Wenig strahlend
„Alles unter Kontrolle“ - Strahlenexposition in der Nuklearmedizin
Das Fachgebiet Nuklearmedizin bietet mit seiner mehr als 50-jährigen Erfahrung in Forschung und klinischer Anwendung zahlreiche gut etablierte Untersuchungs- und Behandlungsverfahren für viele Bereiche der Medizin. So spielt es bei der Schilddrüsendiagnostik und -therapie, aber auch bei der Krebsbekämpfung oder Untersuchung von muskuloskelettalen Veränderungen eine entscheidende Rolle. Personal und Angehörige, die mit strahlenexponierten Patienten in Kontakt kommen, müssten sich aber nicht allzu viele Sorgen machen, beruhigt Dr. Eva Giesse, Leiterin der Arbeitsgruppe Nuklearmedizin am Institut für Medizinische Physik, Klinikum Nürnberg: „Die Strahlung ist gering!“
Die natürliche Strahlenexposition, der ein Mensch ausgesetzt ist, liegt zwischen 2 und 3 Millisievert im Jahr, die zusätzliche Exposition der meisten Angestellten im Krankenhaus, die mit Patienten aus der Nuklearmedizin zu tun haben, ist deutlich niedriger. „Lediglich Funktionsärzte, die beispielsweise häufig direkt am Patienten eine Sonographie durchführen, nachdem dieser Radioaktivität gespritzt bekommen hat, können einer ähnlichen Dosis ausgesetzt sein“, erklärt Giesse. Doch keine Panik: „Die vergleichbaren Werte der natürlichen Exposition werden nur überschritten, wenn Ärzte mehrere Patienten am Tag untersuchen würden.“
Exposition des Personals
Allerdings gibt es auch Sonderfälle, auf die die Fachfrau verweist. Erstens: Die meiste Radioaktivität kommt bei Skelettuntersuchungen zum Einsatz. Bei der Skelettszintigraphie, bei der zum Beispiel nach Knochenmarkmetastasen gesucht wird, bekommt der Patient Technetium-99m gespritzt. Dieses Standardnuklid in der nuklearmedizinischen Therapie hat eine Halbwertszeit von sechs Stunden. Die Worst-Case-Schätzung hinsichtlich der Strahlenexposition liegt für Ärzte, die im Anschluss an die Szintigraphie die Patienten behandeln, beispielsweise eine Sonographie zur Suche von Weichteilmetastasen durchführen, bei zwei Patienten am Tag. Untersucht der Arzt diese direkt nach der Applikation, käme er im Jahr auf eine Strahlenexposition von etwa 2,6 Millisievert. „Die Exposition kann einfach reduziert werden, indem die Sonographie nicht direkt nach der Applikation des Radionuklids durchgeführt wird, sondern vier Stunden später. Damit reduziert sich die Exposition auf 25 Prozent“, so die Expertin. Zweitens: „Bei der nuklearmedizinischen Untersuchung von Intensiv- oder Dialysepatienten, zu der wir Pflegepersonal hinzuziehen müssen, wird dieses im Strahlenschutz unterwiesen und dosimetrisch überwacht.“ Bei solchen Fällen erhält die Pflegeperson in der Regel weniger als 0,1 Millisievert. Giesse: „Die Exposition des Pflegepersonals auf Station kann dadurch reduziert werden, indem man Abstand hält oder sich nicht zu lange beim Patienten aufhält.“
PROFIL:
Dr. Eva Giesse hat Physik an der Universität Erlangen studiert, wo sie auch die Promotion ablegte. Parallel dazu absolvierte sie ein Aufbaustudium der Medizinischen Physik in Homburg an der Saar. Seit 2000 arbeitet sie am Institut für Medizinische Physik, Klinikum Nürnberg, wo sie die Arbeitsgruppe Nuklearmedizin leitet. Giesse war als Sachverständige im Strahlenschutz tätig und arbeitet unter anderem in nationalen und internationalen Normungsgremien mit.
Veranstaltungshinweis:
Raum: Mozart 4-5
Freitag, 2. Oktober 2015, 17:00–17:20 Uhr
Patient kommt von der Nuklearmedizin: Was müssen wir wissen?
E. Giesse, Nürnberg/Deutschland
RT 3 – Strahlenschutz
02.10.2015