Darmkrebs-Früherkennung: Vorstufen per Immuntest sicherer entdecken
Die Untersuchung auf verborgenes Blut im Stuhl ist ein wichtiger Bestandteil
der Früherkennung von Darmkrebs. Wissenschaftler aus dem Deutschen
Krebsforschungszentrum zeigten nun, dass einige immunologische Tests dem
gebräuchlichen enzymatischen Verfahren (HaemOccult) deutlich überlegen sind.
Allerdings stellten sie große Unterschiede in der Leistungsfähigkeit der
Tests verschiedener Anbieter fest.
Ein Großteil der rund 73.000 Fälle von Darmkrebs, die jährlich in
Deutschland festgestellt werden, ließe sich vermeiden: Werden die
Krebsvorstufen - als Adenome bezeichnete Veränderungen an der
Darmschleimhaut - frühzeitig entdeckt und entfernt, so kommt der Krebs mit
hoher Wahrscheinlichkeit nicht zum Ausbruch.
Daher bieten die Krankenkassen in Deutschland allen Versicherten vom 50.
Lebensjahr an einen kostenfreien Test auf verborgenes ("okkultes") Blut im
Stuhl an, der Hinweise auf Vorstufen von Darmkrebs geben kann. Darüber
hinaus haben die Versicherten ab dem 55. Lebensjahr alle zehn Jahre einmal
Anspruch auf eine endoskopische Untersuchung des Dickdarms (Darmspiegelung,
Koloskopie).
Eine Koloskopie entdeckt Darmkrebsvorstufen mit großer Sicherheit von über
90%. Dennoch nehmen, hochgerechnet auf die 10-Jahres-Spanne zwischen den
zwei kostenlosen Darmspiegelungen, nur etwa 30 Prozent aller Berechtigten
daran teil, weil sie die Untersuchung scheuen. "Die einfachen Labortests auf
okkultes Blut im Stuhl sind daher trotz allem wichtig, um auch diejenigen zu
erreichen, die keine Darmspiegelung wahrnehmen", erklärt Professor Hermann
Brenner, der im Deutschen Krebsforschungszentrum die Abteilung für Klinische
Epidemiologie und Alternsforschung leitet.
Der gebräuchliche und von den Kassen erstattete HaemOccult-Test hat jedoch
entscheidende Nachteile: Er ist wenig empfindlich, außerdem kann das
Testergebnis, das auf einem enzymatischen Nachweis des Blutfarbstoffs
beruht, durch Nahrungsbestandteile - etwa Fleisch oder Vitamin C -
verfälscht werden. Immunologische Nachweisverfahren dagegen beruhen auf
einem sehr spezifischen Nachweis von Blutbestandteilen durch Antikörper.
Um die Aussagekraft verfügbarer Tests zu vergleichen, hat Brenners Team eine
groß angelegte Studie durchgeführt. Die Epidemiologen untersuchten
Stuhlproben von 1319 Menschen, die sich zu einer normalen
Vorsorge-Endoskopie angemeldet hatten. Alle Proben wurden mit dem
HaemOccult-Verfahren sowie mit sechs verschiedenen immunologischen Tests
untersucht. Bei den untersuchten Verfahren handelte es sich um sogenannte
Schnelltests, deren Ergebnis ohne aufwändige Laboranalytik in jeder Praxis
direkt ermittelt werden kann. Die Testergebnisse wurden anschließend mit den
Resultaten der Darmspiegelung abgeglichen.
Die Forscher fanden heraus, dass die immunologischen Tests dem
HaemOccult-Verfahren eindeutig überlegen waren, was das Aufspüren von
Krebsvorstufen betrifft. So entdeckten sie durchweg einen mehr als doppelt
so hohen Anteil der Darmkrebsvorstufen. Allerdings gab es große Unterschiede
zwischen den Immuntests, ein Teil der Tests gab zu häufig "falschen Alarm".
Für die Früherkennung eignen sich solche Tests am besten, die eine hohe
Entdeckungsrate haben und gleichzeitig bei unauffälligem Befund zuverlässig
Entwarnung geben.
"Angesichts der Häufigkeit von Darmkrebs könnte eine konsequente
Früherkennung hier einen bedeutenden Beitrag zur Krebsprävention leisten",
sagt Hermann Brenner. "Trotz des Angebots der kostenfreien Darmspiegelung
hat die Untersuchung auf okkultes Blut weiterhin einen hohen Stellenwert,
etwa auch in Ländern, die nicht über die Ressourcen verfügen, allen Menschen
eine Koloskopie anbieten zu können. Daher ist es entscheidend, dass die
besten verfügbaren Tests eingesetzt werden, um die Stuhluntersuchung in
ihrer Aussagefähigkeit zu verbessern. Aus wissenschaftlicher Sicht wäre es
wünschenswert, dass die immunologischen Tests als Kassenleistung übernommen
werden, auch wenn sie etwas teurer sind als der herkömmliche enzymatische
Test."
Sabrina Hundt, Ulrike Haug, Hermann Brenner: Comparative evaluation of
immunochemical fecal occult blood tests for colorectal adenoma detection.
Annals of Internal Medicine, Band 150, Seite 163, 3. Februar 2009
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist die größte biomedizinische
Forschungseinrichtung in Deutschland und Mitglied in der
Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren. Über 2.000 Mitarbeiter
und Mitarbeiterinnen, davon 850 Wissenschaftler, erforschen die Mechanismen
der Krebsentstehung und arbeiten an der Erfassung von Krebsrisikofaktoren.
Sie liefern die Grundlagen für die Entwicklung neuer Ansätze in der
Vorbeugung, Diagnose und Therapie von Krebserkrankungen. Daneben klären die
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Krebsinformationsdienstes (KID)
Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit
Krebs auf. Das Zentrum wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung
und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert.
11.02.2009