Patientensicherheit

Medizinische Einsatzteams in Krankenhäusern können Notfälle vermeiden

In Deutschland etablieren sich zunehmend Medizinische Einsatzteams (MET) in Krankenhäusern. Sie sollen dafür sorgen, dass Notfälle erst gar nicht entstehen. Schon vor der Operation wird von diesen Teams abgeschätzt, wie hoch das individuelle Risiko für den Patienten ist. Nach dem Eingriff werden zudem relevante intraoperative Veränderungen von Kreislauf, Blutverlust und Lungenfunktion ausgewertet. Das alles mit dem Ziel, früh reagieren zu können, sollte sich der Gesundheitszustand verschlechtern. MET sind ein wichtiger Baustein der Patientensicherheit, dessen Nutzen durch viele internationale Studien belegt wurde. Erfolgreich eingesetzt werden sie derzeit beispielsweise an den Universitätskliniken in Bonn, Dresden, Mainz und Münster sowie am Klinikum St. Marien in Amberg. „Unser Ziel ist es, in Deutschland eine präventive Intensivmedizin zu etablieren, um Notfälle von Anfang an zu vermeiden. Dabei können MET helfen“, sagt Professor Dr. Frank Wappler, Kongresspräsident des diesjährigen Deutschen Anästhesiecongresses (DAC) in Leipzig.

Photo: Medizinische Einsatzteams in Krankenhäusern können Notfälle vermeiden
Quelle: panthermedia.net / Wavebreakmedia ltd

Eine zusätzliche Betreuung und Überwachung durch ein Medizinisches Einsatzteam gewährleistet eine verbesserte Sicherheit für Patienten, die sich im Krankenhaus einer Operation unterziehen müssen. Die Tätigkeit des MET gliedert sich in geplante postoperative Visiten von Risikopatienten und eine 24-stündige Konsilbereitschaft für Patienten der operativen Kliniken. Durch diese Maßnahmen kann schon frühzeitig erkannt werden, wenn es dem Patienten schlechter geht, so dass es möglichst nicht zu einer Verlegung auf die Intensivstation oder sogar zum Herzkreislaufstillstand kommt. Denn die Patienten weisen oft schon einige Stunden vor einem Herzstillstand bestimmte Zeichen einer Verschlechterung auf. Diese wertvolle Zeit muss genutzt werden, um rechtzeitig und präventiv zu intervenieren. Genau an diesem Punkt setzen die MET an. Ziel ist es, verlängerte Krankenhausaufenthalte, eine ungeplante Aufnahme auf die Intensivstation und Todesfälle zu vermeiden.

International ein Erfolg – das belegen aktuelle Studien

Aktuelle Studien zeigen, dass die Einführung von MET den gewünschten Erfolg bringt: So belegt eine niederländische Studie, dass die landesweite Einführung Medizinischer Einsatzteams mit weniger Herz-Lungen-Versagen, ungeplanten Verlegungen auf die Intensivstation und Sterblichkeit der Patienten in den Krankenhäusern verbunden ist. Eine weitere Studie bestätigt diese Ergebnisse: Medizinische Einsatzteams können die Fälle von Herzversagen reduzieren und effektiv die Sterblichkeit in Krankenhäusern verringern. Die frühe Erkennung der Verschlechterung des Gesundheits­zustandes des Patienten und daran anschließend präventive Maßnahmen zur Vermeidung eines Herzstillstands sind der Schlüssel zum Überleben.

Das Medizinische Einsatzteam am Universitätsklinikum Münster

Am Universitätsklinikum Münster wurde vor kurzem ein Medizinisches Einsatzteam ins Leben gerufen: „Bei Patienten, die operiert werden, besteht je nach Vorerkrankung und Art des Eingriffes das Risiko, nach der OP Komplikationen zu entwickeln und zum Notfall zu werden. Diese Patienten werden an unserer Klinik bereits vor der OP identifiziert. Nach dem Eingriff erhalten diese eine zusätzliche Visite von einem Facharzt für Anästhesie“, erklärt Professor Dr. Dr. h.c. Hugo Van Aken, Direktor der Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie. Parallel werde auf den Stationen standardmäßig neben Blutdruck, Puls, Körpertemperatur und Schmerzen auch die Sauerstoffsättigung der Patienten bestimmt und dokumentiert. „Studien belegen, dass dieser Wert ein entscheidendes Alarmierungskriterium bei sich anbahnenden Komplikationen ist“, so Van Aken. Ergänzt werden diese Maßnahmen durch einen Beratungsdienst für alle Stationen, die Patienten vor und nach der OP betreuen. Rund um die Uhr kann ein Facharzt mit intensivmedizinischer Erfahrung von den Stationen angefordert werden, sobald sich der Zustand eines Patienten nach der OP verschlechtert – schon bevor die Situation akut lebensbedrohlich wird. „Wir wollen eingreifen, bevor der Fall zum Notfall wird“, bringt es Van Aken auf den Punkt.

„Auch an der Universitätsklinik Dresden haben wir vor vier Jahren MET eingeführt. Mit Erfolg, wir konnten damit die Rate an Herz-Kreislauf-Stillständen deutlich vermindern“, berichtet Professor Dr. Thea Koch, Präsidentin der DGAI. „Um die Etablierung von Medizinischen Einsatzteams flächendeckend zu fördern, hat die DGAI eine Task Force MET gegründet“, so Koch weiter.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI)

14.04.2016

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