Tumor
Prostata – Erwachen aus dem Dornröschenschlaf
"Die Prostata-Bildgebung ist aus dem Dornröschenschlaf erwacht“, erklärt Priv.-Doz. Dr. Leo Pallwein-Prettner, geschäftsführender Oberarzt an der Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Krankenhauses Barmherzige Schwestern Linz: „Immer mehr Männer wollen sich nicht länger einer randomisierten Prostatabiopsie unterziehen, sondern wünschen eine Bildgebung der Prostata. Deshalb steigen die Zahlen der rein radiologischen Prostatauntersuchungen rapide an.“
Aus der Sicht des oberösterreichischen Radiologen müsse auf diese Entwicklung in zweierlei Hinsicht reagiert werden: Erstens müssen intra- wie extramural einheitliche radiologische Standards für die Prostatabildgebung implementiert werden und zweitens müssen die Urologen mit den Möglichkeiten der multiparametrischen Sonographie vertraut gemacht werden.
Für die Bildgebung der Prostata stehen zwei Methoden zur Verfügung: multiparametrischer Ultraschall und Kernspintomographie. Auf beide Arten kann das relevante Karzinom in der Prostata detektiert werden – wobei die Detektionsraten nur bei der äußeren Drüse vergleichbar sind, bei der inneren Drüse hingegen die Magnetresonanztomographie überlegen ist. Bis vor Kurzem waren die bildgebenden Verfahren nur für das präoperative Staging vorgesehen. Mittlerweile aber gibt es Empfehlungen zahlreicher internationaler Fachgesellschaften, in denen die Indikationen ausgeweitet wurden. Demnach ist eine Prostata-MRT für die Bildgebung zur Planung der Biopsie sowie für das Grading und Staging zur Therapieentscheidung indiziert. „Für die Erstbiopsie wird allerdings die randomisierte Biopsie Goldstandard bleiben“, betont Pallwein-Prettner.
Eine entsprechende Ausweitung der Untersuchungszahlen in den Krankenhäusern ist jedoch nicht so ohne Weiteres möglich. „Wir bekommen ein Kapazitätsproblem“, warnt der oberösterreichische Radiologe. An seinem Krankenhaus zum Beispiel ist die Anzahl der Prostata-MRTs von 50 im Jahr auf über 300 angestiegen – „das heißt, wir haben den Plafond erreicht.“ Künftig müssten deshalb auch die niedergelassenen Radiologen Prostata-MRTs durchführen. Tatsächlich gibt es bereits Bestrebungen der extramuralen Radiologie, die Prostatauntersuchung als Kassenleistung durchzubringen. „Deshalb brauchen wir jetzt eine einheitliche standardisierte Bildgebung“, betont Pallwein-Prettner.
In Gestalt von PI-RADS 2.0 (Prostate Imaging Reporting and Data System) liegen derartige Standards in einer soeben überarbeiteten Version vor. PI-RADS 2.0 – in manchen Publikationen auch als PI-RADS v2 bezeichnet – unterscheidet sich von der Vorgängerversion in drei wichtigen Punkten: Diffusionsgewichtete sowie T2-gewichtete MRT wurden – abhängig von der Lage der Läsion – als Leading Sequences definiert, die Wertigkeit der Kontrastmittelperfusion wurde relativiert und der Score wurde – analog zur Brustbildgebung – auf fünf Punkte reduziert. Diese Standards gelte es nun auch mittels intensiver Schulungen im niedergelassenen Bereich durchzusetzen, bekräftigt Pallwein-Prettner: „Die Radiologen in der Niederlassung sind sicher gewillt, diese Qualitätsstandards zu akzeptieren. Viel heikler jedoch ist die Frage, ob die Prostata-MRT von den Krankenkassen adäquat abgegolten wird.“
Im Gegensatz zur Prostata-MRT ist die transrektale Prostatasonographie (TRUS) eine Domäne der Urologie. Pallwein-Prettner plädiert in diesem Zusammenhang für Interdisziplinarität: „Wir müssen die Urologen mit ins Boot holen und sie in der Advanced Sonography schulen, sodass sie die Möglichkeiten der multiparametrischen Sonographie voll ausschöpfen können.“ Nur dann nämlich liefern Prostata-MRT und TRUS gleich gute Ergebnisse. Interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Radiologen und Urologen, der Austausch von Ergebnissen, gemeinsame Schulungen, die gemeinsame Entwicklung von Qualitätsstandards – das sei das Gebot der Stunde: „Sonst gerät man in dasselbe Dilemma wie in der Brustdiagnostik, wo die Studienergebnisse nicht so überzeugend waren, weil einfach die Qualität der Untersuchungen oft nicht gestimmt hat.“
PROFIL:
Priv.-Doz. Dr. Leo Pallwein-Prettner ist seit 2011 geschäftsführender Oberarzt an der Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radio-logie des Krankenhauses Barmherzige Schwestern Linz. Der oberösterreichische Radiologe, der sein Studium und seine Facharztausbildung in Innsbruck absolvierte, arbeitete zuvor als Oberarzt an der Medizinischen Universität Innsbruck und am Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Linz. Seine Schwerpunkte liegen in der diagnostischen und interventionellen Onkologie sowie in der orthopädischen Bildgebung. 2008 erlangte er die Lehrbefugnis, in seiner Habilitationsschrift befasste er sich mit der Implementierung neuer bildgebender Methoden in der Uroradiologie.
Veranstaltungshinweis:
Raum: Mozart 3
Donnerstag, 1. Oktober 2015, 12:00–14:00 Uhr
Prostatakarzinom
Dr. Leo Pallwein-Prettner, Linz/Österreich
Workshop 2
25.09.2015