Respekt vor der hohen Feldstärke des 7 Tesla-MRT

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Respekt vor der hohen Feldstärke des 7 Tesla-MRT

Eines der weltweit ersten 7 Tesla-MRT mit einer 510(k)-Genehmigung und einer Marktzulassung gemäß CE-Kennzeichnung steht im Swiss Center for Musculoskeletal Imaging (SCMI) in Zürich. In dem Ende November 2018 eröffneten Zentrum zur Forschung am Bewegungsapparat arbeitet Natalie Hinterholzer als verantwortliche MTRA. Für sie ist es eine große Chance und zugleich eine Herausforderung, das Gerät nicht nur für die Forschung, sondern auch für die klinische Untersuchung von „echten“ Patienten nutzen zu können. „Nur wenige MTRAs haben diese Möglichkeit, denn es gibt noch nicht sehr viele Geräte dieser Art am Markt“, weiß Hinterholzer.

Mit den anderen 7T Geräten konnten nur Probanden zu Forschungszwecken untersucht werden, die Bewilligung durch eine Ethik-Kommission vorausgesetzt. Mit dem 7 Tesla-MRT Magnetom Terra sind medizinisch indizierte Patientenuntersuchungen von Knie und Kopf ohne eine derartige Bewilligung möglich. Für die 1H-Bildgebung in allen anderen Körperregionen muss weiterhin die Ethik-Kommission kontaktiert werden. Hier sieht Hinterholzer sich selbst und ihre Kollegen in der Pflicht: „Wir müssen noch sehr viel mehr forschen, damit weitere klinische Untersuchungen an Patienten zugelassen werden können. Das ist noch ein langer, aber definitiv notwendiger Weg.“

Beeindruckende Bildqualität

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Die Vorteile des 7 Tesla liegen für Hinterholzer auf der Hand: „Die Bildqualität ist beeindruckend. Die Aufnahmen sind durch das hohe Signal-Rausch-Verhältnis, das linear zur Feldstärke ansteigt, sehr hoch aufgelöst und man bekommt ganz neue Einblicke in den Körper.“

Die Auswirkungen des Magnetfelds auf das Personal sind bei der täglichen Arbeit mit dem 7 Tesla verschwindend gering. „Die gepulsten Gradientenfelder und die HF-Felder sind vergleichbar mit denen bei niedrigerer Feldstärke. Sie sind außerhalb des Magneten vernachlässigbar klein und werden durch den Faradayschen Käfig, der den Magneten abschirmt, nochmals gedämpft. Dank der aktiven Magnetabschirmung merkt man auch direkt neben dem Gerät die enorme Stärke des Magnetfelds fast gar nicht“, so Hinterholzer. Allerdings ist es wichtig, dass Mitarbeiter und auch das Reinigungspersonal gut geschult werden, damit zum Beispiel kein Metall mit in den Raum gebracht wird. „Die unglaublichen Anziehungskräfte, die von einem 7 Tesla ausgehen, dürfen nicht unterschätzt werden.“

Patienten dagegen können durchaus die Auswirkungen des Magnetfeldes spüren. Je weiter sie in den Magnettunnel hineinfahren, desto stärker wird die Magnetfeldstärke. Schwindel, Übelkeit, Nervenstimulationen oder ein metallischer Geschmack können die Folge sein. „Das ist aber auch bei niedrigeren Feldstärken so, nur weniger ausgeprägt“, erklärt Hinterholzer. Oft merken Untersuchte auch nichts davon. Im Allgemeinen lassen negative Begleiterscheinungen nach gut 30 Sekunden nach.

Respekt vor der hohen Feldstärke des 7 Tesla-MRT

Innovativer Dual-Mode

Innovativ und für die tägliche Routine sehr hilfreich ist für Hinterholzer auch der Dual-Mode, der einen Wechsel zwischen klinischer Nutzung und Forschungsbetrieb erlaubt. Dank dieser Möglichkeit ist eine klare Trennung von klinischen Aufnahmen und forschender Bildgebung, die auch eine Voraussetzung für die CE-Zulassung darstellt, möglich.

Einen kleinen Nachteil sieht Hinterholzer allerdings auch: Durch die höhere Wellenlänge der Radiosignale kann auch die spezifische Absorptionsrate (SAR) erhöht sein, mit der Gefahr eines stärkeren Anstiegs der Körpertemperatur des Patienten. Es ergibt sich auch eine verstärkte Artefaktneigung. Insbesondere können beim 7 Tesla Suszeptibilitäts- und Chemical-Shift-Artefakte die Bildqualität beeinflussen. Wie immer kommt der Kommunikation zwischen der MTRA und dem Radiologen große Bedeutung zu, denn dieser sieht in der Regel nur das Ergebnis, also das fertige Bild. Die MTRA hingegen hat direkten Patientenkontakt und weiß, ob die Lagerung schwierig war, ob der Patient Angst oder Schmerzen hatte und daher vielleicht nicht ruhig liegen bleiben konnte. All das kann zu einer Verschlechterung der Bildaufnahme beitragen. „Als MTRA muss ich den Radiologen über die Hintergründe bei der Untersuchung informieren. Es ist gut, wenn er ein gewisses Gefühl und Verständnis dafür aufbringt, welche Fehlerquellen bei der Untersuchung möglich sind.“ Der respektvolle Umgang auf Augenhöhe ist für Hinterholzer daher entscheidend für die bestmögliche Behandlung der Patienten.

Respekt vor der hohen Feldstärke des 7 Tesla-MRT

Geduld ist wichtig

Für ihre MTRA-Kollegen hat Hinterholzer einen ganz simplen wie auch effektiven Tipp für die Arbeit mit dem 7 Tesla: Geduld. „Dieser MRT ist nicht vergleichbar mit seinen Vorgängern. Der Wechsel von einem 1,5 auf einen 3T-MRT war einfach und die Orientierung fiel leicht. Für die Arbeit mit dem 7T braucht man jedoch mehr Geduld; der Patient muss intensiver überwacht werden und die Anamnese erfordert hohe Konzentration.“ So kann zum Beispiel ein Patient mit einer Knieprothese fast immer ohne Probleme mit einem 1,5 Tesla-Gerät untersucht werden, während bei 7 Tesla große Vorsicht und genaue Abklärungen nötig sind. „Wir dürfen nie den Respekt vor der hohen Feldstärke verlieren.“

Profil:
B. Sc. Natalie Hinterholzer absolvierte 2014 ihren Bachelor in Radiologietechnologie in Innsbruck. Aktuell besucht sie dort den Masterlehrgang. Nachdem sie vier Jahre lang als Radiologiefachfrau an der Universitätsklinik Balgrist, Zürich, tätig war, wechselte sie 2018 an das Swiss Center for Muskuloskeletal Imaging (SCMI).

28.09.2019

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