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Photon-Counting CT: unerreicht, aber ungeliebt

Photon-Counting CT erlaubt radiologische Bilder in einzigartiger Auflösung. Allerdings hat sich die innovative Technologie bislang nicht in jenem Maß durchgesetzt, das man bei einem derart hochgelobten Verfahren erwarten würde. Warum das so ist, schimmerte bei einer Session am Europäischen Radiologie-Kongress (ECR) in Wien durch.

Artikel: Michael Krassnitzer

Sie biete eine räumliche Auflösung auf bislang unerreichtem Niveau: Dr. Kirsten Bolstad, Leiterin der Forschung an der Abteilung für Onkologie und medizinische Physik am Haukeland Universitätsspital in Bergen (Norwegen) ist überzeugt, dass photonenzählende Computertomographie eine Revolution auf dem Gebiet der Bildgebung darstellt – ein „Game Changer“, wie sie sagt. Photon-Counting CT gestattet es zum Beispiel, den kleinsten Knochen der menschlichen Anatomie in einer zuvor unerreichten Genauigkeit darzustellen: den Steigbügel, eines der drei Gehörknöchelchen. 

Auf dem ECR erklärte Bolstad den Unterschied zwischen der gängigen Computertomographie und Photon-Counting CT: Herkömmliche CT-Geräte detektieren Röntgenphotonen und wandeln diese in ein Lichtsignal um. Dieses Signal wird gemessen, in ein elektrisches Signal umgewandelt und daraus wird schließlich ein Bild generiert. Wenn allerdings mehrere Röntgenphotonen gleichzeitig auf dieselbe Stelle des Detektors treffen, kann nur die Energiesumme dieser Photonen ausgelesen werden. „Weil man auf diese Weise nicht die Energieinformationen der einzelnen Photonen bekommt, geht Information verloren“, erläutert die norwegische Medizinerin. Die Folge: das Bild wird unscharf. Weil mehrere Röntgenphotonen zusammen verarbeitet werden, nennen Experten herkömmliche Detektoren auch „Energy-Integrating Detectors“ (EID). 

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Im Gegensatz dazu erfassen Detektoren von Photon-Counting-CT-Geräten jedes einzelne Röntgenphoton. Diese werden einzeln gezählt, deren Energie quantifiziert und direkt in elektrische Signale umgewandelt. Um das zu erreichen, sind die einzelnen Pixel des Photon-Counting-Detektors wesentlich kleiner und auch die Abstände dazwischen sind geringer, so dass weniger Photonen reflektiert werden und auf diese Weise der Messung entgehen. „Photon-Counting CT bietet daher eine höhere räumliche Auflösung als EID-CT“, bringt Prof. Dr. Marc Kachelrieß, Leiter der Abteilung für Röntgenbildgebung und CT am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg, einen zentralen Benefit der innovativen Technologie auf den Punkt.

Radiologen von Datenflut oft überwältigt

Neben der im Vergleich zum herkömmlichen CT höheren räumlichen Auflösung zählt Dr. Lucie Sukupova, Physikerin am Institut für klinische und experimentelle Medizin in Prag (Tschechische Republik), weitere Vorteile von Photon-Counting CT auf: ein verbessertes Kontrast-Rausch-Verhältnis (CNR) und die Reduktion von Artefakten. Mit anderen Worten: Photon-Counting CT kann bessere Bilder liefern. Aber das Verfahren eröffnet auch eine weitere Möglichkeit: die Reduktion der Strahlendosis sowie die Reduktion der Menge des Kontrastmittels bei gleicher Bildqualität. „Laut aktueller Studien kann die Strahlungsdosis um bis zu 50% reduziert werden und die Menge des Kontrastmittels auf bis zu 37%“, bekräftigt Sukupova. 

Ich höre oft von Radiologen, dass Photon-Counting viel zu viele Daten produziert und wir uns hier dringend eine Lösung einfallen lassen sollten

Lucie Sukupova

Dennoch hat sich Photon-Counting CT in der klinischen Routine noch nicht durchgesetzt. Bislang gibt es erst ein zugelassenes Gerät auf dem Markt, hergestellt von Siemens (Produktname: Naeotom Alpha). Weltweit sind rund 100 dieser Geräte im Einsatz, dazu kommen rund ein Dutzend Prototypen anderer Hersteller. „Außer bei vaskulärer Bildgebung und vielleicht einigen anderen, sehr spezifischen Indikationen ist Photon-Counting CT eine Randerscheinung geblieben“, räumt Dr. Dominik Juskanič, Radiologe am Krankenhaus Nitra (Slowakei), ein. Ein Grund dafür dürfte der hohe Aufwand für die Radiologen sein, der mit dem Einsatz dieser Technologie einhergeht. „Die Anzahl der zusätzlichen Schnittbilder ist überwältigend“, erzählt er. Die Menge der durchzuführenden Sequenzen sei geradezu „verrückt“. 

Diese Problematik ist auch der Physikerin Sukupova bewusst: „Ich höre oft von Radiologen, dass Photon-Counting viel zu viele Daten produziert und wir uns hier dringend eine Lösung einfallen lassen sollten.“ Als eine der Lösungsmöglichkeiten stellt sie ein oft genanntes Allheilmittel in den Raum: Standardisierung. 

22.01.2024

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