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Möglichkeiten der 3-D-Bildgebung noch lange nicht ausgeschöpft
Es ist eine der höchsten Auszeichnungen für einen Wissenschaftler und Prof. Dr. Hans-Christoph Becker hat sie erhalten: eine Berufung an die Eliteuniversität Stanford in Kalifornien. Seit gut einem Jahr forscht und arbeitet der Münchner Radiologe unter in mehrfacher Hinsicht sonnigen Bedingungen.
„Es gibt klar zugewiesene Zeiten, um seine Projekte voranzubringen. Anders als in Deutschland läuft die Forschung nicht neben der Krankenversorgung, sondern es gibt strukturierte Bedingungen und eine großartige Infrastruktur“, schildert Prof. Becker seine positiven Erfahrungen in den USA. Diese werden auch in seinem Vortrag „TAVI und neue kardiale Devices – die Aufgabe der CT-Bildgebung“ immer wieder deutlich werden.
Erst mit der CT als echtem hochauflösendem 3-D-Verfahren ist es gelungen, die Klappengröße möglichst exakt im Vorfeld zu bestimmen.
Prof. Dr. Hans-Christoph Becker
Seit die Transkatheter-Aortenklappenimplantation vor 14 Jahren zum ersten Mal durchgeführt wurde, hat sich vieles verbessert. Von zentraler Bedeutung für den Erfolg war es stets, die Klappengröße möglichst exakt vor dem Eingriff auszumessen, um Komplikationen zu vermeiden und die Prognosen zu verbessern. „Lange war die Echokardiographie im Rennen. Doch erst mit der CT als echtem hochauflösendem 3-D-Verfahren ist es gelungen, die Klappengröße möglichst exakt im Vorfeld zu bestimmen. Auch in Stanford ist die Untersuchung von Patienten vor dem geplanten Aortenklappenersatz die Domäne dessen, was wir in der kardialen Bildgebung machen“, erklärt der Professor. Die CT wird auch immer mehr genutzt, um die linksventrikulären Assist Devices (LVAD) bildgebend darzustellen. Zum einen geht es hier um die Überprüfung der richtigen Platzierung und zum anderen darum zu sehen, ob die Zuleitungen offen sind und sich mit Kontrastmittel füllen oder ob sie thrombosiert sind. Gerade die CT mit ihrer hohen Auflösung erlaubt es, auch kleinste Ablagerungen darzustellen.
Trend zur Dual Source
Die neueste Gerätegeneration scannt den gesamten Körperstamm in 6 bis 7 Sekunden. Da gerade die TAVI-Patienten unter einer eingeschränkten Nierenfunktion leiden, ist es eminent wichtig, diese so gut wie möglich zu erhalten und nicht weiter mit Kontrastmittel zu belasten. Becker: „Wenn ein solch schneller Scan geschickt gemacht wird, kann man mit minimalen Mengen von Kontrastmittel auskommen. Wie in München begonnen, führen wir in Stanford Untersuchungen mit 20 ml Kontrastmittel aus. Die Bedenken, dass es relevante Schäden für die Niere geben kann, sind dann eher von untergeordneter Bedeutung.“ Die eingeschränkte Nierenfunktion bei diesen Patienten hat vornehmlich zwei Gründe: Zum einen sinkt durch die Aortenstenose der Blutdruck, wodurch die Nieren nicht mehr richtig perfundiert werden, und zum anderen erhalten die Patienten im Vorfeld der Behandlung harntreibende Medikamente, um ein Lungenödem zu verhindern. Wenn die Klappe eingebaut ist, wird die Niere automatisch wieder besser durchblutet, das Blutvolumen ist höher und die Nieren fangen wieder an auszuscheiden. Begünstigt werden die schnellen Scans durch einen Dual-Source-Scanner, der seit einigen Monaten auch in Stanford zur Verfügung steht. „Das gibt mir die Gelegenheit, die Protokolle, die wir in München verwenden, auch hier anzubringen“, so Prof. Becker.
