„Wi snackt ok Platt“: Pflegekräfte und Ärzte lernen „Plattdüütsch“ für Patienten und Mitarbeiter

Asklepios Klinik Wandsbek startet Pilotprojekt

Mehr als die Hälfte der älteren Klinikpatienten Hamburgs versteht Plattdüütsch, viele sind sogar damit aufgewachsen. Deshalb tragen mehr als ein Dutzend Mitarbeiter der Asklepios Klinik Wandsbek tragen demnächst einen Button mit der Botschaft „Wi snackt ok Platt“ am Kittel.

Photo: „Wi snackt ok Platt“: Pflegekräfte und Ärzte lernen...

Das bundesweit einmalige Pilotprojekt startet zunächst auf den fünf Stationen der Abteilung für Altersmedizin (Geriatrie). „Es geht uns dabei um mehr als nur das freundliche ‚Moin, moin!‘ zur Begrüßung. Wir wissen, wie wichtig Heimatverbundenheit und das Gefühl der Geborgenheit gerade für älteren Patienten ist. Die plattdeutsche Sprache bietet eine wunderbare Möglichkeit, diese besondere Stimmung zu schaffen“, sagt Christian Strauß, Geschäftsführender Direktor der Asklepios Klinik Wandsbek und gebürtiger Hamburger. Begleitet und unterstützt wird das Projekt durch vier Vortragsveranstaltungen in plattdeutscher Sprache.

Auftakt des Pilotprojektes ist die Erweiterung der Patientenbücherei Anfang Dezember um zahlreiche Titel in niederdeutscher Sprache. Zeitgleich werden die ersten Stationen der Geriatrie mit Postern ausgestattet, um auf das Projekt hinzuweisen und die entsprechende Atmosphäre zu schaffen. Anfang Januar 2013 beginnt dann die zweite Phase: Die ersten zwölf Mitarbeiter der Klinik erhalten kostenlosen „Plattdüütsch“-Sprachunterricht, damit es nicht beim „Moin, moin“ bleibt. Weitere freiwillige Pflegekräfte und Ärzte haben bereits Interesse bekundet, zudem sollen auch die von den Patienten geschätzten „Grünen Damen“ in das Projekt eingebunden werden.

„Viele unserer Patienten sprechen als erste Sprache Plattdeutsch, Hochdeutsch kommt bei ihnen erst auf Platz zwei“, berichtet die Chefärztin der Abteilung für Geriatrie, Dr. Ann-Kathrin Meyer. Die erfahrene Altersmedizinerin ist davon überzeugt, dass der Umgang mit den älteren Menschen in ihrer vertrauten Sprache viel Gutes bewirkt: „Plattdüütsch steht ja für eine lebendige Alltagskultur und weckt bei den Patienten meist gute Erinnerungen an die Kindheit und Jugend. Das trägt ganz sicher zum Wohlbefinden und damit auch zur Genesung bei. Außerdem erleichtert der freundschaftliche Tonfall und Umgangston von ‚Platt‘ die Kommunikation zwischen Pflegekräften, Patienten und Angehörigen.“

Begleitet und unterstützt wird das Projekt „Wi snackt ok Platt“ durch vier Vortragsveranstaltungen in plattdeutscher Sprache im Rahmen der „Hanseatischen Nachtvorlesungen“ der Hamburger Asklepios Kliniken. Die Vorträge der Spezialisten von Asklepios für medizinische Laien finden im Mai jeweils an einem Donnerstag statt und tragen Titel wie „Wat is dat mit de krumme Rückens?“ und „De Gallenblos, nix as Arger!“. Die Vorträge werden allen Interessierten einige Wochen später auch als Video-Interview in der Reihe „Nachtvorlesung nachgefragt“ kostenlos auf dem YouTube-Kanal von Asklepios zur Verfügung gestellt. Bereits jetzt sehen sich dort täglich mehr als 1000 Menschen eines der mittlerweile rund 200 Internetvideos zu medizinischen Themen an.

Zum Hintergrund der Aktion „Wi snackt ock Platt“: Auch wenn die Gesamtzahl der aktiven „Plattdüütsch“-Sprecher abnimmt: Immerhin 97 Prozent der Menschen in Norddeutschland können mit dem Begriff „Plattdüütsch“ etwas anfangen und jeder zweite Norddeutsche versteht diese Sprache. Bei älteren Menschen ist diese Quote sogar deutlich höher, auch in Hamburg. Positiv ist auch, dass die „lütten“ Hamburger zunehmend wieder mit der Tradition vertraut gemacht werden: In vielen Schulen steht Plattdeutsch wieder auf dem Stundenplan. Der Grund: Die Hansestadt hat die beliebte Regionalsprache als erstes Bundesland als vollwertiges Unterrichtsfach anerkannt. Und auch das bringt „Plattdüütsch“ wieder nach vorne: Deutschland hat 1999 die „Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen“ unterschrieben. Darin enthalten ist die Verpflichtung, unter anderem auch Niederdeutsch zu fördern und zu unterrichten.

 

28.11.2012

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