News • Dringender Reformbedarf

Rhön-Klinikum AG zum Rekorddefizit der gesetzlichen Krankenkassen

Nachdem schon vor Wochen Gesundheitsminister Jens Spahn nach Presseberichten einen Rekordzuschuss von 27 Mrd. Euro zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für 2022 plante, um deren Defizite auszugleichen, haben sich gemäß einer aktuellen Studie der Krankenkasse DAK-Gesundheit zur mittelfristigen Finanzlage der GKV weitere massive Finanzlücken aufgetan. Demnach solle der reguläre Bundeszuschuss von 14,5 Mrd. auf dauerhaft 41,3 Mrd. Euro steigen, um künftig alle Ausgaben bezahlen zu können. Ansonsten sei die Handlungsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherungen bedroht oder es käme zum "historisch größten Beitragssprung".

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Dr. Christian Höftberger, CEO der Rhön-Klinikum AG.
Quelle: Rhön-Klinikum AG, Daniel Peter

"Statt in den finanziellen Abgrund zu starren und zu erwarten, dass hier jemand mit Steuermitteln einspringt, sollten die Krankenkassen als Erstes prüfen, was sie selbst zur Kostensenkung beitragen könnten", sagt Dr. Christian Höftberger, CEO der Rhön-Klinikum AG.
Zwar sieht Höftberger auch den Einfluss von versicherungsfremden Leistungen, der demographischen Entwicklung und des medizinisch-technischen Fortschritts, doch von jedem Unternehmen werde erwartet, dass es in einer solchen Situation erstmal seine eigene Struktur und die Prozesse auf den Prüfstand stellt.

Besonders absurd findet Höftberger, dass all diejenigen, die Patienten behandeln und deren Gesundheit wiederherstellen, mit immer neuen Sparaktionen und Vorwürfen konfrontiert werden, während die Krankenversicherungen mit ihrer rein verwaltenden Tätigkeit keinem ökonomischen Druck ausgesetzt sind, da sie ihre Defizite bislang weiterreichen können.

Höftberger sieht im deutschen Krankenkassensystem, das allein mehr als 100 gesetzliche Kassen hat, dringenden Reformbedarf. "Warum haben wir überhaupt so viele Krankenkassen, alle jeweils mit eigenen Strukturen, Verwaltungen, Vorständen und Verwaltungspalästen", fragt er und verweist auf andere Länder wie Israel, in denen man mit einem halben Dutzend Versicherungen auskommt und diese digital bestens strukturiert sind.

Bei der Bürokratisierung sieht Höfberger erhebliche Einsparpotenziale. "Der zunehmende Dokumentationsaufwand beschäftigt sowohl auf Kassenseite wie in den Kliniken - unabhängig von ihrer Trägerschaft und Einrichtungsgröße - immer mehr Mitarbeitende und bindet damit wertvolle Ressourcen, die anderswo sinnvoller eingesetzt werden können", weiß Höftberger, der auch Präsident der Hessischen Krankenhausgesellschaft e. V. ist und diesen Aspekt trägerübergreifend und unabhängig von der Größe der Kliniken wahrnimmt. "44 Prozent der Arbeitszeit der Ärzte entfallen auf die Bürokratie, beim Pflegepersonal sind es 36 Prozent."

Auch im Marketing der Krankenversicherungen kann gespart werden. Dazu zählen für ihn beispielsweise Behandlungsformen, für deren Wirksamkeit es keinen medizinischen Beleg gibt, die dennoch oft übernommen werden, um Versicherte an sich zu binden. "Stattdessen sparen die Kassen seit Jahren bei den Klinikleistungen, so dass das Personal in Deutschland doppelt so viele Patienten behandeln muss als in allen anderen vergleichbaren Ländern", beklagt Höftberger.

Da politische Strukturreformen nicht angegangen werden, sind inzwischen viele Kliniken in Deutschland auf Subventionen angewiesen.
"Wenn den Kassen dann trotzdem die Kosten aus dem Ruder laufen, obwohl sie die Pandemiekosten gar nicht stemmen müssen, viele Behandlungen und Operationen coronabedingt zurückgestellt oder abgesagt werden mussten und Patienten auf notwendige Behandlungen sogar verzichtet haben, die Ausgaben der Krankenkassen für Kliniken, Reha und Vorsorge gesunken sind, besteht offenbar dringender Reformbedarf, um sich selbst zu überdenken und überflüssige Ausgaben zu senken", so Höftberger.

Quelle: Rhön-Klinikum AG

21.06.2021

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