Küchenkräuter hemmen das bakterielle Kommunikationssystem Quorum sensing

Die weltweit zunehmenden Bakterienresistenzen machen die Entwicklung neuer Strategien zur Bekämpfung der Keime erforderlich. Eine Möglichkeit sehen Forscher in der Hemmung des bakteriellen Kommunikationssystems Quorum Sensing (QS).

Die Kapuzinerkresse hemmt das bakterielle Kommunikationssystems Quorum Sensing...
Die Kapuzinerkresse hemmt das bakterielle Kommunikationssystems Quorum Sensing (QS). Sie ist die Arzneipflanze des Jahres 2013
Bildquelle: de.wikipedia.org

Wissenschaftler aus Portugal haben jetzt untersucht, wie verschiedene pflanzliche Produkte auf das QS-System wirken und dabei festgestellt, dass die in Kapuzinerkresse und Meerrettich enthaltenen Isothiocyanate einen hemmenden Effekt auf das QS ausüben[1]. Darüber hinaus wurde auch eine direkte wachstumshemmende Wirkung beobachtet. Zu diesem Ergebnis kamen auch mehrere in vitro-Studien am Universitätsklinikum Freiburg[2,3,4] zur klinisch relevanten antibiotischen Wirkung der Isothiocyanate in Kapuzinerkresse und Meerrettich (ANGOCIN® Anti-Infekt N). „Durch den zweifachen Wirkmechanismus ist das pflanzliche Arzneimittel bei unkomplizierten Harnwegs- und Atemwegsinfektionen eine sinnvolle Therapieoption, um der wachsenden Bedrohung durch Antibiotikaresistenzen entgegenzuwirken“, erklärt Professor Uwe Frank, Heidelberg.

Antimikrobielle Substanzen sind unwirksam bei Infektionen, die durch bakterielle Biofilme verursacht werden. So schützt sich zum Beispiel Pseudomonas aeruginosa, ein Erreger von Lungenentzündung und anderen Infektionen, durch die Produktion von Biofilmen vor Antibiotika. Diese Bildung lässt sich durch die Unterbrechung des bakteriellen Kommunikationssystems Quorum sensing (QS) verhindern.

Die Ergebnisse einer aktuellen portugiesischen Studie zum Einfluss von Pflanzenstoffen auf das QS haben jetzt gezeigt, dass die drei getesteten pflanzlichen Schwefelverbindungen Benzylisothiocyanat (in Kapuzinerkresse), Allylisothiocyanat und Phenylethylisothiocyanat (in Meerrettich) das bakterielle Kommunikationssystem hemmen können. Die stärkste Hemmung wurde für das Benzylisothiocyanat beobachtet, diese trat bereits in geringen Dosierungen auf (15 µg/ml). Die Studie zeigte außerdem, dass die Wirkung auf das QS-System durch eine Beeinflussung der Bildung und Aktivität von N-Acyl Homoserin-Lacton, einem Signalmolekül der innerartlichen Kommunikation, verursacht wird.

Zusätzlich zur Inhibierung des QS wurde in der Studie auch ein wachstumshemmender Effekt der Isothiocyanate beobachtet. Dieser trat zuerst auf, mit steigender Konzentration wurde dann ebenfalls das QS gehemmt. Auch mehrere in vitro-Studien der Universität Freiburg zeigten, dass die Senföle aus Kapuzinerkresse und Meerrettich eine ausgeprägte keimhemmende Wirkung auf 13 klinisch relevante Erreger von Atemwegs-, Rachen- und Harnwegsinfektionen besitzen, sogar gegen den Problemkeim MRSA[2,3,4]. Die Untersuchungen belegen somit einen zweifachen Wirkmechanismus der Pflanzenstoffe: eine direkte wachstumshemmende Wirkung sowie die Verhinderung der Bildung von Biofilmen durch die Hemmung der bakteriellen Kommunikation.

„Die klar definierten Inhaltsstoffe und die mehrfach nachgewiesenen pharmakologischen Wirkungen der Isothiocyanate von Kapuzinerkresse und Meerrettich (ANGOCIN® Anti-Infekt N) sprechen für den Einsatz der Pflanzenkombination bei der Therapie von unkomplizierten Harnwegs- und Atemwegsinfektionen“, so Frank. Prospektive Kohortenstudien an Erwachsenen und Kindern[5,6] belegen, dass das Phytotherapeutikum bei akuter Bronchitis, akuter Sinusitis und akuten Harnwegsinfekten wirksam und gut verträglich ist. Eine Resistenzentwicklung gegenüber Bakterien konnte für die Isothiocyanate bisher nicht beobachtet werden.

Literatur:
1. Borges, A. et al.: Evaluation of the effects of selected phytochemicals on quorum sensing inhibition and in vitro cytotoxicity, Biofouling 30, No. 2; 183-195 (2014)
2. Conrad, A. et al.: Broad spectrum antibacterial activity of a mixture of isothiocyanates from nasturtium (Tropaeoli majoris herba) and horseradish (Armoraciae rusticanae radix). Drug Res 63: 65–68 (2013)
3. Conrad, A. et al.: In-vitro-Untersuchungen zur antibakteriellen Wirksamkeit einer Kombination aus Kapuzinerkressekraut (tropaeoli majoris Herba) und Meerrettichwurzel (Armoraciae rusticanae radix), Drug Res 56/12: 842-849 (2006)
4. Conrad, A. et al.: Breite antibakterielle Wirkung einer Mischung von Senfölen in vitro. Z Phytotherapie 29, Suppl.1: 22-23 (2008)
5. Goos, K.-H. et al.: Wirksamkeit und Verträglichkeit eines pflanzlichen Arznei¬mittels mit Kapuzinerkressenkraut und Meerrettich bei akuter Sinusitis, akuter Bronchitis und akuter Blasenentzündung im Vergleich zu anderen Therapien unter den Bedingungen der täglichen Praxis, Drug Res 56: 249-257 (2006)
6. Goos, K.-H. et al.: Aktuelle Untersuchungen und Verträglichkeit eines pflanzlichen Arzneimittels mit Kapuzinerkressenkraut und Meerrettich bei akuter Sinusitis, akuter Bronchitis und akuter Blasenentzündung bei Kindern im Vergleich zu anderen Antibiotika, Arzneim.-Forsch./Drug Res. 57, No. 4: 238-246 (2007)
 

24.04.2014

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