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Hoffnung auf bessere Vergütung
Der Vorwurf, Radiologen würden beim Thema „Vergütung“ auf hohem Niveau klagen, gilt schon lange nicht mehr. Das sieht auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) inzwischen so.
Die Berufsgruppe belegt zwar bei den Umsätzen den ersten Platz, aber beim Einkommen liegen die Radiologen abgeschlagen hinter anderen Facharztgruppen im Mittelfeld. Das hängt nicht zuletzt an den hohen Investitions- und Betriebskosten für die Untersuchungsgeräte.
Die geplante Reform des einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) macht Hoffnung auf eine gerechtere Vergütung, denn erstmals soll diese weniger politisch und mehr betriebswirtschaftlich orientiert sein und damit auch die Kosten stärker berücksichtigen. Auch die Novelle der Gebührenordnung für Ärzte (GoÄ) strebt Ähnliches an.
Reform des EBMs frühestens 2017
Die Schweiz macht es vor: „Das schweizerische Vergütungssystem TARMED (Abkürzung für Tarif médical) tariert die Einkommen innerhalb und zwischen den verschiedenen ärztlichen Berufsgruppen unter betriebswirtschaftlichen Aspekten aus. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat dieses System nun übernommen, um den EBM zu novellieren. Der Berufsverband der Deutschen. Radiologen hat entsprechend der Vorgaben der KBV und mit schweizerischer Unterstützung die für die Radiologie relevanten Kapitel des EBMs komplett neu erstellt und fristgerecht eingereicht“, schildert Dr. Detlef Wujciak, Schriftführer und Mitglied im Vorstand des Berufsverbands Deutscher Radiologen und niedergelassener Radiologe in Halle/Saale, die augenblickliche Situation. Die Vorschläge der verschiedenen Fachgruppen werden innerhalb der KBV im kommenden Jahr sicherlich heftig diskutiert. Nach dem aktuell bekanntgegebenen Zeitplan der KBV treten die Änderungen erst zum 1. Juli 2017 in Kraft. Die Botschaft der Radiologen: „Die radiologische Meinungsbildung ist abgeschlossen, unser Vorschlag zum neuen EBM liegt der KBV vor, die formal damit zufrieden ist. Ohne die politische Diskussion 2016 gefährden zu wollen, hat der Vorschlag deutlich gemacht, dass die radiologischen Leistungen bisher nicht adäquat bewertet werden“, erklärt Dr. Wujciak, der betont, dass das Vorgehen eng mit der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG) abgestimmt ist.
Anerkennung als Kassenleistung
Es gibt eine ganze Menge neuer Untersuchungsmethoden und -techniken, hauptsächlich in der MRT, die als Leistung bislang überhaupt nicht existieren.
Dr. Detlef Wujciak
Im bislang gültigen EBM werden die Umstände der Befundung, also die Computertechnik von den speziellen Befundmonitoren bis hin zu RIS- und PACS-Systemen, sowohl im Hinblick auf die laufenden Kosten als auch die Investitionen nicht berücksichtigt. Nach Ansicht von Dr. Wujciak hat das zu einer Investitionszurückhaltung in vielen Praxen geführt. Das soll sich nun ändern. Eine weitere Anpassung besteht in der Abbildung der modernen Entwicklungen in der CT- und MRT-Diagnostik. „Es gibt eine ganze Menge neuer Untersuchungsmethoden und -techniken, hauptsächlich in der MRT, die als Leistung bislang überhaupt nicht existieren. Nach unserem Vorschlag sollen zum Beispiel die moderne Angiographie, die Diffusionsbildgebung und die funktionelle Diagnostik in den EBM aufgenommen und entsprechend vergütet werden. PET-CT und PET-MRT sind danach immer noch keine EBM-Leistungen, die Entscheidung dafür liegt beim einheitlichen Bewertungsausschuss, der sich bislang nicht mehrheitlich dafür ausgesprochen hat, diese Leistungen als Kassenleistungen anzuerkennen, bis auf wenige Ausnahmen beim PET-CT“, so Dr. Wujciak.
