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Die Elastographie – eine sinnvolle Ergänzung
Die manuelle Palpation ist das wohl älteste diagnostische Verfahren um pathologisches Gewebe von gesundem zu unterscheiden. Die moderne Elastographie kann ähnlich dieser als eine „elektronische Palpation“ angesehen werden.
Sie ist vielseitig anwendbar, hat mit ihren beiden unterschiedlichen Methoden aber auch Vor- und Nachteile. Dr. Juan Fernández Sánchez, Leitender Oberarzt der Abteilung Radiologie und Nuklearmedizin am Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart, kennt die Möglichkeiten und Grenzen der Elastographie bei der Beurteilung von Schilddrüsenknoten.
Es existieren zwei Hauptmethoden der Elastographie: Die Strain Elastrographie, auch Real-Time oder Kompressionselastographie genannt, und die Scherwellenelastographie. „Die Real-Time Elastographie ist weiter verbreitet, auch weil die ersten Geräte lediglich diese Methode beherrschten“, bestätigt der Elastographie-Experte. „In den meisten Kliniken wird die Strain Elastographie angewandt“, erklärt er.
Vor- und Nachteile
Eine Untersuchung, die wir jetzt machen, kann von einem anderen Kollegen zehn Minuten später mit ähnlichen Ergebnissen wiederholt werden.
Dr. Juan Fernández Sánchez
Während die Scherwellenelastographie weniger untersucherabhängig und in ihrer Anwendung einfacher ist, muss bei der Real-Time Elastographie eine gewisse Lernkurve eingeplant werden. „Es herrscht die Meinung vor, dass die Scherwellenelastographie kompliziert ist“, so Fernández Sánchez, „aber im Prinzip muss der Anwender fast nur die Tastenbelegung verinnerlichen. Es gibt nicht so viele Besonderheiten zu erlernen wie bei der Real-Time Elastographie.“
Der Vorteil der Scherwellen liegt klar in der Objektivität dieser Untersuchungsmethode. „Eine Untersuchung, die wir jetzt machen, kann von einem anderen Kollegen zehn Minuten später mit ähnlichen Ergebnissen wiederholt werden. Allerdings hat die Scherwellenszintigraphie auch Limitationen“, erläutert Fernández Sánchez.
Der Vorteil der Real-Time Elastographie hingegen liegt in der Strain-Ratio. Diese ergibt sich aus der Messung des perinodulären Schilddrüsengewebes und des Knotens in der Schilddrüse, der untersucht werden soll. „Wenn die Strain-Ratio richtig ausgewertet wird, können wir daraus direkt auf die Verdächtigkeit des Knotens schließen“, so der Experte. Der Einwand vieler Ärzte sei, dass es zu viele Patienten mit mehrfachen Knoten in der Schilddrüse gebe, daher sei die Strain-Ratio weniger gut als Bewertungskriterium anzusehen. „Bei Knoten mit Makroverkalkungen und großen Zysten ist die Aussagekraft der Strain Ratio eingeschränkt“, räumt Fernández Sánchez ein.
Die Knoten bilden sich in der Regel durch eine Jod-Unterversorgung. Weil die Schilddrüse versucht, das fehlende Jod auszugleichen, entsteht mit der Zeit eine Hyperplasie. „Durch die gute Jod-Versorgung der Menschen werden Knoten in der Schilddrüse immer seltener auftreten“, ist sich der Experte sicher. „Die Abnahme der Knoten insgesamt ist eine gute Voraussetzung für die elastosonographische Untersuchung einzelner Knoten bei gesundem benachbartem perinodulären Gewebe“, verdeutlicht Fernández Sánchez.
Qualitätskontrolle bei der Kompression
Interessant ist für den leitenden Oberarzt vor allem eines: „Bei Vorträgen bedaure ich, dass wenig über die Qualitätskontrolle der Elastographie gesprochen wird und dass in den demonstrierten Abbildungen häufig nicht die Qualitätskontrolle des elastographischen Bildes (je nach Ultraschallgerät Sinuskurve oder Skala der Kompression) gezeigt wird“, bedauert Fernández Sánchez.
Klassifikationen zur Diagnose
Die Scherwellen sind dort eine Hilfe, wo man bei der Real-Time Elastographie eine klare Limitation erkennen kann. Fernández Sánchez erklärt, „Die Schilddrüse besteht aus einem rechten und einem linken Lappen, die durch den Isthmus verbunden sind. Manche Studien behaupten, dass die Härte der Trachea die Ergebnisse zur Elastizität eines Knoten in diesem Areal negativ beeinflussen könnte.“
Doch es gibt genug Orientierungswerte und Klassifikationen, anhand derer man die Gutartigkeit eines Knotens bewerten kann. „Aufgrund der inzwischen unglaublich guten Auflösung der Geräte, lassen sich die Knoten relativ klar katalogisieren“, erklärt der Arzt. „Es gibt eine Klassifikation der Schilddrüsenknoten, TIRADS, mit dem gleichen Konzept der BIRADS-Klassifikation von Knoten in der Mamma.“ TIRADS teilt die Knoten anhand einer Skala von 1 bis 6 in hundertprozentig gutartige bis maligne Pathologien ein. Durch die sonographische Analyse können die Knoten entsprechend klassifiziert und die weitere Vorgehensweise abgestimmt werden.
Elastographie als Zusatzkriterium
Ideal wäre ein Gerät, das beide Methoden miteinander kombiniert.
Dr. Juan Fernández Sánchez
„Die Elastographie soll als additive, ergänzende Methode im Rahmen der konventionellen Ultraschalluntersuchung durchgeführt werden“, so Fernández Sánchez, „am besten in Kombination von B-Bild und Farbdopplersonographie.“ Aber auch bei gutartigen Erkrankungen, wie der Thyreoiditis oder Morbus Basedow, kann eine Elastographie zur Indikation herangezogen werden. Wurde ein Patient aufgrund eines Schilddrüsenkarzinoms operiert, lässt sich die Elastographie sogar zur Verlaufskontrolle einsetzen. Für die Zukunft wünscht sich Fernández Sánchez eigentlich nur eins: „Ideal wäre ein Gerät, das beide Methoden miteinander kombiniert“, gesteht er.
Profil:
Dr. Juan Fernández Sánchez absolvierte sein Medizinstudium und seine Promotion an der Complutense Universität Madrid. Als Facharzt für Radiologie und Nuklearmedizin machte er bereits in verschiedenen Krankenhäusern Station, bevor er als Leitender Oberarzt in die Abteilung Radiologie und Nuklearmedizin zum Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart kam. Seine Schwerpunkte sind die Ultraschalldiagnostik, Nuklearmedizin, PET-CT, insbesondere die sonographische Diagnostik der Schilddrüse und die sonographische Evaluation der Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen.
Veranstaltung
Raum: A Flüela
Freitag, 25.09.2015, 13:30 Uhr
Elastographie der Schilddrüse
Juan Fernandez Sanchez, Deutschland
Session: Refresher Kopf/Hals: Spezielles am Hals Pathologische Veränderungen sind besser erkennbar:
24.09.2015