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Advantage Arthrographie
Verletzungen des Glenoids, also der Schulterblattgelenkpfanne und der angrenzenden Gelenklippe, können nach Ansicht von Prof. Dr. Rolf Janka, leitender radiologischer Oberarzt am Universitätsklinikum Erlangen, am besten mit Hilfe einer MR-Arthrographie diagnostiziert werden.
Bericht: Brigitte Dinkloh
Um die Verletzungen des Knorpels richtig beurteilen können, sollte zunächst ein hochverdünntes Kontrastmittel direkt ins Gelenk injiziert und der Patient anschließend in der MRT untersucht werden. Dieses Verfahren ist allerdings nicht unumstritten, denn je nach Facharztausrichtung unterscheiden sich hier die Meinungen. Prof. Janka: „Es gibt zwei Philosophien: Einige Kollegen, vornehmlich Chirurgen und Unfallchirurgen, sind der Ansicht, dass eine Arthrographie überflüssig ist. Da es sich dabei aufgrund der Kontrastmittelgabe um einen invasiven Eingriff handelt, meinen sie, dass der Chirurg auch gleich mit dem Arthroskop in das Gelenk schauen und, wenn nötig, die Behandlung ausführen kann.
Im Gegensatz dazu gibt es viele Kollegen, zu denen auch ich zähle, die zunächst genau wissen möchten, wie es im Gelenk aussieht, bevor eine Therapieentscheidung fällt.“ Denn nur wenn das Gelenk zunächst perfekt diagnostiziert wird, könne man dem Patienten sagen, was auf ihn zukommt, wie der Eingriff sein wird und ob er überhaupt notwendig ist. „Eine Arthroskopie mit Narkose stellt immer noch einen größeren Eingriff dar, als eine Arthrographie durch einen Radiologen“, so der Oberarzt, der betont: „es Es gibt verschiedene Labrumverletzungen, einige müssen operativ behandelt werden, andere konservativ. Um das zu beurteilen, braucht man eine MR-Arthrographie und es kann sein, dass es dann damit an invasiven Maßnahmen schon getan ist.“
Am häufigsten sind Verletzungen der Gelenklippe nach einer Schulterluxation. Dabei geht der verlässt der Oberarmkopf die Gelenkpfanne meistens nach vorne unten und auf dem Weg dahin, nimmt er gerne ein Stück der Gelenklippe mit. Nach dem der Chirurg die Schulter wieder eingerenkt hat, ist es wichtig zu wissen, welche Verletzungen die Luxation verursacht hat. Denn die Gelenklippe kann einreißen, wobei es verschiedene Arten von Rissen gibt. Reißt sie mitsamt des Periosts, kann sie sich wieder anlegen und verheilen, rutscht sie jedoch unter das Periost, kann sie nur vom Chirurgen zurückgeholt werden. Am häufigsten ist eine Fraktur der Gelenkpfanne mit einem Teil der Gelenklippe, die refixiert werden muss um eine erneute Luxation zu verhindern. Neben der Gelenkpfanne und Gelenklippe reißen bei einer Schulterluxation häufig die Verstärkungen der Gelenkkapsel. Auch diese Verletzung ist ohne eine MR-Arthrographie vor einer Arthroskopie nicht sicher zu diagnostizieren.
Die zweite Indikation für die MR-Arthrographie ist der unklare vordere Schulterschmerz, der besonders bei jungen Menschen vorkommt, die eine Ballwurfsportart ausüben, wie Base- oder Basketball. Am häufigsten sind diese Verletzungen in den USA verbreitet, aber auch hier kommen sie immer wieder vor. Dabei wird der Ansatz der langen Bizepssehne am Oberrand der Gelenkpfanne geschädigt und verursacht einen Schmerz, der ohne Operation nicht zu behandeln ist.
Auch wenn einige sehr geübte Kollegen diese Verletzungen im Ultraschall erkennen mögen, ist die MR-Arthrographie die Methode der Wahl. Die beschriebenen Verletzungen sind am besten sichtbar, wenn die Gelenkkapsel durch die Kontrastflüssigkeit aufgedehnt wird und das Kontrastmittel in Spalten und Risse eindringt, die hierdurch erkannt werden können. Bei frisch verunfallten Patienten kann ggf. auf die Injektion verzichtet werden, weil sich durch den Unfall ausreichend Flüssigkeit im Schultergelenk befindet, welche die Rolle des Kontrastmittels übernehmen kann.
Oberste Priorität bei der Untersuchung mit intraartikulärer Kontrastmittelgabe muss steriles Arbeiten sein. Eine Infektion im Schultergelenk hätte verheerende Folgen, kommt jedoch nur äußerst selten vor. Nach der Injektion sollte der Patient innerhalb einer Stunde mit der Magnetresonanztomographie untersucht werden. In dieser Zeitspanne sind die Aufdehnung und mögliche Verletzungen am besten sichtbar, bevor das Kontrastmittel wieder abtransportiert wird.
Profil:
Prof. Dr. Rolf Janka ist Leitender Oberarzt am Radiologischen Institut des Universitätsklinikums Erlangen. Er wurde 2014 von der Medizinischen Fakultät Erlangen-Nürnberg zum außerplanmäßigen Professor ernannt. Seit 2015 gehört Janka dem Vorstand der AG Bildgebende Verfahren des Bewegungsapparates der Deutschen Röntgengesellschaft an.
Veranstaltungshinweis:
Raum: Audimax - W. C. Röntgen-Saal
Freitag, 29. September 2017, 12:10 – 12:30
FFF–MSK 2 - Schulter
Pathologien des Glenoids und des Labrum glenoidale
Rolf Janka (Erlangen)
28.09.2017