Artikel • Radiologie und Nuklearmedizin

Zwei Fachgebiete geben sich gegenseitig die Ehre

Die Entwicklung neuer Technologien und Verfahren hat die Bereiche der Radiologie und der Nuklearmedizin in den letzten Jahren wieder stärker aneinander gebunden. Legten beide Fächer seit Mitte der 70er Jahre Wert auf eine klare Abgrenzung, weichte der Einsatz von beispielsweise PET-CT diese Grenzen zunehmend auf. Ein Trend, der durchweg positiv aufgenommen wird, da er Morphologie und Funktion im Sinne eines optimalen diagnostischen und therapeutischen Ergebnisses vereint.

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Prof. Hans-Jürgen Biersack ist Direktor der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin des Universitätsklinikums Bonn: „Hybridtechnologie ebnen Weg für gemeinschaftliche Befundung“.

„In der Bildgebung hat die Nuklearmedizin im Laufe der Zeit einige Federn gelassen, da ausgewiesene Kernbereiche in die Radiologie abgewandert sind und z. B. mit der MRT bis zu einem gewissen Grad auch in der Radiologie Funktionsdiagnostik betrieben werden kann. Mittlerweile ebnen uns die Hybridtechnologien jedoch den Weg für eine gemeinsame Befundung“, so Prof. Hans-Jürgen Biersack, Direktor der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin des Universitätsklinikums Bonn und Mitglied der Rheinisch-Westfälischen und der Deutschen Röntgengesellschaft.

In Bonn herrscht eine sehr enge Kooperation zwischen Nuklearmedizin und Radiologie, bei der Befundung von PET-CT-Bildern sind stets Oberärzte beider Fächer eingebunden. Dies bedeutet freilich nicht, dass immer Einigkeit im Ergebnis über beispielsweise maligne oder nicht maligne Tumore herrscht. Es bedeutet jedoch, dass jede Aufnahme intensiv diskutiert wird und der Patient mit einem profunden Befund versorgt wird.

Darüber hinaus ergänzen nuklearmedizinische Ergebnisse der Positronen-Emissions- Tomographie beispielsweise die Befunde der MRT bei einem nachgewiesenen Mammakarzinom um die Darstellung des Wächterlymphknotens. Prof. Biersack: „Durch das Spritzen eines Kolloids, das sich im Wächterlymphknoten sammelt, wird dieser sichtbar und kann entnommen werden. Ergibt die anschließende pathologische Untersuchung, dass er frei von Krebszellen ist, kann der Patientin ein großer Eingriff mit Entfernung der Achsellymphknoten erspart werden.“

Therapeutische Gemeinschaftsaufgabe

Nuklearmedizin kann sich in Randbereichen mit der Radiologie vermischen, ohne die Eigenständigkeit zu verlieren

Hans-Jürgen Biersack

Neben der diagnostischen Bildgebung sind es innovative Verfahren wie die Selektive Interne Radiotherapie (SIRT), die eine Zusammenarbeit von Nuklearmedizin und Radiologie erfordern. „Bei der SIR-Therapie legt der Radiologe super selektiv einen Katheter in bestimmte Leberartherienäste und der Nuklearmediziner injiziert entsprechend die radioaktiven Präparate. Das ist ebenfalls eine Gemeinschaftsaufgabe, für die man einen sehr erfahrenen interventionellen Radiologen benötigt“, erklärt der Nuklearmediziner. Mit geschätzten 80 Eingriffen gehört das Universitätsklinikum Bonn zu den erfahrensten Kliniken im Bereich dieser interventionellen Therapieoption. Derzeit führen Biersack und seine Kollegen aus der Radiologie und der Inneren Medizin eine Studie durch, die SIRT mit der konventionellen Chemotherapie vergleicht. „Es wird sich wohl bestätigen, dass SIRT die Therapie der Wahl bei lokalisiertem Leberkrebs und Metastasen ist, wenn keine anderen Absiedlungen vorhanden sind.“

Auch bei anderen vielversprechenden neuen Ansätzen der Nuklearmedizin spielt die Radiologie zumindest eine sekundäre Rolle. Hierzu gehört unter anderem die Behandlung neuroendokriner Tumore durch radioaktiv markierte Peptide, die den Tumor von innen bestrahlen, oder der Einsatz von rheniummarkierten Knochenstoffwechselprodukten bei Patienten mit Knochenmetastasen. 

Trotz dieser Überschneidungen bleiben die Philosophien beider Bereiche unterschiedlich, was sich laut Biersack in keinster Weise ausschließt: „Nuklearmedizin kann sich in Randbereichen mit der Radiologie vermischen, ohne die Eigenständigkeit zu verlieren. Dort, wo es Vermischungen gibt, ist eine enge Zusammenarbeit jedoch nicht nur wünschenswert, sondern notwendig. Notwendig auch im Hinblick auf die Kooperation mit den niedergelassenen Kollegen, die natürlich ein enormes Interesse an Weiterentwicklungen beim PET-CT oder Therapieoptionen wie SIRT haben. Gemeinsame Aktivitäten auf diesem Gebiet sind also absolut wünschenswert.“

23.10.2008

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