Charité: Seriös recherchieren, seriös informieren, seriös diskutieren
Ärzte und Pflegekräfte in den deutschen Krankenhäusern sind dazu verpflichtet, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um ihre Patienten vor Krankenhauskeimen zu schützen. Zum Hygienemanagement gehört allerdings auch die seriöse Kommunikation: Öffentlichkeit, Medien und insbesondere die Patienten sind darauf angewiesen, dass sie aus den Krankenhäusern und von externen Experten verlässlich informiert werden.
In einer medizinischen Fachdisziplin wie der Krankenhaushygiene, die ebenso wichtig wie vielschichtig ist, müssen Fachleute gerade auch dann Ihrer Verantwortung gerecht werden, wenn es um die Information der Öffentlichkeit geht: Das gilt für die generelle Aufklärung, das gilt für die Risikoeinschätzung und das gilt erst recht, wenn es zu einem ernsten Zwischenfall gekommen ist – wie jetzt anlässlich des bedauerlichen Todesfalles eines Frühchens in der Berliner Charité.
Zahlreiche Beispiele in den vergangenen Jahren – wie das des EHEC-Ausbruchs in Norddeutschland, der Todesfälle von drei Frühchen in Mainz – zeigen, wie vorschnelle Schlussfolgerungen die Tragödie für die Angehörigen verschärfen, zur Verunsicherung der Bürger und zur unnötigen Belastung der Mitarbeiter im Krankenhaus führen. Wenn jetzt der Tod eines Neugeborenen, dessen Ursache Berichten zufolge eine Infektion durch das Bakterium Serratia marcescens ist, ohne Kenntnis der konkreten Faktenlage automatisch als Hygienefehler kolportiert wird, dann leiden nicht nur die Wahrheit und die Aufklärung, auf die Angehörige, Patienten, Öffentlichkeit und die Beschäftigten im Krankenhaus einen Anspruch haben, sondern es werden auch die Weichen für geeignete Präventionsmaßnahmen falsch gestellt.
Die Initiative Infektionsschutz fordert daher alle Personen auf, die sich zur medialen Äußerung in Sachen Krankenhaushygiene berufen fühlen, bei einem akuten Ausbruchgeschehen in Deutschland auf Spontanäußerungen, Verdächtigungen und Spekulationen zu verzichten und erst auf Basis einer seriösen Analyse und gesicherten Faktenlage öffentlich Stellung zu nehmen. Idealerweise sollte das Robert Koch-Institut als zentrale Koordinationsstelle in das Informationsgeschehen eingebunden werden.
Öffentlichkeit und Medien sind auf klare, verlässliche Informationen angewiesen. Letztlich ist es der Patient, der möglicherweise zu falscher Sicherheit oder auch zu falscher Unsicherheit verleitet wird. Erst nach erfolgreicher Analyse der Zusammenhänge können und müssen auch durch nicht unmittelbar an der Aufarbeitung beteiligte Experten Schlussfolgerungen für künftige Präventionsstrategien abgeleitet werden. Bis dahin sollten wir den Verwandten Trost spenden, anstatt sie mit voreiligen Vermutungen zu verunsichern.
Über die Initiative Infektionsschutz
Die Initiative Infektionsschutz ist ein interdisziplinäres Expertengremium, das die Umsetzung bundesweit gültiger und effektiver Hygienestandards unterstützt. Die Expertengruppe ist institutionell unabhängig.
Weitere Informationen finden Sie unter www.initiative-infektionsschutz.de.
Die wissenschaftliche Forschungs-, Bildungs- und Aufklärungsarbeit der Initiative Infektionsschutz wird unterstützt durch die Becton Dickinson GmbH, Heidelberg (BD).
26.10.2012