GoÄ-Novellierung und Durchsetzung in den Ländern
Auch für die Novellierung der GoÄ, die nach derzeitigem Stand im Oktober 2016 in Kraft treten soll, hat der Berufsverband Deutscher Radiologen die Zuarbeit für die Bundesärztekammer (BÄK) erbracht. Hier wurde keine neue Agenda erstellt, weil bei der Privatvergütung ohnehin mehr Leistungen honoriert werden als beim EBM. Bislang gäbe es dazu von der BÄK wenig Rückmeldung, so der Radiologe.
Anders als die GoÄ, die eine Bundesgebührenordnung ist und auch in den Ländern gilt, wird der EBM von der KBV verabschiedet, kann aber in jedem Bundesland anders angewendet werden. „Eine Fachgruppe, die im EBM vernünftig abgebildet und gut bewertet wird, kann in den Ländern eine unterschiedliche Vergütung bedeuten, das ist der Fluch des Föderalismus. Die Länderinteressen konterkarieren den EBM, weil in den kassenärztlichen Vereinigungen der Länder unterschiedliche Interessen hinsichtlich der Fachrichtungen durchgesetzt werden und die Einnahmesituation von Land zu Land differiert“, so der künftige Vorsitzende des Berufsverbands. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Radiologen als relativ kleine Fachgruppe beim Mehrheitsprinzip der Kassenärztlichen Vereinigungen Bündnispartner zur Durchsetzung ihrer Interessen suchen müssen. Auch die neue Reform wird daran vermutlich nichts ändern. „Aber wir haben ein besseres Vorbild und die Kollegen können auf die starke Abweichung vom Bundesdurchschnitt hinweisen und sagen: ‚Bitte helft uns oder wir klagen.‘ Erfolge vor Gericht sind zwar selten, aber nicht ausgeschlossen. Auch nach der Etablierung von neuem EBM und überarbeiteter GoÄ kann man mit einer Klagewelle rechnen.“
Systemwechsel und Stärkung der Unternehmerkomponente
Im Grunde stellt der neue EBM einen Systemwechsel dar.
Dr. Detlef Wujciak
Dennoch besteht die Hoffnung, dass ein auf betriebswirtschaftlichen Grundsätzen kalkuliertes System radiologische Leistungen nicht so stark abwerten kann wie in der Vergangenheit. „Es wird schwierig werden zu behaupten, dass eine MRT-Untersuchung, die 100 Euro kostet, für 60 Euro erbracht werden soll – es sei denn, es ist politischer Wille, das zu korrigieren und unwirtschaftlich zu machen. Im Grunde stellt der neue EBM einen Systemwechsel dar“, so Dr. Wujciak. Denn bislang sind viele politische Entscheidungen in den EBM eingeflossen, die nicht betriebswirtschaftlich unterlegt waren. Der neue EBM trägt somit der Unternehmerkomponente, die in der Radiologie aufgrund der hohen Investitionen sehr hoch ist, viel besser Rechnung, als das bislang der Fall war.
Profil:
Dr. Detlef Wujciak ist seit 30 Jahren als Facharzt für Radiologie und seit 23 Jahren in eigener Niederlassung in Halle/Saale tätig. Ebenso lange wie die Selbstständigkeit währt auch seine Mitgliedschaft im Berufsverband Deutscher Radiologen. Ab Februar 2016 wird er der Interessenvertretung als Vorsitzender des Bundesverbands vorstehen.
Veranstaltungshinweis
Raum: Congress-Saal
Donnerstag, 29.10.2015, 16:05–16:15 Uhr
GoÄ-Novellierung und EBM aus Sicht der Berufsverbände: Berufsverband Deutscher Radiologen
Detlef Wujciak, Halle/Saale
Anmeldung erforderlich.
27.10.2015