Gelungene Weltpremiere in Herne

Erste Implantation eines innovativen Defibrillators

Für Menschen, die bereits einen ausgeprägten Herzinfarkt erlitten haben oder die unter einer schweren Herzschwäche leiden, ist das Risiko lebensbedrohlicher Herzrhythmusstörungen deutlich erhöht. Unter die Haut transplantierte Defibrillatoren können die Betroffenen, ähnlich wie Herzschrittmacher, vor unerwarteten Takt-Störungen des Herzens schützen.

Prof. Dr. Hans-Joachim Trappe, Direktor der Kardiologie im Marien Hospital Herne
Prof. Dr. Hans-Joachim Trappe, Direktor der Kardiologie im Marien Hospital Herne

Im Marien Hospital Herne wurde jetzt einem 54-Jährigen das weltweit erste Modell eingesetzt, das sich – neben der Abgabe von Elektroschocks bei Kammerflimmern - an der Atemfrequenz der Betroffenen zur Regulierung der Herzfrequenz orientiert. Für die Patienten bedeutet dies mehr Sicherheit und eine deutliche Steigerung der Lebensqualität.

Bei dem neuen Modell handelt es sich um einen automatisch implantierbaren Defibrillator (ICD) mit einem Atemvolumensensor. Defibrillatoren geben bei lebensgefährlichen Rhythmusstörungen Stromstöße ab, während Herzschrittmacher Impulse abgeben, wenn Herzrhythmusstörungen das Herz aus dem Takt bringen. Bisher verfügten die meisten Defibrillatoren über einen Aktivitätssensor. Dieser registriert die Aktivität der Muskeln und passt falls notwendig die Herzfrequenz an. "Dieses Verfahren hat allerdings Nachteile", erläutert Prof. Dr. Hans-Joachim Trappe, Direktor der Kardiologie im Marien Hospital Herne. "Beim Fahrradfahren werden z. B. nur die Muskeln in den Beinen aktiviert, nicht jedoch im Oberkörper. Da die Signale der Muskeln den Defibrillator nicht erreichen, wird die Herzfrequenz nicht der körperlichen Leistung angepasst."

Das innovative System, welches das Team um Prof. Trappe dem 54-Jährigen jetzt implantierte, orientiert sich hingegen am Atemvolumen der Patienten. Der Defibrillator ist mit einem Atemvolumensensor versehen. Dieser überwacht die Atemfrequenz und reguliert daraufhin die Herzfrequenz, besonders wenn es zu körperlichen Belastungen kommt. Prof. Trappe: "Dieses Verfahren ist neben einem funktionierenden Herzen die natürlichste Möglichkeit, die Herzfrequenz zu steigern. Bei körperlichen Anstrengungen passt sich die Atmung als erstes an." Somit eignet sich das neue Modell besonders für Betroffene, die eine zu niedrige Pulsfrequenz aufweisen oder bei denen der Puls bei Belastungen nicht ausreichend ansteigt. Das ist bei Patienten mit Herzschwäche und eingeschränkter Pumpleistung des Herzens öfter der Fall.

So wie im Fall des operierten Patienten. Er leidet seit längerem unter einer schweren koronaren Herzkrankheit. Nach mehreren Katheterinterventionen und einer Bypass-Operation liegt die Pumpleistung seines Herzens bei 35 Prozent. Die Folge: ein zu niedriger Ruhepuls, der auch bei Belastungen nicht ansteigt. Die geringe Pumpleistung führt dazu, dass der Patient schon bei kleinsten Belastungen an Luftnot leidet und in seiner Lebensqualität deutlich eingeschränkt ist.

"Mit dem neuen Defibrillator können wir die Herzkrankheit nicht heilen, aber wir können den Betroffenen Sicherheit und Lebensqualität zurückgeben", so Prof. Trappe. Dabei profitieren die Patienten nicht nur von dem Atemsensor. Der Defibrillator ist nur 9.9 mm dick und wiegt unter 70g. Damit ist er deutlich kleiner und leichter als andere Modelle, die bis zu 130g wiegen können. Durch eine runde Form bewegt sich das Gerät weniger und zeichnet sich unter der Haut kaum ab. Zudem ist die Infektionsrate, die bei in den Körper implantierten Fremdkörpern immer besteht, deutlich geringer.

Die ersten Defibrillatoren wurden in Deutschland 1984 an der Medizinischen Hochschule Hannover und an der Universität Düsseldorf entwickelt und implantiert. Schon damals begleitete Prof. Dr. Hans-Joachim Trappe in Hannover diese Entwicklungen. Durch die 30-jährigen Erfahrungen mit der Defibrillatortherapie waren die Kliniken sowohl in Hannover als auch in Herne immer an der fortwährenden Entwicklung neuer Defibrillatoren bzw. welt- und europaweiten Defibrillatorimplantationen beteiligt
 

06.02.2014

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