Notfalldiagnostik
Fliegende Intensivstationen: Ultraschallgeräte in Rettungshubschraubern
Etwa 21 Millionen Menschen treffen jährlich in deutschen Notaufnahmen ein. Im Kampf zwischen Leben und Tod zählt für diese Patienten jede Minute. Wenn sie schon kurz nach dem Unfall zielgerichtet behandelt werden können, verbessern sich ihre Überlebenschancen erheblich. Damit Notfallmediziner in solchen Fällen schnell die richtige Diagnose stellen können, kommen in den Rettungshubschraubern der DRF Luftrettung und zunehmend auch in Notarzteinsatzfahrzeugen mobile Ultraschallgeräte zum Einsatz. Experten der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM) schulen die Notärzte und Rettungsassistenten.
Mit mobilen Ultraschallgeräten können Notärzte beispielsweise innere Blutungen direkt am Unfallort identifizieren und sie bei Bedarf auch für Untersuchungen im Herzbereich anwenden. „Mit fokussierter (Notfall-)sonografie kommen Notfallmediziner oftmals schneller beziehungsweise überhaupt zur richtigen Diagnose“, sagt Dr. med. Wolfgang Heinz, Leiter des Arbeitskreises Notfallsonografie der DEGUM, Internist, Notfall- und Intensivmediziner in Stuttgart. „Schon am Unfallort können sie notwendige erste Behandlungsschritte einleiten und dann die richtige Klinik zur Weiterbehandlung des Patienten anfliegen.“ Zudem könnten Notfallmediziner wichtige Informationen über den Erkrankten bereits an die Zielklinik weiterleiten und so wertvolle Zeit sparen. Ein weiterer Vorteil: die diagnostische Bildgebung erfolgt ganz ohne Strahlenbelastung für den Patienten.
Die modernen kleinen Ultraschallgeräte bieten heutzutage eine erstaunlich gute Bildqualität. Die DRF Luftrettung hat beispielsweise alle ihre Rettungshubschrauber mit kleinen hochmobilen Ultraschallgeräten ausgerüstet. „Damit Notärzte und Rettungsassistenten die Geräte professionell einsetzen können, schulen wir sie ausführlich“, so Heinz, der selbst als Notarzt bei der DRF Luftrettung tätig ist. „Wir führen sie zunächst theoretisch in wichtige Praktiken der Sonografie ein, zeigen anschließend Fallbeispiele und geben ihnen in einem Praxisteil die Möglichkeit, Ultraschalldiagnosen unter realitätsnahen Einsatzbedingungen an Testpersonen und Patienten zu stellen.“
Wichtig bei der Ultraschall-Ausbildung ist dabei, dass auf die in der Notfallmedizin relevanten Situationen und Fragestellungen abgehoben wird. Um einen hochwertigen Standard für die Basisausbildung in der Notfallsonografie zu ermöglichen, hat die DEGUM gemeinsam mit den Gesellschaften für Ultraschall der Schweiz und Österreich (SGUM und ÖGUM) ein qualitativ hochwertiges Curriculum für einen Basiskurs entwickelt. „Der Kurs richtet sich dabei an Ultraschallanfänger, es sind keine Vorkenntnisse notwendig“, erläutert DEGUM-Experte Heinz.
Für die Rettungskräfte und Notfallmediziner funktioniert dieses Konzept gut: Die Stuttgarter Hubschrauberbesatzung der DRF Luftrettung konnte ihr Sonografiegerät beispielsweise kürzlich bei einem Unfall erfolgreich einsetzen. Ein Arbeiter war mehrere Meter in die Tiefe gestürzt, es bestand akuter Verdacht auf innere Blutungen. Noch am Einsatzort konnte der Hubschraubernotarzt mit Hilfe des mobilen Sonografiegerätes diese lebensbedrohlichen Blutungen ausschließen.
Der Weg zur weiten Verbreitung der Ultraschallgeräte in der Notfallsonografie war lang: „Viele Jahre herrschte die Vorstellung, dass die Ultraschalldiagnostik den Spezialisten der jeweiligen Fachrichtungen vorbehalten sei“, sagt Heinz. „Mittlerweile hat sich die eher symptombezogene Sonografie in Notfällen gegenüber der organspezifischen aber stärker durchgesetzt. Die Sonografie ist durch die kleinen Geräte mobil geworden. Wir sind (hoffentlich) bald soweit, dass eine fokussierte Sonografie bei Notfallpatienten so selbstverständlich zur Erstuntersuchung gehört, wie z.B. die Auskultation.“ Neben den kleinen Ultraschallgeräten führen die Rettungshubschrauber der DRF Luftrettung alle medizinischen Geräte mit sich, die für eine optimale Patientenversorgung notwendig sind. An Bord der Hubschrauber sind immer ein Pilot, ein Notarzt und ein Rettungsassistent. Einsatzorte im Umkreis von 60 Kilometern können innerhalb von 15 Flugminuten erreicht werden, um Schwerverletzten oder schwer erkrankten Menschen im Kampf zwischen Leben und Tod innerhalb kürzester Zeit zu helfen.
Quelle: DEGUM
27.03.2017