Symposium

Die Radiologie wird zunehmend interdisziplinär

Die Unterstützung minimalinvasiver Verfahren mit bildgebenden Methoden findet zunehmend praktische Anwendung. Radiologen liefern das notwendige Bildmaterial für Interventionen und arbeiten so Internisten und Chirurgen zu. Während des Eingriffs werden Informationen korreliert, indem die diagnostischen Aufnahmen mit den Bildern fusioniert werden, die während des Eingriffs entstehen. „Für die gesamte Zusammenarbeit ist das grundsätzliche Verständnis von minimalinvasiven Verfahren auch für reine Diagnostiker wichtig“, meint Prof. Frank Wacker, Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der Medizinischen Hochschule Hannover und verantwortlich für die wiss. Organisation des Kongresses „Quo Vadis Radiologie“, der Ende September in Hannover stattfindet.

Prof. Frank Wacker, Direktor des Instituts für Diagnostische und...
Prof. Frank Wacker, Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der Medizinischen Hochschule Hannover.

Die Interventionelle Radiologie hat vielerlei Facetten, angefangen bei der thermischen Ablation bis hin zu transarteriellen Therapieverfahren. Gleichzeitig ist sie tief mit der diagnostischen Radiologie verwoben, denn bei allen Therapieverfahren werden diagnostische Bildinformationen vor dem Eingriff verwendet, um gezielter vorgehen zu können. Doch „Quo Vadis“ legt seinen Schwerpunkt nicht nur auf die Radiologie. „Um den interdisziplinären Kontext herzustellen, werden Chirurgen und Internisten gleichermaßen zu Wort kommen. Dieser Kontext ist in der heutigen Zeit extrem wichtig“, betont Frank Wacker.

Ein gutes Beispiel für die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist die Therapie von Lebertumoren. „Hier ist präinterventionell eine suffiziente Auswahl der Patienten in der Diagnostik wichtig, um sicherzustellen, dass keine systemischen Metastasen vorhanden sind, aber auch um den Tumor in der Leber genau abzugrenzen“, erklärt der Radiologe und führt weiter aus: „Da dies eine große Anforderung an die Diagnostik vor dem Eingriff darstellt, ist es wichtig, dass der Diagnostiker das gesamte Spektrum der Therapieverfahren kennt. Denn von den Bildern hängt es entscheidend ab, ob der Patient operiert wird oder eine Ablation erhält.“

Fachübergreifende Thematiken werden bedeutender

„Noch wichtiger für den niedergelassenen Radiologen ist die postinterventionelle Verlaufskontrolle“, so Wacker. Um zu wissen, ob der Tumor in der Leber durch eine Ablation komplett entfernt wurde, muss der Radiologe zwischen einem Tumor und einer Thermoläsion unterscheiden können. Vielen Radiologen fällt dies schwer, wenn sie die Verfahren nicht kennen. „Bei nicht wenigen Patienten wird ein vermutetes Rezidiv entdeckt, doch häufig ist dies lediglich eine Reaktion auf die thermische Ablation und kein neuer oder verbliebener Tumor“, berichtet der Experte. Gerade deshalb ist das Verständnis über die für den Chirurgen, Internisten oder Interventionellen Radiologen notwendigen Informationen wichtig. „Die moderne Medizin ist interdisziplinär. Der Radiologe muss verstehen, was es bedeutet, wenn eine Hepatektomie links gemacht wird und bis zu welcher Vene reseziert wird. In der Leberchirurgie ist die Resektion von Lebermetastasen bei Kolonkarzinom auch in kleineren Häusern ein gängiger Standard. Der Radiologe sollte also verstehen, dass Chirurgen auf die Bildgebung angewiesen sind, um gemeinsam eine Therapieentscheidung treffen zu können.“ Die gute Schnittbildgebung mit spezifischer
Fragestellung verhindert zudem Untersuchungsdopplungen.

