Preis „Biochemische Analytik“ für Aufklärung menschlichen Erbguts

Wenn sich die Welt der Laboratoriumsmedizin zu ihrem 21. Kongress, den IFCC WorldLab, in Berlin trifft, steht am 17. Mai auch eine international mit Spannung erwartete Wissenschaftsauszeichnung auf dem Programm: die Verleihung des Preises für „Biochemische Analytik“ der Deutschen Vereinten Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e.V. (DGKL) der von der Deutschen Gesellschaft für Biochemie mitgetragen wird.

Dr. Jonathan M. Rothberg
Dr. Jonathan M. Rothberg

Eine Auszeichnung von außergewöhnlichem Rang – schließlich erhielten fünf der bisher 30 Preisträger später einen Nobelpreis.*

Der mit 50.000 Euro dotierte und von der Unternehmensgruppe Sarstedt ge-stiftete Preis wird für Fortschritte auf dem Gebiet der biochemischen und mo-lekularen Analytik verliehen. Es werden wegweisende methodisch-analytische Verfahren ausgezeichnet, die zu wesentlichen neuen Erkenntnissen in der Le-benswissenschaft und der Medizin, speziell der klinischen Chemie und klinischen Biochemie, geführt haben.

Die Sarstedt AG mit Firmensitz in Nümbrecht ist ein weltweit aufgestelltes Unternehmen mit Tochtergesellschaften in 28 Ländern. Es entwickelt, produ-ziert und vertreibt Geräte und Verbrauchsmaterialien für Medizin und Wissen-schaft.

Preisträger dieses Jahres sind der US-Genomforscher und Biotechnologe Dr. Jonathan M. Rothberg (48) sowie der Direktor des Leipziger Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropologie und an der Universität Leipzig lehrende schwedische Mediziner und Biologe Professor Dr. Svante Pääbo (55).

Rothberg erhält die Auszeichnung für seine Entwicklung einer völlig neuen Methode zur Hochdurchsatz-Sequenzierung von Nukleinsäuren (schnelle Be-stimmung der Nukleotidabfolge in einem DNA/RNA-Molekül) – das sogenannte „next generation sequencing“. Seine für die Wissenschaft bahnbrechende Er-findung eröffnet die Möglichkeit der vollständigen Genomanalytik eines Indivi-duums. Rothbergs Methode wird mittlerweile weltweit von wissenschaftlichen und klinischen Laboratorien in Universitäten, großen Forschungszentren sowie von der forschenden Pharmaindustrie (Stichwort: „personalisierte Medizin“) eingesetzt.

 

Der Evolutionsgenetiker Pääbo wird mit dem Preis für seinen wegweisenden Einsatz dieser neuen Methode in der Erforschung der Herkunft des Menschen und früherer Menschenformen (Hominiden) ausgezeichnet. Er initiierte 2006 das „Neandertal Genome Project“. Dabei gelang ihm mit Hilfe der neuen Ana-lyseverfahren von Rothberg erstmalig, das Erbgut dieser frühen Menschen-form zu entschlüsseln (prominentes Beispiel: der Gletschermann „Ötzi“). Im Dezember 2010 entdeckte Pääbo eine weitere frühere Menschenform – den Denisova-Hominiden.

Durch den Vergleich des Gesamtgenoms des modernen Menschen, der Homi-niden und der Großaffen konnte Pääbo Genorte für die menschliche Sprach-entwicklung identifizieren. Seine Untersuchungen zeigen eine bisher unbekannte Verbindung von Selektionsgenen der menschlichen Evolution mit der Entstehung von modernen Zivilisationserkrankungen.

Die Verknüpfung der neuen Sequenziertechnologie von Jonathan M. Rothberg mit der wegweisenden Evolutionsforschung Svante Pääbos hat die evolutionäre Medizin als neues und zukunftsweisendes Forschungsgebiet für das Verstehen von Empfindlichkeit und Resistenz von „Volkskrankheiten“ des Menschen (wie zum Beispiel Diabetes mellitus, Hypercholesterinämie, Adipositas, Blut-hochdruck, Herzinfarkt, Demenz oder Tumor) eröffnet.


* Die Nobelpreisträger: Walter Gilbert und Frederick Sanger (beide 1980, Chemie), Georg J. F. Köhler (†) und César Milstein (†) (beide 1984, Medizin), Kary Banks Mullis (1993, Chemie)
 

11.05.2011

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