Regeneration von Nervenzellen
Frank Bradke mit dem Leibniz-Preis ausgezeichnet
Der Molekularbiologe Frank Bradke, Arbeitsgruppenleiter am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und Professor für Neurobiologie an der Universität Bonn, erhält den mit 2,5 Millionen Euro dotierten Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft würdigt damit seine Verdienste um die Erforschung des Wachstums und der Regeneration von Nervenzellen. Bradke möchte mit seiner Forschung die Grundlagen für neuartige Therapien beispielsweise zur Behandlung von Rückenmarksverletzungen schaffen. „Ich bin überwältigt und freue mich riesig. Das ist eine enorme Anerkennung für meine Arbeit“, sagt der Molekularbiologe.
„Wir freuen uns sehr, dass diese wichtige Auszeichnung an Frank Bradke verliehen wurde“, sagt Prof. Pierluigi Nicotera, Wissenschaftlicher Vorstand und Vorstandsvorsitzender des DZNE. „Frank Bradke ist ein absoluter Spitzenforscher, der nun eine verdiente Würdigung seiner exzellenten Arbeit erhalten hat. Seine Forschung integriert sich ideal in die translationale Ausrichtung des DZNE, womit die Grundlage für neue Therapien geschaffen wird. Seine Persönlichkeit und seine konstant herausragende Arbeit sind für das DZNE enorm wichtig.“
Geschädigte Nervenzellen
Nervenzellen sind wie lange Leitungsbahnen, die Signale in Form elektrischer Impulse weiterleiten. Unfälle oder Erkrankungen können diese Funktion stören. Ob sich die betroffenen Nerven wieder erholen, hängt wesentlich davon ab, wo sie sich befinden: Nervenzellen in den Gliedmaßen, im Rumpf oder der Nase können sich bis zu einem gewissen Grad erholen und ihre Funktion teilweise oder ganz zurückgewinnen.
Die Nervenzellen des Gehirns und Rückenmarks verfügen jedoch nicht über diese Fähigkeit. Werden sie durch Unfälle oder Erkrankungen verletzt, bleiben meist Lähmungen oder andere Einschränkungen zurück. Was aber steht einer Regeneration der Nervenzellen und ihrer langen Fortsätze, der sogenannten Axone, im Weg? Diese Frage steht im Mittelpunkt von Bradkes Forschung.
Suche nach Therapiemöglichkeiten
„Vom Narbengewebe, das sich bei einer Verletzung bildet, werden chemische Stoffe ausgeschüttet, die das Wachstum blockieren“, sagt der Molekularbiologe. „Eine ideale Therapie für die Regeneration der Axone bei Rückenmarksverletzungen sollte daher die Vernarbung verringern und die Regenerationsfähigkeit der Axone aktivieren.“
In Laboruntersuchungen gelang Bradke und seinem Team der Nachweis, dass bestimmte Krebsmedikamente die Regeneration von Nervenzellen fördern können und gleichzeitig die Vernarbung verringern. Eine dementsprechende Behandlung von Ratten mit Rückenmarksverletzungen verbesserte deutlich die Bewegungsfähigkeit der Tiere.
„Bis zur Anwendung am Patienten ist es sicher noch ein weiter Weg. Inzwischen verstehen wir aber immer besser, was der Regeneration von Nervenzellen entgegensteht. Das eröffnet uns die Möglichkeit, gezielt nach Wirkstoffen zu suchen, die vielleicht eines Tages in der klinischen Praxis zum Einsatz kommen könnten“, so Bradke. „Der Leibniz-Preis ist eine Bestätigung, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Diese Auszeichnung wird unserer Gruppe ganz neue Möglichkeiten eröffnen, um unsere Forschung weiterzuführen.“
Der Preisträger
Professor Bradke forschte nach seinem Studium an der Freien Universität Berlin und dem University College London im Rahmen seiner Dissertation zunächst am Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg. Als Postdoc wechselte er 2000 an die University of California in San Francisco und die Stanford University. 2003 wurde er Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Neurobiologie in Martinsried. 2011 erhielt er den IRP-Schellenberg-Preis, eine der höchsten Auszeichnungen in der Regenerationsforschung, wurde ordentlicher Professor an der Universität Bonn und Leiter der Arbeitsgruppe „Axonales Wachstum und Regeneration“ am DZNE. 2013 wurde Frank Bradke zum Mitglied der Europäischen Organisation für Molekularbiologie (EMBO) gewählt, dessen Mitglieder zu den renommiertesten Molekularbiologen weltweit zählen. Im Jahr 2014 wurde Frank Bradke an die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina berufen.
Quelle: Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen
11.12.2015