Artikel • Dual Energy

Mehr Energie für die CT

Dual-Energy-CT-Scanner machen es möglich, computertomographische Untersuchungen mit zwei verschiedenen Strahlungsenergien simultan durchzuführen. Diese Zwei-Spektren-Bildgebung dient dazu, unterschiedliche Materialien zu visualisieren und voneinander unterscheiden zu können.

Bericht: Karoline Laarmann

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Prof. Dr. Marc Kachelrieß ist Leiter der Abteilung für Röntgenbildgebung und CT am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg.

Auf diese Weise kann z.B. Iodkontrastmittel von Kalkeinlagerungen getrennt betrachtet werden oder es lassen sich Tumoren hinsichtlich der Materialzusammensetzung charakterisieren. Was aber bedeutet es, wenn sich mit nur einem Scan mehr als zwei Energiebereiche erfassen lassen? Genau das versuchen Wissenschaft und Industrie gerade herauszufinden. So testet der Medizintechnikriese Siemens gerade zwei Prototypen eines Multi-Energy-CTs in den USA. Diese Geräte sind in der Lage, mittels vier im Detektor befindlicher Energieschwellen vier Energiebereiche simultan zu erfassen. „Das bedeutet aber nicht, dass man dann ohne Weiteres vier verschiedene Materialien im Körper unterscheiden kann“, erklärt Diplom-Physiker Prof. Dr. Marc Kachelrieß, Leiter der Abteilung für Röntgenbildgebung und CT am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. „Der Mensch besteht nicht aus genügend verschiedenen röntgenspezifischen Komponenten. Denkbar wäre jedoch, dass neue Kontrastmittel entwickelt werden, die sich von der Molekülzusammensetzung des Patienten und anderer Kontrastmittel derart unterscheiden, dass man sie separat darstellen kann.“

Mehr Energie für die CT

Die Detektorelemente können die Photonen nicht beliebig schnell zählen.

Marc Kachelrieß

Ermöglicht wird die Multi-Energy-CT durch neuartige energieselektive Bildempfänger, die jedes Röntgenphoton einzeln zählen und unterscheiden können, in welchem Energiebereich es liegt. Das Photonenzählen bringt gegenüber der jetzigen Technologie viele Vorteile: Konventionelle Detektoren messen lediglich den Photonenfluss. Dieser Messvorgang erzeugt ein elektronisches Rauschen, das sich zusätzlich zum Quantenrauschen der Röntgenphotonen auf das Bild überträgt. Um eine diagnostisch verwertbare Aufnahme zu bekommen, muss die Strahlendosis so niedrig wie möglich, aber so hoch wie nötig angesetzt werden, damit die CT-Bilder nicht nur aus Rauschen bestehen. Die neuen Detektoren umgehen das Elektronikrauschen, indem sie nur die Photonen zählen, die eine bestimmte Energieschwelle nicht unterschreiten. Folglich reicht eine niedrigere Dosis aus, um diagnostisch verwertbare Bilder zu erhalten.

Die klinisch wahrscheinlich wichtigste Eigenschaft der photonenzählenden Detektoren ist ihre besonders hohe Ortsauflösung. Prof. Kachelrieß erläutert, wie das funktioniert: „Die Detektorelemente können die Photonen nicht beliebig schnell zählen. Deshalb entspricht ihre Fläche nur circa einem Viertel der Fläche der herkömmlichen Detektorpixel. Dadurch kommen zum einen weniger Photonen pro Detektorelement an, sodass jeder Pixel weniger zählen muss. Zum anderen sind die Pixel dann auch kleiner, was wiederum zu der gewünschten höheren Ortsauflösung führt.“ Im Gegensatz zu den heute gängigen Dual-Energy-CTs muss der Radiologe nicht bereits vor der Untersuchung entscheiden, ob er eine hohe Auflösung haben möchte oder überhaupt eine spektrale Bildgebung durchführen will. Alle Informationen sind bereits in den Rohdaten gespeichert und können retrospektiv abgerufen werden. Die zusätzlichen Informationen stehen also stets zur Verfügung.

Mehr Energie für die CT

Darüber hinaus rechnen die innovativen Multi-Energy-Systeme die CT-Datensätze aus den unterschiedlichen Energiebereichen statistisch optimal zusammen: „Das heißt, wenn vier Bilder aus vier unterschiedlichen Energiebereichen aufgenommen werden, werden diese nicht einfach nur zu einem Bild gemittelt, sondern das qualitativ bessere Bild aus einem Energiebereich wird höher gewichtet als das qualitativ schlechtere Bild aus einem anderen Energiebereich. Dadurch ergibt sich noch einmal eine enorme Dosisersparnis von schätzungsweise 20 Prozent gegenüber herkömmlichen Detektoren, die nur in einem Energiebereich messen.“

Bisher halten sich die Gerätehersteller noch bedeckt, was die Markteinführung neuer Multi-Energy-CTs angeht. Kachelrieß schätzt, dass frühestens 2020 mit einem Launch zu rechnen ist, wahrscheinlich eher später: „In Bezug auf die Robustheit der Detektoren scheint es noch einiges zu tun zu geben. Letztendlich handelt es sich um eine völlig neue Technologie und um diese zur Marktreife und Marktakzeptanz zu bringen, muss sie mindestens so gut sein wie die jetzigen CT-Scanner.“


Profil:

Prof. Dr. Marc Kachelrieß, Diplom-Physiker, forschte und lehrte von 2005 – 2014 als Professor für Medizinische Bildgebung am Institut für Medizinische Physik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, bevor er dem Ruf einer W3-Professur für Röntgenbildgebung und CT an die Universität Heidelberg und an das Deutsche Krebsforschungszentrum folgte. Seit 2009 ist er zudem Gastprofessor der Radiologischen Fakultät der Universität Utah, Salt Lake City, USA. Marc Kachelrieß ist Autor oder Koautor von mehr als 600 Veröffentlichungen. Er ist Organisator bzw. Mitorganisator mehrerer Konferenzen im Bereich der CT-Bildgebung und der CT/SPECT/PET-Bildrekonstruktion.


Veranstaltung:

Donnerstag, 18.01.2018, 

08:50-09:10 Uhr

Multienergy CT und photonen zählende Detektoren

Marc Kachelrieß, D-Heidelberg

Session: Innovationskraft CT

15.01.2018

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