Bei Innovationen für Gesundheit und Medizin oft „Umsetzungsstottern"
Gesundheit und Medizin in Deutschland stehen möglicherweise vor einer großen Innovationswelle – allerdings nur, wenn es gelingt, die vorhandenen wissenschaftlichen und technischen Potenziale zu finanzierbaren Angeboten weiterzuentwickeln.
Mit beachtlichem Aufwand werden Grundlagen für Innovationen geschaffen, bei der strategischen Ausrichtung und bei der breitflächigen Nutzung der Ergebnisse aus Forschung, Entwicklung und Erprobung könnte jedoch mehr geschehen. Das zeigt eine Studie des Instituts Arbeit und Technik (IAT / Westfälische Hochschule) im soeben erschienenen Handbuch Innovationen.
Die IAT-Forscher Stephan von Bandemer, Elke Dahlbeck, Michaela Evans und PD Dr. Josef Hilbert gehen darin der Frage nach, ob und wie die Gesundheitswirtschaft in Deutschland in der Lage ist, die von der Forschung erhofften und für die Branche absehbaren Innovationschancen auch tatsächlich wahrzunehmen – zum Vorteil für die Gesundheit und Lebensqualität der Menschen, als Unterstützung für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Gesundheitswirtschaft wie zur Erhöhung der Effizienz bei der Verwendung der Gesundheitsausgaben. Untersucht wurden zwei ausgewählte Innovationsfelder: Bei dem immer bedeutsamer werdenden Gestaltungsfeld Arbeit und Qualifizierung findet sich jedoch eine nur wenig strategisch ausgerichtete Innovationslandschaft, in der das Zusammenspiel zwischen Qualifikationsentwicklung und Arbeitsgestaltung zu kurz kommt, so das Resümee der Forscher. Und auch bei der Suche nach neuen Produkten, Dienstleistungen und Verfahren zeigt sich ein ähnliches Bild: Zwar kann sich Deutschland als Forschungs- und Entwicklungsstandort international durchaus sehen lassen, es fällt hier jedoch überdurchschnittlich schwer, neue Produkte, Dienstleistungen und Verfahren einzuführen.
Das IAT regt deshalb ein theorie- und datengestütztes „Innovationsmonitoring Gesundheitswirtschaft“ an, auf dessen Basis beurteilt werden soll, wie es um die Innovationsperformanz der deutschen Gesundheitswirtschaft im internationalen und im branchenübergreifenden Vergleich bestellt ist. Trends, Chancen, aber gerade auch Gestaltungsprobleme könnten so transparenter gemacht werden. Damit könnte deutlich gemacht werden, wo Innovationsumsetzungen stocken, und der Anreiz bei den Verantwortlichen erhöht werden, die Arbeit in ihren Entscheidungsprozessen zu beschleunigen. Die Innovationsplattform Gesundheitswirtschaft, die Anfang 2013 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMBF) gestartet wurde, könnte ein zentraler Baustein für ein solches Innovationsmonitoring sein.
Die Gesundheitsbranche gilt seit Jahren als „heimliche Heldin“ des Arbeitsmarktes und große Chance für den wirtschaftlichen Strukturwandel in Deutschland: Hier arbeiteten 2011 rund 5,3 Millionen Beschäftigte, die Mehrheit im „Kern“ der Gesundheitswirtschaft, also in den personalintensiven Bereichen des klassischen Gesundheitswesens und in der Altenhilfe. In den letzten Jahren ist die Gesundheitswirtschaft auch ein wichtiger Träger für Beschäftigungszuwächse gewesen. Mit einem Zuwachs in Höhe von 11,4 Prozent liegt die Entwicklung in der Gesundheitswirtschaft zwischen 2007 und 2011 deutlich über der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von 5,6 Prozent.
Aktuelle Publikation: Stephan von Bandemer/ Elke Dahlbeck/ Michaela Evans/ Josef Hilbert 2013: Innovationen in der Gesundheitswirtschaft. In: Mai, Manfred (Ed.)2013, Handbuch Innovationen, Interdisziplinäre Grundlagen und Anwendungsfelder, Heidelberg, S. 269 – 299.
10.01.2014