Lohnt sich CVD Prävention?
Kardiovaskuläre Erkrankungen in allen Ausprägungen stellen in Europa die häufigste Todesursache dar. Es bestehen kaum Zweifel, dass eine vermehrte Prävention die negativen Folgen dieser Erkrankungen abschwächen kann, es stellen sich aber einige Grundsatzfragen: In welchem Maß können die Folgen vermindert werden? Mit welchen Kosten ist dies verbunden? Steht der gesundheitliche Nutzen in einem ausgeglichenen Verhältnis mit den Kosten? Diese Fragen soll die gesundheitsökonomische Studie EUROASPIRE III beantworten.
In Europa werden vier Millionen Todesfälle im Jahr auf kardiovaskuläre Erkrankungen zurückgeführt. Kardiovaskuläre Erkrankungen sind nicht nur die häufigste Todesursache, auf sie entfallen außerdem signifikante Anteile der nationalen Gesundheitshaushalte. Daher stehen nicht nur die betroffenen Patienten unter Leidensdruck, sondern auch die breite Öffentlichkeit, die die Rechnung begleichen muss. Und doch können – durch eine bessere Kontrolle der Risikofaktoren, wie sie in den gemeinsamen klinischen Praxisrichtlinien der ESC (European Society of Cardiology) und des ACC (American College of Cardiology) beschrieben werden – die Auswirkungen von CVD relativ leicht vermindert werden. Das Risiko kann durch Änderungen des Lebensstils (z. B. mehr körperliche Bewegung oder Aufgabe des Rauchens), aber auch durch Verschreibung von Statinen, antithrombozytören Therapien, antithrombotischen Maßnahmen , ACE-Inhibitoren und β-Blocker gesenkt werden.
Der Leiter der Forschungsstudie Professor Lieven Annemans von der Universität Gent erkennt eine wachsende Kluft zwischen dem Bedarf nach medizinischen Leistungen und der Fähigkeit der Gesellschaft, diese zu bezahlen. Er bemerkte dazu: „Gesellschaften sind nicht länger in der Lage, umfangreiche Investitionen im Gesundheitsbereich zu finanzieren, die nur mit relativ kleinen positiven Wirkungen verbunden sind. Wir müssen verstärkt in gesundheitsökonomischen Bahnen denken. Die vorhandenen finanziellen Mittel müssen so eingesetzt werden, dass die Menge an erzeugter ‚Gesundheit‘ optimiert wird. Der Gesundheitsbereich sollte ähnlich wie der Fertigungsbereich analysiert werden, wobei das Ziel, d. h. das ‚Produkt‘, ein längeres und gesünderes Leben der Menschen ist.”
Vor diesem Hintergrund muss Maßnahmen, die viel Gesundheit für wenig Geld ermöglichen, eine höhere Priorität eingeräumt werden, d. h. Maßnahmen mit der besten Kosteneffektivität bzw. mit nachweislichem Nutzen. In Europa findet das Konzept der Kosteneffektivität immer mehr Anklang, und sein Einfluss bei Preis- und Rückerstattungsfragen für medizinische Technologien, Arzneistoffe und Maßnahmen wächst.
Bei der gesundheitsökonomischen Evaluation werden die Kosten für neue Maßnahmen mit den aktuellen Alternativen verglichen und das Verhältnis von Nettokosten und gesundheitlichen Wirkungen ermittelt. In vielen Ländern sind zwar Richtlinien zur Unterstützung dieser gesundheitsökonomischen Evaluationen entwickelt worden, bei der Bewertung von medizinischen Technologien, Arzneistoffen und Maßnahmen gibt es jedoch große Unterschiede. In einigen Ländern ist die gesundheitsökonomische Evaluation obligatorisch, in anderen wird sie lediglich empfohlen. Es gibt auch Länder, die eine solche Evaluation überhaupt nicht für wichtig halten. Die Entscheidungsträger im Gesundheitsbereich schätzen sie jedoch als hoch ein.
An der gesundheitsökonomischen Studie EUROASPIRE III nahmen sieben europäische Länder (Belgien, Bulgarien, Finnland, Frankreich, Italien, Polen und Großbritannien) teil. Professor Annemans bemerkte dazu: „Das Ziel dieser Studie ist eine Bewertung der Kosteneffektivität der Prävention bei CVD-freien Patienten und Patienten mit etablierten kardiovaskulären Erkrankungen gemäß den gemeinsamen ESC/ACC-Richtlinien. In dieser Studie geht es sowohl um die primäre als auch um die sekundäre Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen, die jeweils separat analysiert werden. Des Weiteren soll die Studie die Triebkräfte der Kosten-Nutzen-Beziehungen der Prävention identifizieren und die gesundheitlichen und die ökonomischen Auswirkungen der Prävention mit der aktuellen Situation vergleichen.”
15.09.2010