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Nützliche Parameter zur einfacheren MSK-Diagnostik
In der täglichen Routine der Radiologie wird man oft mit der Fragestellung konfrontiert, ob eine beobachtete Veränderung entzündlich oder tumorös, bakteriell entzündlich, rheumatisch oder neuropathisch ist.
Für eine weitere Klassifikation gibt es eine Reihe von Parametern, die diese Differenzierung erleichtern. „Ich ziehe aus meinen 35 Jahren Berufserfahrung ein Resümee, das ich gerne weitergeben möchte, denn die vorgestellten Parameter benutze ich seit Jahrzehnten“, sagt Prof. Dr. Rainer Erlemann, Chefarzt am Institut für Radiologie der Helios St. Johannes Klinik in Duisburg in Hinblick auf seinen Vortrag beim diesjährigen RadiologieKongress Ruhr.
Ein Parameter sei der schlichte Wechsel des Untersuchungsverfahrens. „Nicht selten kann eine in der MRT entdeckte Raumforderung nicht sicher weiter klassifiziert werden“, so Erlemann. „In dieser Situation sind ein zusätzliches konventionelles Röntgenbild oder eine CT meist sehr hilfreich. Für die Gewebecharakterisierung sollte die gesamte Bandbreite der MRT- Sequenzen genutzt werden“, ergänzt er weiter. Der konsequente Einsatz von T1-gew., T2-gew. (ohne Fettsättigung), STIR oder fettgesättigten T2-gew. und Kontrastmittel verstärkten T1-gew. Sequenzen erleichtert die Diagnosestellung.
„Eine zufällig bei einer Gelenkuntersuchung entdeckte Läsion lässt sich mit den fettgesättigten PD-gew. Sequenzen häufig nicht weiter charakterisieren, da diese Sequenzen darauf ausgerichtet sind, in signalarmen Strukturen signalintensivere Areale zu detektieren. Andererseits ermöglichen diese Sequenzen häufig keine weitere Signalintensitätsdifferenzierung in sehr signalintensiven Arealen. Die Abgrenzung eines Tumors in einem Areal mit einem intensiven Knochenmarködem kann problematisch sein“, erklärt Erlemann.
Eine Analyse der geometrischen Form einer Läsion ist hilfreich für die Differenzialdiagnose von tumorös und entzündlich. „Liegt eine runde oder ovale Form vor, ist ein Tumor eher wahrscheinlich. Ist die Form polyzyklisch, liegt eher eine Entzündung vor“, erläutert Erlemann.
Patientenbezogene Parameter
Bei Kindern muss man auch an primäre Knochentumore denken
Rainer Erlemann
Das Patientenalter ist der wichtigste Parameter für die Diagnose von Raumforderungen. So kann bei Patienten über 40 Jahren mit einer Treffsicherheit von etwa 90 Prozent bei einer ossären Raumforderung von einer Metastase, einem Plasmozytom oder einem Lymphom ausgegangen werden. Bei Kindern wird es sich meist um eine tumorähnliche Läsion handeln. Erlemann: „Bei Kindern muss man aber auch an primäre Knochentumore denken.“
„Ein weiterer Parameter ist der geographische Aufenthalt eines Patienten vor der Untersuchung. Befand er sich z.B. längere Zeit im Osten oder Südosten mit einer lokal hohen Inzidenz an Tuberkulose, muss das in eine mögliche Diagnose einfließen. Bei Patienten aus Westeuropa ist eine Knochentuberkulose eine große Rarität“, so der Radiologe. Auch bei Patienten, die in Gebieten mit Auftreten von Sichelzellenanämie geboren sind, ist diese Herangehensweise hilfreich. „Liegen bei einem Patienten aus Westeuropa multiple Knocheninfarkte vor, ist dies meist ein Hinweis auf einen systemischen Lupus erythematodes. Kommt der Patient aus einer Region mit einer hohen Inzidenz an Sichelzellenanämie, sind die Knocheninfarkte meist Folge dieser Sichelzellanämie“, präzisiert Erlemann.
Morphologische Parameter
Der Nachweis einer Einzellamelle im Rahmen einer Periostreaktion ist ein wichtiger Parameter in der weiteren Differenzierung von schnell wachsenden Läsionen. Die Einzellamelle ist ein Hinweis auf eine gutartige oder entzündliche Läsion. Das Penumbra- Zeichen weist auf eine abszedierende Entzündung hin und ist hilfreich in der Differenzialdiagnose zur Tumornekrose ohne Penumbra-Zeichen.
„Bei MRT-Untersuchungen von Kindern mit Knochenschmerzen sollte immer überprüft werden, ob nur Fettmark in den Epiphysen- und Apophysenkernen vorhanden ist“, sagt Erlemann. Ist dies multilokulär nicht der Fall, ist das ein Hinweis auf eine Leukämie. Bei Kindern ist dieses Zeichen ein wichtiges Diagnosekriterium, wenn die Leukämie noch nicht im Blut nachgewiesen werden kann. Der Radiologe erklärt: „Dieses Zeichen ist unter den Radiologen zu wenig bekannt und es ist so wichtig, um bei Kindern Leukämie zu erkennen.“
Ein wichtiger Parameter ist auch die Kenntnis der bei einer seronegativen Spondylarthritis zu beobachtenden morphologischen Veränderungen in der MRT der Wirbelsäule. „Während die Sakroiliitis hinreichend bekannt ist, ist dies u.a. bei der Morphologie von aktiven Syndesmophyten nicht der Fall“, betont Erlemann. Bei jüngeren und mittelalten Patienten mit chronischen Wirbelsäulenschmerzen sollte man die seronegative Spondylarthritis im Hinterkopf haben und gezielt nach den typischen Veränderungen suchen.
Über diese und weitere Parameter ist in Vorträgen über Tumoren, Osteomyelitis und Rheuma partiell schon häufiger berichtet worden. Sie werden in dem jetzigen Vortrag nun zusammengeführt und in einen anderen Zusammenhang gestellt. „Wer diese Parameter in der muskuloskelettalen Radiologie im Hinterkopf behält, kommt bei der Diagnosestellung deutlich weiter“, schließt Erlemann.
Profil:
Prof. Dr. Rainer Erlemann ist seit 1991 Chefarzt des Instituts für Radiologie des St. Johannes Hospitals, jetzt der Helios St. Johannes Klinik in Duisburg. Zuvor radiologische Ausbildung am Clemenshospital und in dem Institut für Radiologie der Westfälischen Wilhelms Universität in Münster.
Veranstaltungshinweis:
Raum: Congress-Saal
Freitag, 04.11.2016, 14:45-15:30 Uhr
15 Parameter, die die MSK-Diagnostik einfacher machen
Rainer Erlemann, Duisburg
Session: Muskuloskelettale Radiologie
03.11.2016