Prinzipiell ist ein fachübergreifendes vertieftes Verständnis in jedem Bereich der Medizin wichtig. „Ein bekanntes Problem der Aortenchirurgie ist zum Beispiel die Entscheidung zwischen Stent und offener OP“, erklärt Wacker. Daher wird auch dieses Thema in einer Session auf dem Kongress debattiert. Ebenso wird die Lungendiagnostik eine Rolle bei der Veranstaltung spielen. „Wir werden über die pulmonale Hypertonie und ihre Relevanz für die radiologische Diagnostik und Therapie sprechen. Die Diagnose wird zumeist aufgrund der klinischen Symptome gestellt und zwar meistens nicht im Krankenhaus, sondern in der Peripherie“, verdeutlicht er. Doch der Pneumologe kann nur dann die richtige Diagnose stellen, wenn das Zusammenspiel mit der radiologischen Diagnostik stimmt. „Hier müssen nicht nur die richtigen Schlagworte fallen“, betont Wacker, „sondern die Wahl der adäquaten diagnostischen Methode muss die richtige sein.“

Der Kongress bietet eine große Themenbandbreite

Außerdem deckt „Quo Vadis“ traditionell einen Technikteil ab, in dem über moderne technische Herausforderungen gesprochen wird. „Dieses Jahr wird sich die Session der robotergestützten Angiographie widmen, die viele Möglichkeiten bietet“, verrät Wacker. So kann zum Beispiel während der Intervention eine angiographische CT-Untersuchung angefertigt werden.„Auch das Dauerthema „gadoliniumhaltige Kontrastmittel“ wird beim Kongress aufgegriffen; und in Anbetracht der neuen Dosisgrenzwerte vom Bundesamt für Strahlenschutz werden wir auch über Strahlenexposition und Dosismonitoring reden.“

Neben der Diagnostik legt Wacker viel Wert auf die Bildnachbearbeitung: „Die Wichtigkeit der Nachbearbeitung wird zunehmen. Zuweiser können nicht hunderte Bilder anschauen, sondern müssen wichtige Informationen im Befund und möglichst an einem Bild dargestellt bekommen. Wenn man bedenkt, wie viel Zeit der Radiologe an seiner Workstation verbringt, dann ist es wichtig, dass Tools gut funktionieren und aufeinander abgestimmt sind.“

Trotz großer Herausforderung im Fach Radiologie schaut der Radiologe mit großer Zuversicht in die Zukunft. „Ich denke, der Beruf wird sich vor dem Hintergrund technischer Innovationen, die immer schneller kommen, wandeln. Aber den Beruf als solchen wird es schon angesichts des Fachkräftemangels weiter geben, denn niemand meistert die Erstellung und Interpretation der Bilder so gut wie ein Radiologe. Da diese Information ganz wesentlich über den weiteren Weg des Patienten entscheidet, haben wir im interdisziplinären Ablauf eine wichtige Rolle – insbesondere wenn es schnell gehen muss. Und in diesem Kontext sind technische Neuerungen keine Bedrohung, sondern eine Hilfe, die sich durch viele Gebiete der Medizin zieht und allen das Leben einfacher machen soll.“

Aktuelle Informationen zum Programm sowie zur Anmeldung können auf der Website www.quovadis-radiologie.de abgerufen werden.

PS: Impressionen von Quo Vadis Radiologie 2015 können Sie unter www.mh-hannover.de/radiologie.html online betrachten.


PROFIL:
Professor Frank Wacker studierte Medizin in Tübingen, bildete sich an der Charité in Berlin zum Radiologen und Neuroradiologen weiter, und wurde dann Oberarzt und stellvertretender Klinikdirektor an der Charité am Campus Benjamin Franklin. Gastprofessuren führten ihn für mehrere Jahre in die USA, wo er sowohl in Cleveland an den University Hospitals der Case Western Reserve University als auch am John Hopkins Hospital in Baltimore klinisch und wissenschaftlich tätig war. Wacker ist langjähriger Universitätsprofessor und Institutsdirektor an der Medizinischen Hochschule seit 2010. Er ist von der Deutschen Gesellschaft für Interventionelle Radiologie (DeGIR) mit der Stufe 2 und der Ausbilderberechtigung für interventionell-radiologische Verfahren zertifiziert.

16.09.2016

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