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Regionale Aktivitäten prägen die spanische E-Health-Strategie

In Spanien sorgen erfolgreiche regionale Projekte im Bereich E-Health für positive Schlagzeilen, während die Umsetzung einer nationalen Strategie mühsam ist. Mangelnde Interoperabilität und Ressourcen bremsen den Datenaustausch zwischen den 17 autonomen Gemeinschaften und oftmals sogar innerhalb einer Region, so das Fazit von Beobachtern.

Bericht: Mélisande Rouger

Auch wenn in Spanien die Gesundheitsversorgung Sache der autonomen Gemeinschaften (regionale Gebietskörperschaften) ist, stehen Notfall- und Primärversorgung natürlich allen Menschen offen – ganz gleich wo sie sich befinden. Mit der Einführung der elektronischen Patientenakte (EPA) sollten alle relevanten Patientendaten, die auf lokaler Ebene, in der Notfallversorgung und der Pflege gesammelt wurden, in einen landesweiten Datenpool überführt werden, auf den Ärzte, Pflegekräfte und Patienten Zugriff haben.

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Vicente Caballero Pajares ist landesweiter Koordinator der Gruppe „Neue Technologien“ des Spanischen Verbands der Allgemeinärzte.

Dass eine solche landesweite Plattform enormes Potenzial hat, sagt auch Vicente Caballero Pajares, der nationale Koordinator der Gruppe „Neue Technologien“ des Spanischen Verbands der Allgemeinärzte, allerdings, so fügt er hinzu, nutzen die Allgemeinärzte heute, zwölf Jahre nach ihrer Einführung, die EPA nicht: „Tatsache ist, dass sie de facto noch nicht existiert. Niemand nutzt sie im Tagesgeschäft.” Warum? Die unterschiedlichen Systeme in Spanien können einfach nicht miteinander kommunizieren. „Manche verwenden Linux, andere Word“, so Caballero, „wie soll auf dieser Basis irgendetwas harmonisiert werden?“ Carlos Mateos, Vizepräsident des Spanischen Verbands der E-Health-Forscher, stimmt zu: „Die Mitarbeiter des Gesundheitssystems können aktuell landesweit weder auf die EPA zugreifen noch sie teilen, da jede Region ein anderes System verwendet.“ 

Obgleich für 78 % der Bevölkerung bereits Daten in einer EPA gesammelt werden, wurden nicht in allen Regionen alle relevanten Daten eingespeist und laut Caballero haben noch nicht einmal alle Beteiligten Zugriff auf die EPA-Plattform. Die Gesundheitsbehörden haben nicht genug Geld in die EPA investiert, da sie andere Prioritäten gesetzt haben, erläutert der Arzt: „Sie wissen, was notwendig ist, aber sie sind kurzsichtig. Sie geben lieber das Geld aus, um die Wartezeiten in der Grundversorgung zu verkürzen. Sie haben keine Vision für die Zukunft.“

2006 war Javier Quiles Del Río, Programmleiter für E-Health beim galizischen Gesundheitsdienst SERGAS, zusammen mit anderen Regionalvertretern und Experten an der Konzeption der EPA beteiligt. Er findet, dass das Tool bereits Wert schöpft, was sich allein aus den Nutzungsdaten ablesen lasse: „In Galizien erstellen wir jeden Monat 500 elektronische Akten für Patienten, deren Daten in anderen Regionen liegen, und wir beantworten 5.000 Anfragen auf Zugang zu unseren klinischen Daten aus anderen Regionen.“

eRezepte ohne Grenzen

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Javier Quiles del Río ist Programmleiter für E-Health beim galizischen Gesundheitsdienst SERGAS in Santiago de Compostela.

Die neue, massiv geförderte Initiative, die E-Health landesweit verfügbar machen soll, trägt Früchte: „Das Projekt ist vielversprechend und wird allen, die im Land unterwegs sind, enorme Vorteile bringen.“ Der Service, der aktuell in sechs autonomen Gemeinschaften verfügbar ist, ermöglicht es Patienten, ein Rezept auch in jeder Apotheke außerhalb der Region einzulösen, in der es ausgestellt wurde. In den kommenden zwei Jahren soll dies landesweit möglich sein, hofft Quiles. Es gibt zwar eine digitale Agenda für ganz Spanien, allerdings hat sie reinen Empfehlungscharakter. Es obliegt den autonomen Gemeinschaften, sich zu organisieren und gemeinsame E-Health-Strategien zu entwickeln – das tun sie auch, allerdings in ganz unterschiedlichem Tempo.

