreas basierend auf dem jeweils identifizierten dominanten Mechanismus der Schmerzentstehung individualisierte Therapiekonzepte erarbeiten zu können. 


Quelle: Universitätsmedizin Mannheim

05.06.2025

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