News • 'Citizen science'

Gesundheitsdaten: Spendebereitschaft steigt an

In der Covid-19-Pandemie sind viele Menschen bereit, ihre Gesundheitsdaten der Forschung zur Verfügung zu stellen. Das ist ein wichtiges Ergebnis einer Studie der Universität Bremen zum Nutzungsverhalten von Usern der Corona-Datenspende-App.

man holding smartphone
Mann mit Smartphone (Symbolfoto): Die Bereitschaft, gesundheitsrelevante Daten über die RKI-App bereitszustellen, ist überraschend hoch

Bildquelle: Unsplash/Jonas Leupe

Die Forschenden des Technologie-Zentrums Informatik und Informationstechnik (TZI) haben die persönliche Einstellung der Nutzer zur Corona-Datenspende-App des Robert-Koch-Instituts (RKI) untersucht und daraus Empfehlungen für die Entwicklung von Technologien abgeleitet, die bei zukünftigen Krisen zum Einsatz kommen sollen.

Die Studie wurde im Konferenzbericht "CHI '21: Proceedings of the 2021 CHI Conference on Human Factors in Computing Systems" veröffentlicht

Mehr als 500.000 Menschen haben die Corona-Datenspende-App des RKI bislang heruntergeladen, die eine frühzeitige Identifikation von Covid-19-Hotspots ermöglichen soll. Die Bereitschaft, persönliche Gesundheitsdaten für die wissenschaftliche Auswertung zur Verfügung zu stellen, erwies sich dabei als überraschend hoch. Die Arbeitsgruppe Mensch-Technik Interaktion unter der Leitung von Professor Johannes Schöning hat die Motivation der Nutzer untersucht, indem sie mehr als 10.000 Erfahrungsberichte auswertete und ausführliche individuelle Befragungen von Usern durchführte. 

Entgegen bisheriger Erfahrungen mit anderen Projekten aus der Gesundheitsforschung geben die App-Nutzer auch dann ihre Daten für die Forschung frei, wenn sie keinen direkten Nutzen für sich selbst sehen. Offenbar genügt in diesem Fall der Anreiz, einen Beitrag zur Bewältigung eines großen gesellschaftlichen Problems zu leisten. Während den meisten Nutzern das Ziel der App – die frühzeitige Erkennung von Corona-Hotspots – bewusst war, konnten sie den persönlichen Wert ihrer Datenspende nicht nachvollziehen. Das Forschungsteam schließt daraus, dass für die Nutzer das Gemeinwohl die vorherrschende Motivation war. Viele Anwender ließen sich auch nicht von technischen Problemen entmutigen, die einen negativen Einfluss auf die Erfahrung hatten. Sie warteten auf Fehlerbehebungen und unterstützten sich gegenseitig. Einige äußerten sogar Unverständnis, warum sie nicht noch zusätzliche persönliche Daten eingeben können, die ihnen für das Projekt nützlich erscheinen.

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Von der Diagnose seltener oder chronischer Erkrankungen bis hin zu deren Therapie – digitale Technologien können die Lebensqualität steigern, die Versorgung effizienter gestalten und Leben retten. Notwendige Grundlage für die Entwicklung und Anwendung entsprechender Lösungen sind Gesundheitsdaten. Diese sind hierzulande allerdings noch immer nur sehr begrenzt verfüg- und einsetzbar.

Für künftige vergleichbare Projekte, die auf Datenspenden von Bürgern für das Gemeinwohl setzen, heben die Forscher die Bedeutung von Kommunikation, Transparenz und Verantwortung hervor. „Bewährt hat sich zum Beispiel die Unterstützung der Corona-Datenspende-App durch die Bundesregierung und das Robert-Koch-Institut“, erklärt Johannes Schöning. Es sei ratsam, dass offizielle Institutionen solche Projekte der wissenschaftlichen Bürgerbeteiligung („citizen science“) aktiv unterstützen und ihren Nutzen für die Gesellschaft klar kommunizieren.

Um den persönlichen Anteil aller einzelnen Teilnehmenden und ihre direkten Vorteile zu verdeutlichen, sollten Informationen allerdings auch auf individueller Ebene kommuniziert werden, beispielsweise durch regelmäßige Benachrichtigungen in der App. Auch der Aufbau einer Gemeinschaft, die sich bei Fragen gegenseitig unterstützt, ist nach Angaben der TZI-Wissenschaftler ratsam. Um technische Probleme zu vermeiden und die Entwicklung zu beschleunigen, sollten vorhandene Gesundheits-Apps genutzt und durch krisenspezifische Technologien ergänzt werden. So ist die Corona-Datenspende-App beispielsweise mit verschiedenen Fitness-Apps verbunden. „Wir glauben, dass unsere Ergebnisse auf Projekte übertragbar sind, die unter vergleichbaren Bedingungen durchgeführt werden“, sagt Schöning, „zum Beispiel, wenn staatliche Einrichtungen und Institutionen großflächige Gesundheitskrisen bekämpfen müssen.“


Quelle: Universität Bremen

19.07.2021

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