News • Analyse bakterieller Proben

Resistenzen gegen Reserveantibiotika nehmen zu

Der Anteil der Bakterien, die auch gegen Reserveantibiotika resistent sind, steigt weiter. Experten empfehlen eine intensivierte Überwachung.

Zwei Frauen in weißen Laborkitteln stehen nebeneinander in einem Labor und schauen in die Kamera
Dr. Sophie Möller (von links) und Dr. Lisa-Marie Höfken arbeiten im Nationalen Referenzzentrum für gramnegative Krankenhauserreger.

© RUB, Marquard

Im Jahr 2024 verzeichnet das Nationale Referenzzentrum (NRZ) für gramnegative Krankenhauserreger an der Ruhr-Universität Bochum einen erneuten Anstieg der eingesendeten Proben mit multiresistenten Bakterien. Über 10.000 Proben wurden analysiert. Besorgniserregend ist der Anteil der Proben mit Carbapenemasen – bakteriellen Enzymen, die die wichtigen Reserveantibiotika der Carbapeneme spalten und damit inaktivieren können. Er stieg auf 61,1% im Vergleich zu 43,9% drei Jahre zuvor. „Wir können eine intensivierte Überwachung nur dringend empfehlen“, unterstreicht Dr. Niels Pfennigwerth vom NRZ, das seinen Jahresbericht im Epidemiologischen Bulletin des Robert-Koch-Instituts am 15. Mai 2025 herausgegeben hat. Für Patienten, die im Krankenhaus behandelt werden, sind solche Erreger lebensbedrohlich, da es kaum noch Behandlungsoptionen gibt. 

Das NRZ bietet seit 2009 als vom Robert Koch-Institut beauftragte Stelle eine kostenfreie Untersuchung von multiresistenten gramnegativen Bakterienstämmen an. Labore in Deutschland können dafür klinische Isolate, die sich in der Labortestung als resistent gegen wichtige Antibiotika herausgestellt haben, zur weiteren Feintypisierung einsenden. Der Fokus liegt dabei auf der Abklärung von Carbapenemasen. Das sind bakterielle Enzyme, die die wichtigen Reserveantibiotika der Carbapeneme spalten und damit inaktivieren können.

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Im Jahr 2024 war das NRZ erneut mit einem deutlichen Anstieg der Einsendezahlen konfrontiert, sodass schlussendlich über 10.000 Bakterienisolate tiefergehend analysiert wurden. Auch stieg wie im Vorjahr die Zahl der Carbapenemase-Nachweise stärker als die Zahl der Einsendungen – der Anteil von Carbapenemase-produzierenden Isolaten erhöhte sich damit weiter und lag bei Enterobacterales (etwa Escherichia coli oder Klebsiella pneumoniae) nun bei 61,1% der untersuchten Isolate. Zum Vergleich: Diese Zahl lag im Jahr 2021 noch bei nur 43,9%. „Die Zunahme von Infektionen oder Kolonisationen mit Carbapenemase-produzierenden Bakterienstämmen in Deutschland ist somit unseren Daten zufolge real und nicht nur durch gestiegene Untersuchungszahlen begründet“, verdeutlicht Niels Pfennigwerth.

Die Produktion einer Carbapenemase ist in der Regel mit einer Resistenz gegenüber den üblicherweise klinisch verwendeten Betalaktam-Antibiotika verbunden und schränkt die verfügbaren Therapieoptionen drastisch ein – vor allem dann, wenn Isolate mehr als eine Carbapenemase produzieren, die sich in ihren Wirkspektren häufig ergänzen. 

Die Forschenden raten dringend, die Überwachung nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern auch zu intensivieren, um einen möglichst genauen Überblick über die Entwicklungen zu erhalten und geeignete Maßnahmen gegen die fortschreitende Verbreitung zu ergreifen. Sorgen bereitet den Experten, dass die Finanzierung des NRZ seitens des Bundesministeriums für Gesundheit immer weniger ausreicht, um die Aufgaben erfüllen zu können. 

Die problematischen Enzyme im Einzelnen 

Die häufigste Carbapenemase in Enterobacterales stellt weiterhin OXA-48 dar; diese zeigte im Vergleich zum Vorjahr eine deutliche Zunahme der Nachweise. Der zuvor beobachtete starke Anstieg von NDM-1 stagnierte 2024 hingegen, während für NDM-5, KPC-2, OXA-244 und VIM-1 deutliche Anstiege zu verzeichnen waren. Bei Pseudomonas aeruginosa und Acinetobacter baumannii waren weiterhin VIM-2 beziehungsweise OXA-23 die am häufigsten im NRZ nachgewiesenen Carbapenemasen. 


Quelle: Ruhr-Universität Bochum 

11.06.2025

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