Leichenschau auf dem Prüfstand

Lösungsvorschläge zur Verbesserung der Aufdeckung von Tötungsdelikten müssen auch Maßnahmen zur Verbesserung der Obduktionsrate mit einbeziehen, fordert Prof. Dr. Werner Schlake, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Pathologen.
Es geht dabei um Fälle mit vordergründig natürlicher Todesart, aber mit fraglicher klinischer Todesursache. Auch in diesen Fällen kann sich eine nicht natürliche Todesart ergeben.

Photo: Leichenschau auf dem Prüfstand

Bei den Reformvorschlägen müsse zudem unbedingt berücksichtigt werden, im § 137 Abs. 3 SGB V die Obduktion als ein wesentliches qualitätssicherndes Zweitmeinungssystem zu verankern, so Schlake. Er kündigt an, sein Verband werde verstärkt seine Expertise einbringen.

Jedes zweite Tötungsdelikt in Deutschland wird nicht entdeckt, weil bei der äußeren Leichenschau erkennbare, auf einen nicht natürlichen Tod hinweisende Zeichen übersehen werden, so die Aussagen der Rechtsmedizin. Die Justizministerkonferenz beabsichtigt, die äußere Leichenschau zu „professionalisieren“. Sie soll eine behördliche Aufgabe speziell fortgebildeter Ärzte werden.

Pathologen und Rechtsmediziner können durch Leichenschau und Obduktion die Qualität der Aussagen zur Todesart und Todesursachen wesentlich verbessern. Sie leisten auch einen wichtigen Beitrag zur Schulung der die Leichschau durchführenden Ärzte. Erfahrungen bei der zweiten Leichenschau vor einer Einäscherung zeigen, dass eine Qualitätskontrolle der ärztlichen Leichenschau bisher nicht im erforderlichen Umfang erfolgt. Dies gilt insbesondere für Todesfälle außerhalb der Krankenhäuser. Bereits heute nehmen Pathologen wichtige Aufgaben bei der Überprüfung der korrekten Ausstellung von Leichenschauscheinen wahr. Dazu gehört auch die Plausibilitätsprüfung der auf dem Leichenschauschein angegebenen Hauptkrankheiten und Todesursachen

Die Obduktion kann auch Tatverdächtige entlasten. Die von den Staatsanwaltschaften bei unklarer Todesart angeordneten gerichtlichen Obduktionen enden in städtischen Ballungszentren nämlich zu etwa 50% mit der Feststellung eines natürlichen, krankheitsbedingten Todes, der lediglich unter ungewöhnlichen Umständen oder zumindest plötzlich oder unerwartet eingetreten ist und daher ein Ermittlungsverfahren in Gang gesetzt hat.

Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) hat die Arbeitsgemeinschaft der obersten Landesgesundheitsbehörden damit beauftragt, entsprechende Reformvorschläge einer Projektgruppe der Justiz-, Innen- und Kultusministerkonferenz zu prüfen.

 

Bildquelle: Paul-Georg Meister / pixelio.de

12.10.2010

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