Covid-19: Immunabwehr reagiert auf Krankheitsvideos

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News • Studie zeigt Erhöhung der Antikörper

Covid-19: Immunabwehr reagiert auf Krankheitsvideos

Testpersonen, welche Videos von Menschen mit Covid-19-typischen Symptomen ansehen, produzieren mehr sekretorisches Immunglobulin A gegen das Spike-Protein des Coronavirus.

Das ist das Ergebnis einer Studie von Forschenden des Fachbereichs Biologie der Universität Hamburg in Kooperation mit der Universität Tübingen mit 45 Testpersonen. Die Studie ist in der Fachzeitschrift „Scientific Reports“ erschienen

Das sogenannte sekretorische Immunglobulin A (sIgA) im Speichel ist der wichtigste Antikörper zur Bekämpfung von Krankheitserregern in den Atemwegen. Es wird von Plasmazellen gebildet, bindet Antigene und verhindert deren Anheftung an Epithelzellen. So trägt sIgA wesentlich zur Immunabwehr bei. Frühere Studien haben bereits hohe Konzentrationen des für die Alphavariante des Coronavirus spezifische sIgA (Sars-CoV-2-specific sIgA) im Speichel mit asymptomatischen Covid-19-Infektionen in Verbindung gebracht, was auf seine schützende Rolle gegen Sars-CoV-2 hindeuten könnte.

Dass dieser Anstieg auftrat, obwohl es keine tatsächlichen Erreger gab, deutet darauf hin, dass das Sars-CoV-2-specific sIgA Teil einer proaktiven Immunreaktion sein könnte, welche die Mundhöhle auf das Eindringen von Viren vorbereitet

Esther Kristina Diekhof

Angesichts dieser Funktionen könnte Sars-CoV-2-specific sIgA auch das Potenzial zur Neutralisierung von Sars-CoV-2 im Körper haben. Forschende unter Leitung des Fachbereichs Biologie der Universität Hamburg haben nun herausgefunden, dass sich im Speichel von Testpersonen, welche ein Video von Menschen mit Covid-19-typischen Atemwegssymptomen ansehen, nach kurzer Zeit mehr spikeprotein-spezifisches sIgA befindet, als bei Personen, die ein Video mit gesunden Menschen sehen. „Die durchschnittliche Sekretion stieg um 24,4% nach fünf Minuten Stimulation mit einem Krankheitsvideo“, sagt Juniorprofessorin Dr. Esther Kristina Diekhof vom Fachbereich Biologie der Universität Hamburg und Senior-Autorin der Studie. „Dass dieser Anstieg auftrat, obwohl es keine tatsächlichen Erreger gab, deutet darauf hin, dass das Sars-CoV-2-specific sIgA Teil einer proaktiven Immunreaktion sein könnte, welche die Mundhöhle auf das Eindringen von Viren vorbereitet.“ Kurz nach dem Ende der Videos kehrte der slgA-Wert im Speichel wieder zum Ausgangswert zurück. 

Die Wissenschaftler untersuchten zudem auch den spezifischen Antikörper (anti-RBD) gegen die rezeptorbindende Domäne (RBD) von Sars-CoV-2. Die RBD ermöglicht dem Virus, in Zellen einzudringen und eine Infektion auszulösen. In der aktuellen Studie der Forschenden zeigte dieser Antikörper keine Veränderung nach Stimulation mit den Krankheitsvideos. 

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Die Befunde deuten auf unterschiedliche Funktionen der Antikörper hin: Während das SARS-CoV-2-specific sIgA vermutlich beim generellen Immunausschluss eine Rolle spielt und bereits proaktiv durch das reine Betrachten des Videos verstärkt ausgeschüttet wird, ist anti-RBD vermutlich eher in die tatsächliche Neutralisierung der Viren involviert und wird erst nach tatsächlichem Erregerkontakt verstärkt ausgeschüttet. Zukünftige Studien sollen diese Interpretation genauer untersuchen. 

An der Studie nahmen 45 geimpfte bzw. zuvor mit dem Coronavirus infizierte Personen zwischen 18 bis 35 Jahren teil (davon 22 Frauen). Die meisten Tests der Studie fanden während der ersten und zweiten Omicron-Welle der Covid-19-Pandemie statt und damit in einem Hoch-Risiko-Kontext für die Ansteckung mit Sars-CoV-2. Die Teilnehmenden wurden mit einem fünfminütigen Krankheitsvideo konfrontiert, das Menschen mit verschiedenen für Covid-19 typischen respiratorischen Symptomen (z. B. Niesen oder Husten) zeigte. 

„Aus den vorliegenden Ergebnissen können wir nicht eindeutig ableiten, dass die Immunantwort der Schleimhäute auf das Video der Atemwegserkrankung grundsätzlich, in jeder Situation dem beobachteten Muster eines Anstiegs im Sars-CoV-2-specific sIgA folgt“, sagt Doktorandin Judith Keller, Erstautorin der Studie. Bei anderen viralen Erregern der Atemwege wie der Influenza hat sich gezeigt, dass ein hoher Risikokontext (z. B. die Grippesaison) mit einem Anstieg im sIgA verbunden ist, während dies bei einem niedrigeren Risikokontext (z. B. in den Sommermonaten) nicht der Fall war. 


Quelle: Universität Hamburg

23.12.2023

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