Schwarzweiß-Aufnahme einer 3d-gedruckten würfelartigen Struktur mit...
Abbildung des 3D-gedruckten Gerüsts, welches im Herzgewebe kontrahiert

Bildquelle: Soft Robotics Laboratory / ETH Zürich 

News • Implantierbarer 3D-Patch

Ein Pflaster, das das Herz heilt

Forschende der ETH Zürich haben ein 3D-gedrucktes Herzpflaster entwickelt, das den mechanischen Eigenschaften des Herzens entspricht und dem inneren Blutdruck standhält.

Nach einem Herzinfarkt ist der Blutfluss zum Herzen unterbrochen, und der dadurch verursachte Sauerstoffmangel kann Schäden am Herzmuskel auslösen. In schweren Fällen kann dies zu einem Riss in der Herzwand führen, was einen sofortigen chirurgischen Eingriff erfordert. Heute werden solche Herzdefekte mit Pflastern aus Rinderherzbeuteln geschlossen, weil sie stabil, durchlässig und leicht zu implantieren sind. 

Nun hat ein interdisziplinäres Forschungsteam der ETH Zürich und des Universitätsspitals Zürich unter Leitung von Professor Robert Katzschmann und Professor Omer Dzemali ein neuartiges, dreidimensionales Herzpflaster entwickelt. Dieses haben sie soeben im Fachmagazin Advanced Materials vorgestellt

Das Gerüst ist stabil genug und bietet uns gleichzeitig die Möglichkeit, es mit einem Hydrogel mit lebenden Zellen zu füllen

Lewis Jones

Die derzeit verwendeten Rinderperikardpatches, kurz BPPs, haben erhebliche Nachteile: Sie sind biologisch inaktiv. Das heißt, sie bleiben als Fremdkörper im Herzen und können nicht abgebaut werden. Außerdem können sie unerwünschte Reaktionen wie Verkalkung, Thrombosen oder Entzündungen hervorrufen. "Bisherige Herzpflaster integrieren sich nicht in das Gewebe und bleiben dauerhaft im Körper. Mit unserem Patch wollten wir dieses Problem lösen und ein Pflaster schaffen, das sich in das bestehende Herzgewebe integrier"», erklärt Lewis Jones, Erstautor der Studie. 

Der sogenannte ‘RCPatch’ (Reinforced Cardiac Patch) könnte langfristig eine Alternative zu herkömmlichen Patches aus Rinderperikard werden: "Unser Ziel war es, ein Pflaster zu entwickeln, das einen Defekt nicht nur verschließt, sondern dazu beiträgt, diesen ganz zu beheben", erklärt Katzschmann. 

Viergeteilte Ansicht einer weißen Gitterstruktur auf rotem Grund (Herzgewebe)
Gitterstruktur bevor und nachdem sie ins Herzgewebe integriert wird.

Bildquelle: Soft Robotics Lab / ETH Zürich

Der neuartige RCPatch hat erhebliche Vorteile gegenüber dem Rinderperikard, da er aus drei Teilen besteht: einem feinmaschigen Netz, das den Schaden abdichtet, einem 3D-gedruckten Gerüst für Stabilität und einem Hydrogel, das mit Herzmuskelzellen besiedelt ist. Das Stützgerüst kann man sich als eine verwinkelte Gitterstruktur vorstellen, die aus abbaubaren Polymeren besteht. Die Forschenden können diese im 3D-Drucker produzieren. "Das Gerüst ist stabil genug und bietet uns gleichzeitig die Möglichkeit, es mit einem Hydrogel mit lebenden Zellen zu füllen", erklärt Jones. 

Um die Gitterstruktur im Herzen gut anbringen zu können, haben die ETH-Forschenden diese mit einem dünnen Netz kombiniert. Auch dieses Netz haben Katzschmann und sein Team mit dem gleichen Hydrogel angereichert. Dadurch kann sich der RCPatch vollständig in das umliegende Gewebe integrieren und mit den Herzmuskelzellen verwachsen. "Der große Vorteil besteht darin, dass sich das Stützgerüst vollständig auflöst, nachdem die Zellen sich mit dem Gewebe verbunden haben. Es bleibt also kein Fremdkörper mehr übrig", erläutert Jones. 

Ein erster Tierversuch zeigte, dass sich das Pflaster gut implantieren lässt, und dem hohen Druck im Herzen standhält. Den Forschenden ist es dabei gelungen, Blutungen zu verhindern und die Herzfunktion wiederherzustellen. In präklinischen Tests an Schweinemodellen konnte der RCPatch einen künstlich erzeugten Defekt in der linken Herzkammer erfolgreich verschließen. "Wir konnten zeigen, dass sich der Patch gut entwickelt und die Struktur selbst unter echtem Blutdruck standhält", so Katzschmann.

Ein rosafarbener Gewebelappen wird von zwei feinen Zangen festgehalten und mit...
Das Stützgerüst wird in den Defekt integriert und mit dem Netz abgedeckt.

Bildquelle: Soft Robotics Lab / ETH Zürich 

Damit schafft die Forschungsgruppe eine vielversprechende Grundlage, um ein implantierbares, mechanisch verstärktes und gewebebasiertes Herzpflaster für Menschen zu entwickeln. Langfristig soll der RCPatch bei Myokardschäden eingesetzt werden, mit dem Ziel, den Defekt nicht nur zu reparieren, sondern das Gewebe zu regenerieren und damit das Herz zu heilen. In den nächsten Schritten wollen die Forschenden das Material weiterentwickeln und seine Stabilität in länger dauernden Tierstudien untersuchen. 


Quelle: ETH Zürich 

12.08.2025

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