Klinikärzte bewerten immaterielle Faktoren höher als materielle für berufliche Zufriedenheit

Für die berufliche Zufriedenheit von Klinikärzten sind "weiche" immaterielle Faktoren deutlich wichtiger als "harte" materielle Faktoren. Den Bedürfnissen und Erwartungen von Klinikärzten wird seitens der Arbeitgeber bislang jedoch nur unzureichend entsprochen. Dies geht aus einer Kurzstudie von MHC hervor.

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Für die Kurzstudie hat MHC Ende 2009 Klinikärzte - vom Assistenzarzt  bis zum Chefarzt - insgesamt 65 Einzelkriterien hinsichtlich ihrer Wichtigkeit für die Arbeitsplatzattraktivität bewerten lassen. Um die Kriterien besser untereinander vergleichen zu können, wurde für jeden Aspekt die relative Wichtigkeit (Mittelwertberechnung) bestimmt. An der Befragung haben 49 Klinikärzte teilgenommen.

Geldleistungen spielen nur untergeordnete Rolle

Der für die Arbeitsplatzattraktivität als am wichtigsten beurteilte Aspekt ist wenig überraschend der Bürokratieabbau: 76 Prozent der Befragten halten diesen Aspekt für "sehr wichtig", 24 Prozent für "wichtig". Auf Rang zwei folgen gleichauf die Unterstützung durch Vorgesetzte sowie selbständiges Arbeiten, auf Rang drei die
mitarbeiterorientierte Führung. Auch der Faktor Anerkennung hat eine hohe Bedeutung: Sogar 78 Prozent der befragten Klinikärzte halten dieses Kriterium für "sehr wichtig". Insgesamt liegt dieser Wert auf  Rang vier, gemeinsam mit der Arbeit im Team. Ein subjektiv als gut  empfundenes Gehalt liegt hinsichtlich der Wichtigkeit nur auf Rang sechs im Vergleich aller Einzelkriterien; knapp 60 Prozent halten dies für "sehr wichtig". Eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, die häufig in der öffentlichen Diskussion thematisiert  wird, folgt erst auf Rang zehn.

"Geldleistungen sind bei weitem nicht das wichtigste Kriterium für Klinikärzte, um mit ihrer Arbeit zufrieden zu sein", sagt Falk H. Miekley, geschäftsführender Gesellschafter von MHC. In der öffentlichen Diskussion entstehe jedoch häufig der Eindruck, dass es Klinikärzten in erster Linie auf finanzielle Aspekte ankomme, so Miekley weiter. Die vorliegende Kurzstudie zeige, dass dies differenzierter betrachtet werden müsse.

Führungsmethoden haben hohe Bedeutung

Aus der Kurzstudie geht hervor, dass Führungsmethoden eine besonders hohe Relevanz für die Arbeitsplatzattraktivität im Kliniksektor haben. Unter den ersten fünf Rangplätzen liegen allein drei Einzelkriterien aus diesem Bereich: Unterstützung durch Vorgesetzte, mitarbeiterorientierte Führung, Arbeit im Team.

Ferner hat sich herausgestellt, dass für die befragten Klinikärzte auch übergeordnete unternehmerische Themen eine bedeutende Rolle spielen. Beispielsweise beurteilen Klinikärzte betriebliche Zukunftsthemen wie Personalstruktur und -entwicklung, Wirtschaftlichkeit des Betriebs und Verbesserung der Ablaufprozesse als wichtig - alle drei Kriterien sind unter den ersten zehn Rangplätzen vertreten. Hinsichtlich unternehmerischer Herausforderungen würden viele Ärzte gerne noch stärker an Qualitätsverbesserungen oder technischer Innovation mitwirken. Strukturelle Faktoren wie eine gute Verkehrsanbindung oder Freizeitangebote spielen eine vergleichsweise geringe Rolle. Einzig das Vorhandensein öffentlicher Schulen und Kindergärten hat unter den
strukturellen Kriterien eine herausragende Bedeutung.

Größter Nachholbedarf in Kliniken: Bürokratieabbau, Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, Personalentwicklung

Neben der Bewertung der einzelnen Aspekte nach ihrer Wichtigkeit konnten die befragten Ärzte zudem angeben, ob die jeweiligen Kriterien tatsächlich bei ihrem Arbeitgeber beziehungsweise im Arbeitsumfeld vorhanden sind. Auch hier liegt der Bürokratieabbau deutlich vorne: Nur 2 Prozent derjenigen, die den Bürokratieabbau als
wichtig oder sehr wichtig erachten, sehen dies bei ihrem Arbeitgeber auch in die Tat umgesetzt. Ebenfalls sehr hohen Nachholbedarf gibt es bei der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, der Personalstruktur und -entwicklung sowie der Konsensbildung zwischen Administration, Pflege und Ärzteschaft innerhalb des klinischen Betriebs.

Bedürfnisse der Klinikärzte ernst nehmen

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass den tatsächlichen Bedürfnissen und Erwartungen der Klinikärzte bislang zu wenig entsprochen wird. Angesichts des zunehmenden Ärztemangels an Kliniken wird der Handlungsbedarf offensichtlich: "Kliniken tun bislang zu wenig, um ihre Attraktivität als Arbeitgeber zu erhöhen und Ärzte langfristig
an sich zu binden", stellt Falk H. Miekley von MHC fest. Viele Kliniken scheuten jedoch eine intensivere Auseinandersetzung mit den relevanten Faktoren - sei es aus zeitlichen Gründen, aufgrund mangelnder personeller Ressourcen oder auch aus Angst vor Veränderung, die sowohl personelle als auch strukturelle Konsequenzen mit sich bringen könne, so Miekley. Kliniken, die den Vergütungswettbewerb mit zahlungskräftigen Industriezweigen des Gesundheitssektors abmildern möchten, sollten sich daher verstärkt auf die Verbesserung der immateriellen Faktoren konzentrieren.

Die Studie kann kostenlos angefordert werden unter www.mhcsearch.de/news

Bild: pixelio/Claudia35

06.05.2010

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