Regional denken

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Carlos Mateos ist Vizepräsident des Spanischen Verbands der E-Health-Forscher und Leiter der PR- und Kommunikationsagentur Com Salud in Madrid.

Interoperabilität ist auch ein lokales Thema. Die Systeme sind auch häufig innerhalb einer Region nicht miteinander kompatibel, was die Gesundheitsversorgung beeinträchtigt, so Mateos: „Dieselbe Untersuchung in einer anderen Region oder einem anderen Krankenhaus noch einmal durchzuführen, kostet Geld, und Untersuchungsergebnisse in einem Karton von A nach B transportieren zu müssen, das ist doch völlig absurd.“ Dennoch: Einige der autonomen Gemeinschaften haben Riesenfortschritte gemacht. Galizien hat seine eigene EPA, die sog. IANUS, in mehr als 400 Krankenhäusern und Gesundheitszentren der Region eingeführt. „99 % unserer Rezepte sind elektronisch ausgestellt und 1.300 Apotheken gehören dem Netzwerk an. IANUS gibt den Patienten über ein eigenes Web-Portal mit dem Namen E-Saude Zugriff auf 60 verschiedene Berichte – und mehr als 38.000 Nutzer haben bereits davon Gebrauch gemacht“, so Quiles.

Auch das Baskenland hat vor fünf Jahren seine eigene EPA eingeführt – Osabide. Heute wird sie in 21 Krankenhäusern und 300 Gesundheitszentren der autonomen Gemeinschaft genutzt. Die Zusammenführung von Daten in einer EPA, auf die die Beteiligten Zugriff haben, hat sich laut Susana Iglesias Tamayo, Leiterin Applikationsentwicklung und -pflege im baskischen Gesundheitsdienst Osakidetza, positiv auf die Gesundheitsversorgung ausgewirkt: „Einheitliche Verfahren, klinische Leitlinien und Warnsysteme ermöglichen uns eine genauere Analyse. Mit der EPA sparen wir Zeit und Ressourcen und sie hat die klinische Effizienz und Produktivität gesteigert.“ 

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Susana Iglesias Tamayo ist Leiterin der Abteilung Applikationsentwicklung und -pflege beim regionalen baskischen Gesundheitsdienst Osakidetza in Vitoria-Gasteiz.

Mehrere Apps für Patienten und Leistungserbringer wurden eingeführt, die die Versorgung optimieren sollen. Osakidetza bietet Osasun, eine zunehmend beliebte App, mit der die Patienten über ihr Smartphone oder Tablet Zugriff auf ihre EPA haben, wie Iglesias erklärt: „2016 ist die Anzahl der über Osasun vereinbarten Arzttermine um 72 % gestiegen. 200.000 Zugriffe wurden gezählt und 43.000 Menschen haben von mindestens einer der Leistungen, die über die Plattform angeboten werden, Gebrauch gemacht.“ Viele Nutzer sind Menschen mit chronischen Krankheiten, auf die mehr als 70 % der gesamten Gesundheitskosten entfallen. Für sie wird das Fern-Monitoring immer wichtiger: Osakidetza konnte sich im Jahr 2016 mithilfe der Remote-Technologie um 61.109 chronisch kranke Patienten kümmern. Im Baskenland wurden auch vier mobile Apps für die Heimversorgung entwickelt. Sie unterstützen Pflegekräfte bei ihrer Arbeit, helfen ihnen, Vitalparameter zu prüfen, Blut abzunehmen oder Medikamente zu verabreichen. Iglesias geht davon aus, dass diese Tools auch die Fehlerquote in der Medikamentenverabreichung und in der Datenerfassung während Tests senken werden.


Profile:

Vicente Caballero Pajares ist landesweiter Koordinator der Gruppe „Neue Technologien“ des Spanischen Verbands der Allgemeinärzte. Er arbeitet als Facharzt für Familien- und Gemeindemedizin am Gesundheitszentrum Don Benito Oeste in Badajoz, Extremadura.

Susana Iglesias Tamayo ist Leiterin der Abteilung Applikationsentwicklung und -pflege beim regionalen baskischen Gesundheitsdienst Osakidetza in Vitoria-Gasteiz.

Javier Quiles del Río ist Programmleiter für eGesundheit beim galizischen Gesundheitsdienst SERGAS in Santiago de Compostela.

Carlos Mateos ist Vizepräsident des Spanischen Verbands der E-Health-Forscher und Leiter der PR- und Kommunikationsagentur Com Salud in Madrid.

16.04.2018

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