Aggressivem Brustkrebs auf der Spur: Prof. Dr. Joachim L. Schultze (von links),...
Aggressivem Brustkrebs auf der Spur: Prof. Dr. Joachim L. Schultze (von links), Dr. Theodoros Kapellos und Dr. Thomas Ulas am LIMES-Institut der Universität Bonn

© Foto: Barbara Frommann/Uni Bonn

News • Signatur zeigt Prognose

Neue Methode identifiziert aggressiven Brustkrebs

Aggressive Formen von Brustkrebs manipulieren oft die Immunantwort zu ihren Gunsten. Diese Manipulation verrät sich beim Menschen durch dieselbe immunologische „Signatur“ wie bei der Maus. Das zeigt eine Studie, die Wissenschaftler der Universität Bonn zusammen mit niederländischen Kollegen durchgeführt haben.

Mit ihrer Methode ist es möglich, anhand von Tumorgewebe von Patientinnen einen Anhaltspunkt über die Prognose der Erkrankung zu erhalten. Die Ergebnisse erscheinen in der Zeitschrift „Cell Reports“. Wenn sich im Körper ein Tumor bildet, bleibt das vom Immunsystem in der Regel nicht unbemerkt: Makrophagen, eine bestimmte Form körpereigener Abwehrtruppen, wandern zu den Krebszellen. Eigentlich sollen sie die kranken Zellen umfließen, verdauen und damit eliminieren. Diesen gelingt es aber manchmal, ihren Gegnern zu entgehen. Nicht nur das: Sie spannen die Makrophagen sogar für sich ein und wachsen dadurch noch schneller.

Dazu programmieren sie die Immunzellen um: Sie sorgen dafür, dass in den Makrophagen bestimmte Gene aus- und andere angeschaltet werden. Dadurch ändert sich die genetische „Signatur“ der Makrophagen. „Diese geänderte Signatur verrät dann wiederum, ob es sich um einen Tumor mit guter oder schlechter Prognose handelt“, erklärt Dr. Thomas Ulas vom LIMES-Institut (LIfe and MEdical Sciences) der Universität Bonn.

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Fresszellen des Immunsystems – die Makrophagen (braun) – wandern bei der Tumorentwicklung in das kranke Gewebe (Krebszellen: blau) ein, ohne es zu zerstören.

© Karin E. de Visser/the Netherlands Cancer Institute

Um die vom Tumor ausgelösten Änderungen zu identifizieren, muss man wissen, welche Gene in den Makrophagen normalerweise aktiv sind. Das variiert aber deutlich – je nach dem Organ, in dem die Fresszellen ihren Dienst verrichten. Experten sprechen auch von „Tissue painting“: Das Gewebe drückt den Immunzellen seinen Stempel auf. Dazu kommt, dass auch die tumorinduzierten Änderungen nicht immer gleich sind, sondern sich von einer Patientin zur anderen unterscheiden. „Je nachdem, welche Mutation für den Brustkrebs verantwortlich ist, werden in den Makrophagen andere Funktionen an- oder abgeschaltet“, betont Ulas. Es ist daher sehr schwer, diese komplexen Zusammenhänge direkt mit Hilfe von Gewebeproben der Betroffenen zu studieren.

Um diese Schwierigkeit zu umgehen, kooperierten die Wissenschaftler mit einer Arbeitsgruppe aus den Niederlanden. Die Tumorbiologin Prof. Dr. Karin de Visser beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Mauslinien, die unter bestimmten, streng definierten Arten von Brustkrebs leiden. „Wir haben nun in diesen Tieren nach der Signatur der Fresszellen in den Tumoren gefahndet“, sagt Ulas. Dazu isolierten der Bioinformatiker und seine Kollegen Makrophagen aus brustkrebskranken Mäusen und verglichen sie mit denen aus gesundem Brustgewebe. Mit Hilfe modernster Computeralgorithmen konnten sie so die genetischen Unterschiede zwischen den Fresszellen ausfindig machen.

Fast identische Signaturen fanden sie auch in den Fresszellen vieler Brustkrebspatientinnen. „Die Ergebnisse aus der Maus ließen sich in diesem Fall eins zu eins auf den Menschen übertragen“, erklärt Prof. Dr. Joachim L. Schultze, Leiter der Arbeitsgruppe Genomik und Immunregulation am LIMES-Institut. „Voraussetzung war aber, dass die Patientinnen unter derselben Form von Brustkrebs litten wie die Tiere.“ Die Ergebnisse demonstrieren damit auch, wie wichtig es ist, je nach Krebsart spezifische Mausmodelle zu entwickeln.

Die Ergebnisse lassen sich nicht nur für die Prognose der Tumoraggressivität verwenden: Schließlich liefert die Signatur auch Hinweise darauf, welche Strategien die Krebszellen für ihr Überleben nutzen. Möglicherweise lassen sich daraus langfristig auch neue Gegenmaßnahmen ableiten. Ulas: „Bis daraus neue Behandlungsmöglichkeiten entstehen – falls überhaupt –, wird es aber noch sicher viele Jahre dauern.“


Quelle: Universität Bonn

30.10.2019

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