Telemedizin

Videokonsultation könnte schon bald Versorgung verbessern

Der Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) und die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) haben nach umfangreicher Diskussion mit externen Experten von Kassenärztlicher Bundesvereinigung, Bundesärztekammer, Gematik, Juristen und Technikern ein Positionspapier zur Telemedizin in der Dermatologie entwickelt. Das Dokument bringt die Anforderungen an die Qualität und die Rahmenbedingungen der Telemedizin in der ambulanten Versorgung Hautkranker auf den Punkt.

Photo: Videokonsultation könnte schon bald Versorgung verbessern
Quelle: panthermedia.net/Andriy Popov

Zugleich soll das Positionspapier helfen, die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, damit entsprechende Leistungen in die Regelversorgung eingeführt werden können. „Zurzeit scheint das GKV-System noch nicht fit zu sein, für eine zeitgerechte Nutzung der in anderen Lebensbereichen längst etablierten technischen Möglichkeiten“, unterstreicht BVDD-Präsident Dr. Klaus Strömer. „Krankenkassen blockieren die Einführung telemedizinischer Leistungen, die KBV hat keine überzeugenden Konzepte.“

Dabei nutzen in Deutschland lebende Patienten mit Hautkrankheiten heute bereits über das Internet teledermatologische Angebote aus dem Ausland. Dies ist nach Auffassung der hautärztlichen Fachverbände unter Aspekten der Qualitätssicherung, des Berufs- und Haftungsrechtes sowie des Datenschutzes bedenklich. Daher wollen BVDD und DDG Patienten in Deutschland zeitnah Angebote machen, die eine leitliniengerechte dermatologische Versorgung auf Facharztniveau garantieren.

„Der demographische Wandel, die drohende Unterversorgung in strukturschwachen Gebieten, intensivierte Kooperationen mit den hausärztlich tätigen Ärztinnen und Ärzten und mit medizinischen Assistenzberufen machen neue Konzepte in der dermatologischen Versorgung erforderlich“, heißt es in dem Psotionspapier wörtlich.

In Deutschland werden aktuell 1,5 Mio. Patienten mit chronischen Wunden, 800.000 Patienten mit Urtikaria (Nesselfieber), ca. zwei Millionen Patienten mit Neurodermitis, weitere zwei Millionen Psoriasiskranke (Schuppenflechte), eine Million Patienten mit dermatologischen Autoimmunerkrankungen und 500.000 Patienten mit Ichtyhose (trockene Haut) versorgt.

Bei insgesamt über 2.000 Hauterkrankungen besteht derzeit Behandlungsbedarf. Betroffen ist insgesamt ein Viertel Bevölkerung. Dermatologische Praxen und Kliniken verzeichnen jährlich rund 18 Millionen Patientenkontakte. Die Zahl der Arztkontakte ist im internationalen Vergleich in Deutschland fast doppelt so hoch wie im Durchschnitt der EU-Länder.

„Viele Patientenkontakte könnten bei korrekter Auswahl durch den behandelnden Dermatologen ohne Qualitätsverlust im Rahmen einer Videokonsultation erbracht werden. Derartige Verfahren sind nicht als neue Behandlungsmethode, sondern viel mehr als eine Prozessinnovation zu verstehen“, unterstreicht BVDD-Präsident Strömer.

Nach wie vor besteht in Deutschland jedoch – im Gegensatz zu vielen anderen Ländern, auch der EU – nach § 7 Absatz 4 der Musterberufsordnung für Ärzte ein Verbot der ausschließlichen Fernbehandlung, das BVDD und DDG grundsätzlich unterstützen. Eine normative Klarstellung, welche telemedizinischen Leistungen explizit erlaubt sind, würde die Akzeptanz für neue Anwendungsmöglichkeiten in der Ärzteschaft deutlich erhöhen.

„Weder das kürzlich novellierte Heilmittelwerbegesetz noch das das E-Health-Gesetz (Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen) verbessern die Möglichkeiten für eine Integration telemedizinischer Videokonsultationen oder anderer telemedizinischer Anwendungen in das deutsche Gesundheitssystem. Eine ausdrückliche Unterstützung des Gesetzgebers für die Etablierung telemedizinischer Anwendungen erscheint wünschenswert“, skizziert das Positionspapier den Handlungsbedarf.

BVDD und DDG sind der Überzeugung, dass die Telemedizin einen Beitrag zur Verbesserung der dermatologischen Versorgung insbesondere auch in unterversorgten Gebieten leisten kann. Sie kann die Kommunikation mit anderen Ärzten, vor allem mit denen der primären Versorgungsebene, verbessern, aber auch zur Verbesserung der kooperativen Versorgung von immobilen Patienten in ihrer häuslichen Umgebung oder in Alten- und Pflegeheimen unter Einbeziehung von medizinischen Assistenzberufen und Angehörigen beitragen. Durch eine Verringerung von Hausbesuchen, Vermeidung von Fahrzeiten sowie zeitliche und finanzielle Entlastung von Arbeitgebern und Patienten trägt die telemedizinische Versorgung zur Schonung von Ressourcen bei. Für Patienten kann sie zudem Wartezeiten reduzieren.

In erster Linie bietet sich in der Dermatologie unter Qualitätskriterien eine die ambulante Behandlung ergänzende Inanspruchnahme von dem Arzt bereits bekannten Patienten an, etwa in Form einer in einen medizinischen Behandlungspfad eingebetteten telemedizinischen Verlaufskontrolle. Neben der direkten Interaktion mit dem Patienten kann die Telemedizin die Kooperation mit primär versorgenden Ärzten und medizinischen Assistenzberufen verbessern.

Kritisch stehen BVDD und DDG einer telemedizinischen Erstuntersuchung gegenüber, wenn sie nicht in Form eines ärztlichen Konsils erfolgt. Zunächst sollten Bagatellerkrankungen der Haut, häufige Krankheitsbilder, chronische Dermatosen und deren Verläufe im Brennpunkt der teledermatologischen Bemühungen stehen. Änderungen der Medikation, postoperative Verläufe, Wundheilung, Überprüfung des therapeutischen Erfolgs, Hilfe zur Selbstmedikation, Maßnahmen zur Patientenschulung und Erhöhung der Therapietreue bieten weitere Ansatzpunkte.

Primäre Adressaten für telemedizinische Konsultationen sind Personen, die bereits moderne Kommunikationstechnologien nutzen und für neue Entwicklungen aufgeschlossen sind, sowohl auf Seiten der Patienten als auch der Ärzte. Da viele Dermatologen bereits heute mit der Versorgung von Patienten mehr als ausgelastet sind und telemedizinische Anwendungen Investitionen erfordern und praxisorganisatorische Änderungen erforderlich machen, dürften zusätzliche Anreize wie Investitionszuschüsse oder Abrechnungsmöglichkeiten in der Gebührenordnung der GKV erforderlich sein, um genügend Ärzte für ein bundesweites Projekt zu gewinnen. Eine rein privatärztliche Liquidation wird als nicht zielführend angesehen, muss aber bis zu einer gesetzlichen Regelung verfolgt werden.

Quelle: Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD)

04.09.2015

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