Wie die Häute einer Zwiebel

Bildgebung bei Rückenschmerz ist eine schwierige Sache“, meint Univ.- Prof. Dr. Majda M. Thurnher von der Klinischen Abteilung für Neuroradiologie und Muskuloskeletale Radiologie der Medizinischen Universität Wien.

Univ.-Prof. Dr. Majda M. Thurnher
Univ.-Prof. Dr. Majda M. Thurnher

Zum einen besteht oft eine Diskrepanz zwischen dem, was der Patient fühlt, und dem, was man in der Bildgebung sieht. „Es gibt Patienten, die starke Schmerzen haben, aber die Bildgebung ist negativ oder annähernd negativ. Umgekehrt gibt es Patienten mit großen Ereignissen, bei denen die klinische Symptomatik nicht sehr ausgeprägt ist“, erklärt Thurnher. Zum anderen kann der Schmerz von verschiedenen anatomischen Strukturen herrühren – und nicht immer ist ersichtlich woher.

Die österreichische Radiologin vergleicht die Diagnose mit dem Entblättern einer Zwiebel, wo man sich mit der Bildgebung von den Knochen über die Bandscheiben und die kleinen Wirbelgelenke bis zum Rückenmark vorarbeitet. Das Häufigste, womit man es zu tun bekommt, sind Bandscheibenvorfälle und degenerative Veränderungen in der Wirbelsäule. Die Bandscheiben verlieren im Laufe des Lebens immer mehr an Wasser und damit an Volumen, sodass sie entweder in den Wirbelkanal hinaustreten (Bandscheibenvorfall) oder schnabelartige Ausstülpungen bilden, die den Rückenmarkskanal verengen. „Am schwierigsten ist es, wenn die Schmerzursache in den kleinen Wirbelgelenken liegt. Denn hier können minimale, radiologisch kaum sichtbare Veränderungen zu großen Beschwerden führen“, weiß Thurnher. Knochenmetastasen, osteoporotische Veränderungen und Rückenmarksläsionen vervollständigen die Palette der Diagnosen.

Bei der Diagnose von Rückenschmerzen kommen alle bildgebenden Verfahren zum Einsatz, wobei das konventionelle Röntgenbild nur der ersten Orientierung dient. Bei der Untersuchung der Knochen ist die Computertomographie erste Wahl, bei den Weichteilen die Magnetresonanztomographie (MRT). „Bei Patienten, die jünger als 20 Jahre alt sind, sollte man die Diagnostik gleich mit der MRT beginnen“, empfiehlt Thurnher. Die große Herausforderung in Zusammenhang mit der Bildgebung bei Rückenschmerzen sei die Auswahl der richtigen Sequenzen. „Da gibt es kein Patentrezept. Man muss wissen, welche Sequenz für welche Fragestellung in Betracht kommt, und dann gezielt für den individuellen Fall entsprechende Sequenzen auswählen“, betont die Radiologin, „eine gute Diagnostik ist Voraussetzung für eine adäquate Schmerztherapie.“

 

Im Profil
Univ.-Prof. Dr. Majda M. Thurnher ist Fachärztin der Klinischen Abteilung für Neuroradiologie und Muskuloskeletale Radiologie an der Medizinischen Universität Wien. Ihr Schwerpunkt liegt in der Neuroradiologie, speziell in der Rückenmarksbildgebung. Seit 2003 hatte Thurnher zahlreiche Gastprofessuren an europäischen und US-amerikanischen
Universitäten inne, unter anderem an der John Hopkins University (Baltimore) und der L. Miller School of Medicine der University of Miami. Sie ist Mitglied zahlreicher internationaler Fachgesellschaften und wurde mehrfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem ESOR Teaching Award (2014).

 

30.05.2014

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