© Fraunhofer IPA/Foto: Christian Bay
News • Herstellung von Individualprodukten
Additive Fertigung druckt maßgeschneiderte Medizintechnik
Die Regulatorik in Branchen wie der Medizintechnik ist bekanntlich streng, die Implementierung neuer Produktionsprozesse erfordert viel Know-how und die Validierung ist aufwendig.
Es besteht aber eine hohe Nachfrage nach patientenindividualisierten Produkten wie Prothesen oder Implantaten, deren komplexe Geometrien mittels additiver Fertigungsverfahren herstellbar sind. Fachleute des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung IPA erleichtern Medizintechnikunternehmen den Zugang zur Produktion additiv gefertigter Individualprodukte mithilfe eines Leitfadens.
Kein Mensch ist gleich: Was für das äußere Erscheinungsbild gilt, trifft auch auf die Anatomie des menschlichen Körpers zu. Die Werkstatt, die bei Zahnschmerzen hilft, heißt Zahnarzt und die Ersatzteile liegen dort nicht in der Schublade. Zu unterschiedlich sind Gebiss, Zähne und ihre Anordnung, um mit Standardprodukten einen Zahn eins zu eins zu ersetzen. In der Implantat-Prothetik eignen sich Produkte, die auf den jeweiligen Patienten zugeschnitten sind und ihm den höchstmöglichen Nutzen ermöglichen.
Für die Herstellung von patientenindividuellen Produkten eignen sich additive Fertigungsverfahren gegenüber konventionellen Verfahren oftmals besser, da sie durch ihren Prozessablauf des schichtweisen Materialauftrags unterschiedliche Geometrien ohne größeren Mehraufwand fertigen können. Bei Abutments, die die Verbindungsstücke zwischen einem Zahnimplantat und dem darauf befestigten, sichtbaren Zahnersatz darstellen, variieren beispielsweise die Winkel zur ästhetischen und funktionalen Ausrichtung der Zahnprothese. In einem Druckvorgang stellen additive Fertigungsverfahren wie das 'Laser Powder Bed Fusion with Metals' (PBF-LBM) mehrere individuelle Abutments kosteneffizient her.
Was produktionstechnisch umsetzbar ist, muss nicht gleichzeitig sicher sein. Mit der Patientensicherheit im Fokus gilt es, das Risiko für den Patienten auf einem Minimum zu reduzieren. Der Prozess der additiven Fertigung mit all seinen Parametern, Stell- und Störgrößen ist selbst für Standardprodukte komplex, wodurch ein geeignetes technisches Risikomanagement genutzt werden muss, um die Anforderungen der Kunden und der Regulatorik zu erfüllen (vgl. ISO14971: Medizinprodukte – Anwendung des Risikomanagements auf Medizinprodukte). Für Individualprodukte gestaltet sich der Nachweis sicherer Produkte aufgrund durch Individualgeometrien potenziell abweichender Produkteigenschaften aufwendig.
© Fraunhofer IPA/Graphik: Hajo Groneberg, Carolin Schulz
Fachleute des Fraunhofer IPA und des Leistungszentrums Mass Personalization haben daher für Unternehmen eine methodische Vorgehensweise entwickelt, auch in hochregulierten Branchen additive Fertigungsverfahren sicher und kosteneffizient zu implementieren und Individualprodukte zu validieren. Ein Leitfaden dazu lässt sich in dem Open-Access-Artikel nachlesen. "Die Potenziale der additiven Fertigung für Individualprodukte sind riesig. Mit einer systematischen Vorgehensweise lassen sich die geeigneten Produkte und Technologien identifizieren und deren Risiken managen", ordnet einer der Verfasser, Hajo Groneberg, die Thematik ein.
Quelle: Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA
13.12.2024