Wie sollten Radiologen Tumorboards organisieren?

Tumorerkrankungen sind häufig und komplex. Ihre Behandlung erfordert ein Zusammenspiel von Diagnostik über Therapie und gegebenenfalls Palliativbetreuung. In den 34 deutschen Universitätskliniken und vielen anderen Kliniken werden regelmäßig Tumorboards durchgeführt. Wie sollte sich in diesem Kontext der Radiologe positionieren?

Photo: Wie sollten Radiologen Tumorboards organisieren?
Photo: Wie sollten Radiologen Tumorboards organisieren?

„Er stellt dabei das Bindeglied zwischen der auf Bildanalyse gestützten Diagnostik des Tumors, der Präsentation des Bildmaterials bei interdisziplinären Tumorkonferenzen und der Erstellung eines Flow-Charts im Rahmen von Therapieentscheidungen dar“, erläutert Prof. Dr. Thomas Vogl, „Dieses Aufgabenportfolio ergänzen bildgesteuerte Eingriffe im Rahmen der interventionellen Radiologie, die vom Generieren von Biopsien bis hin zu minimalinvasiven Behandlungen reichen. Mehrere Organe kommen für diese Vorgehensweise infrage, etwa die Leber und die Lunge mit Haupt- und Tochtergeschwülsten“, so der Ärztliche Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Universitätsklinikums in Frankfurt.

Herausforderungen
Der Radiologe hat die Aufgabe, die Bilderflut zu analysieren und relevante Bilder – auch Vor- und Fremdaufnahmen zum Vergleich sowie 3-D-Rekonstruktionen – für die Diskussion im Tumorboard vorzubereiten, so Prof. Vogl weiter. Auf dieser Grundlage plant man dann interdisziplinär die weiteren Therapiemaßnahmen. „An der Universitätsklinik in Frankfurt führen wir wöchentlich circa 16 Tumorkonferenzen durch, die sich typischerweise jeweils an einem Organbereich orientieren. Diese Sitzungen erfordern die Anwesenheit eines erfahrenen, durchsetzungsfähigen Radiologen. Die Tumorkonferenzen unterstützen im Übrigen auch das Image des Radiologen und seiner Abteilung im Kontext der klinischen Experten“, fügt Prof. Vogl hinzu. Er bringt seine Kompetenz ein, wählt das geeignete bildgebende Verfahren und kann mitsteuern, welche weiteren Biopsien anzufertigen und welche Interventionen gegebenenfalls auszuführen sind.

Möglichkeiten zur Optimierung
Zeit ist wertvoll: Meist sind in den Boards circa vier Disziplinen mit rund zehn Personen plus Protokollführung vertreten – Effektivität und Produktivität haben daher eine maßgebliche Rolle. Wie kann der Radiologe Tumorboards und die entsprechenden Abläufe optimieren? „Er sollte Spielregeln einbringen“, sagt der Ärztliche Direktor und verweist damit auf die Entwicklungen in Frankfurt: Bei jedem wöchentlichen organspezifischen Tumorboard werden innerhalb von 35 bis 40 Minuten rund 25 Patientenfälle diskutiert. Relevante aktuelle und frühere Aufnahmen müssen aufbereitet sein, eine Übersicht über erfolgte Therapiemaßnahmen hat vorzuliegen. Es gibt Deadlines, führt Prof. Vogl weiter aus: „Die spontane Hinzufügung von Fällen funktioniert nicht. In der Regel müssen sämtliche Patientenfälle zwei Stunden vor Beginn des Tumorboards festgelegt sein – nur so ist gewährleistet, dass der Facharzt, der das Board leitet, diesen Fall begutachten kann.“ Zu den Regeln gehört ferner, dass Aussagen festgehalten und eventuelle Änderungen zum radiologischen Befund aufgrund der Diskussion im Tumorboard in diesen, dann endgültigen, Befund eingehen müssen. Eine strikte Einhaltung der Zeitvorgaben ist bei der Konferenz entscheidend.

Einsatz von Technologie
An der Universitätsklinik Frankfurt sind Präsenzkonferenzen ebenso üblich wie Videokonferenzen. Bilder aus dem PACS werden auf zwei Monitoren gezeigt. Ferner ist auf einem Bildschirm das KIS verfügbar, in das sich Pathologieberichte integrieren lassen und über das die gesamte klinische Akte aufrufbar ist.

Weitere Verbesserung durch Leitlinien
Die Deutsche Röntgengesellschaft kann durch Leitlinien oder Empfehlungen einen Beitrag dazu leisten, dass Tumorboards künftig effizienter ablaufen. Das kann beispielsweise Regeln zur Verwendung externer Bilder beinhalten: Sollte solches Bildmaterial nur unter Einbezug des entsprechenden Befunds genutzt werden?

IM PROFIL
Prof. Dr. Thomas Vogl, Arzt für Radiologie, studierte in München und Jerusalem. Nach der Habilitation nahm er eine C3-Professur an der Charité, Universitätsmedizin Berlin, an. Im Jahr 1988 kam er als C4-Professor an die Frankfurter Goethe-Universität. Seit 1999 leitet er dort das Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie. Prof. Vogl ist Träger mehrerer Wissenschaftspreise der Radiologie und hat mehrere renommierte Funktionen inne.
 

22.05.2013

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