Trend zur Miniaturisierung
Aber nicht nur in der Gerätetechnik, auch beim Zugangsweg für die TAVI tut sich gerade viel, wie überall geht der Trend zu Miniaturisierung. Prof. Becker: „Zunächst gab es nur zwei Klappenhersteller, die jeweils zwei bis drei Klappengrößen angeboten haben. Und auch die Instrumente waren relativ groß und grob. Inzwischen ist vieles kleiner und handlicher. Der Durchmesser der Zugangswege steht nicht mehr so sehr im Vordergrund, erst wenn die Beckengefäße kleiner als 6 mm sind, müssen alternative Zugangswege über die Achselarterie oder Herzspitze gesucht werden, die aber bei der CT gleich alle mit erfasst werden.“ So werden inzwischen auch nicht mehr nur Hochrisikopatienten mit der TAVI behandelt, sondern auch solche Patienten, bei denen eine offene Operation durchaus eine Alternative ist, die aber nicht gewünscht ist. Die quasi biologischen Klappen aus Rinderperikard erweisen sich als sehr haltbar, ohne frühzeitig zu verkalken, und sind somit auch für Patienten mit mittlerem Risikoprofil interessant.
Trend zur 3-D-Visualisierung
Im Westen also doch nichts Neues? Könnte man meinen, bis Prof. Becker auf das 3-D-Labor in Stanford zu sprechen kommt. Acht Mitarbeiter, IT-Tecs, eine Mischung von MTRA und Informationstechnologen, nehmen auf hohem Niveau standardmäßig eine 3-D-Nachverarbeitung aller erstellten CT-Datensätze vor. „In München machen wir die Nachverarbeitung selbst – on the fly neben der Befundung. Und die Kardiologen machen das auch noch einmal selbst zur Absicherung der Auswertung. In Stanford verlassen sich alle, Radiologen, Kardiologen und Herzchirurgen, auf die Messungen des 3-D-Labors. Das ist großartig. Wir diskutieren gerade, dass die IT-Tecs auch bei der Befundung dabei sein sollen, damit sie ein Auge dafür bekommen, was wir in der Nachbearbeitung gern haben wollen“, begeistert sich Becker.
In Deutschland konzentriert sich alles auf den Radiologen, was nicht immer effizient und effektiv ist.
Prof. Dr. Hans-Christoph Becker
Das 3-D-Labor macht aber nicht nur die kardiale Bildnachbearbeitung, sondern auch die für die Onkologie, vermisst Tumorgrößen und -ausbreitung und hält das in einer Datenbank fest. Und auch für die Präsentation der Befunde ist das 3-D-Labor verantwortlich. Für besondere Anlässe werden auch 3-D-Modelle mit einem Printer angefertigt. Da in den USA die Patienten das Recht, ihre Befunde zu sehen, ganz anders wahrnehmen, sollen diese natürlich so valide und ansprechend gezeigt werden wie möglich. Anders auch als in Deutschland wird die 3-D-Bildgebung so vergütet, dass sich ein 3-D-Labor finanzieren lässt. „In Deutschland konzentriert sich alles auf den Radiologen, was nicht immer effizient und effektiv ist. In den USA ist es eher so, dass man seinen Bereich hat, für den man voll verantwortlich ist, das ist ein anderes Arbeiten, aber sehr spannend, auch wenn es mit weniger Patientenkontakt und eigenen Untersuchungen einhergeht. Wenn man in Deutschland sehen könnte, welchen Vorteil eine so zuverlässige Datenverarbeitung hat und wie viel mehr aus einer Untersuchung herausgeholt werden kann, könnte man damit vielleicht auch die Krankenkassen überzeugen. Ich bin mir sicher, dass ein 3-D-Labor einen zusätzlichen Wert darstellt“, resümiert der Professor.
Profil:
Prof. Dr. Hans-Christoph Becker war von 2001 bis 2014 als Oberarzt am Institut für Klinische Radiologie der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München tätig. Im Jahr 2009 wurde er zum Professor für Radiologie mit dem Schwerpunkt auf nichtinvasiver kardialer Bildgebung ernannt. Vor gut einem Jahr ist er dem Ruf der Stanford-Universität nach Kalifornien gefolgt. Hier hat er ein ergiebiges Budget zugewiesen bekommen, um ein onkologisches Forschungslabor aufzubauen, ähnlich dem, das er bereits an der LMU München etabliert hat.
Veranstaltung
Donnerstag, 21.01.2016, 11:25 Uhr
TAVI und neue kardiale Devices – die Aufgabe der CT-Bildgebung
Hans-Christoph Becker, Stanford, USA
Session: Kardiovaskuläre CT
15.01.2016