Artikel • MRT vaskulär

Von der Momentaufnahme zum bewegten Bild

Die kontrastmittelverstärkte MR-Angiographie (MRA) ist eine wertvolle Methode, um Gefäßerkrankungen zu diagnostizieren. Bisher ließen sich Veränderungen in den Blutgefäßen jedoch nur so darstellen, als würde man ein Standbild betrachten.

Die dynamische MRA dagegen ermöglicht es, die Kontrastmittelpassage nicht nur räumlich, sondern auch physiologisch im zeitlichen Ablauf abzubilden. Dadurch lassen sich wichtige zusätzliche Informationen gewinnen. Welche Vorteile die dynamische MRA im Detail bringt, schildert Prof. Dr. Bernd Wintersperger, Leiter der Abteilung für Herzbildgebung am Toronto General Hospital.

Oberste Prämisse bei der MRA ist die Schnelligkeit der Bildakquise. Dazu wird die T1-Zeit deutlich reduziert, sodass ausschließlich das mit Kontrastmittel angereicherte Blut ein deutliches MR-Signal abgibt. Das Kontrastmittel-Blut-Gemisch tritt hell aus dem Bild hervor, während das umliegende Gewebe dunkel erscheint. Bei der statischen MRA bedarf es dafür ein perfektes Bolus-Timing. Die Datenakquisition muss genau mit der Ankunft des Kontrastmittels in der klinisch relevanten Gefäßregion zusammenfallen. Dafür wird zunächst eine kleine Menge der Substanz gespritzt, um zu prüfen, wann diese in dem zu untersuchenden Bereich ankommt.

Frühzeitige KM Anflutung im rechten Unterschenkel und sofortige Venenfüllung...
Frühzeitige KM Anflutung im rechten Unterschenkel und sofortige Venenfüllung bei AV Fistel

Bei der dynamischen MRA braucht es kein Bolus-Timing. Wie ist das möglich? „Die dynamische MRA nimmt kontinuerlich Daten über einen längeren Untersuchungszeitraum auf“, erklärt Prof. Wintersperger. „Man kann sich das wie einen Würfel vorstellen, in den die Daten einsortiert werden. Das Zentrum des Würfels liefert den Kontrast, während die Ecken die Bildschärfe wiedergeben. Um einen guten Kontrast zu bekommen, müssen im Zentrum des Würfels nur relativ wenige Daten aufgenommen werden. Bei der statischen MRA werden die gesamten Daten des Würfels einmalig in 15 bis 20 Sekunden aufgenommen, während bei der dynamischen MRA das Zentrum, das nicht so viele Daten und damit weniger Aufnahmezeit in Anspruch nimmt, häufiger aufgenommen wird, die Peripherie seltener. Dadurch verändert sich der Kontrast, die Bildauflösung bleibt jedoch erhalten.“

Arteritis mit multiplen Gefäßverschlüssen; retrograde Füllung der...
Arteritis mit multiplen Gefäßverschlüssen; retrograde Füllung der Oberbauchgefäße über Umgehungskreisläufe (Pfeil)

Auf diese Weise können viele einzelne Zeitpunkte der Kontrastmittelpassage dargestellt werden. Das ist auch deshalb von Vorteil, weil Durchblutungsstörungen die Anflutung in unterschiedlichen Regionen beeinflusst. So wie bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit: „Wenn das Kontrastmittel bei der Untersuchung des Unterschenkels in die Beine fließt, kann es sein, dass es im rechten und linken Unterschenkel unterschiedlich schnell ankommt. Bei der statischen Methode findet man deshalb kein Timing, um beide Seiten ausreichend gut im Bild festzuhalten. Mit der dynamischen MRA können dagegen nicht nur beide Beine gleichzeitig aufgenommen werden, man sieht durch die Anflutungsdauer bzw. Verzögerung auch, ob Engstellen relevant sind und welche Umgehungskreisläufe sich bilden.“

Aortendissektion mit unterschiedlicher Anflutung des Kontrasmittels im wahren...
Aortendissektion mit unterschiedlicher Anflutung des Kontrasmittels im wahren und falschen Lumen. Im weiten falschen Lumen kommt es zu langsamer Anflutung durch eine proximale Verbindung.

Mithilfe der dynamischen Technik lässt sich aber nicht nur nachvollziehen, wie sich das Kontrastmittel verteilt, sondern auch, in welche Richtung es fließt. Denn es kann durchaus vorkommen, dass das Blut in die falsche Richtung abfliesst, z. B. beim Subclavian-Steal-Syndrom. Dabei ist die Arteria subclavia proximal verschlossen. Um eine ausreichende Blutversorgung im Arm bei Bewegung zu gewährleisten, zapft der Körper die Arteria vertebralis an, wodurch es zu einem zentralen Blutabfall einhergehend mit Schwindel bis hin zu Ohnmachtsanfällen kommen kann.

Sollte wider Erwarten doch mal etwas bei der Untersuchung schief gehen, kann ich sie einfach wiederholen.

Prof. Dr. Bernd Wintersperger

Nicht zuletzt hat die dynamische gegenüber der statischen Methode den Vorteil, dass sie deutlich weniger Kontrastmittel benötigt. „Sollte wider Erwarten doch mal etwas bei der Untersuchung schief gehen, kann ich sie einfach wiederholen. Und ich kann insgesamt mehrere Gefäßregionen in einer Untersuchung abdecken“, erläutert Wintersperger.

Gibt es denn auch Nachteile der dynamischen MRA? „Am Grundprinzip der MR-Bildgebung lässt sich natürlich nicht rütteln: Schnellere Bilder gehen zu Lasten der räumlichen Auflösung und umgekehrt. Was das betrifft, ist die dynamische MRA heute mindestens auf dem Stand der statischen Methode von vor zehn Jahren. Zudem durchleben wir gerade neue technische Ansätze zur weiteren Beschleunigung. Aber es geht in der Radiologie nicht immer um höher, schneller, weiter, sondern auch um physiologische Bildgebung sowie medizinischen Nutzen und Praktikabilität. Und da hat die dynamische MRA klar die Nase vorn.“

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Prof. Dr. Bernd Wintersperger

Profil:
Nach seiner Facharztausbildung, Habilitation und Tätigkeit als Oberarzt und Leiter des Bereichs Allgemeine Radiologie und Herz-MR-Bildgebung am Institut für Klinische Radiologie der LMU München, trat Bernd Wintersperger im Mai 2010 die Stelle als Leiter der Herzbildgebung im Department of Medical Imaging am University Health Network/Peter Munk Cardiac Centre in Toronto, Kanada, an. In interdisizplinärer Zusammenarbeit führt die Abteilung mehr als 3500 Herz-MRT-Untersuchungen pro Jahr durch. Wintersperger ist Professor für Radiologie an der University of Toronto, Gutachter für verschiedene anerkannte internationale Fachzeitschriften sowie Kommiteemitglied verschiedener internationaler Gesellschaften (z.B. RSNA, ISMRM).

Veranstaltungshinweis

Donnerstag, 02.02.2017, 11:45-12:00 Uhr:
Dynamische MRA – wann, wo und wie
B. Wintersperger, CAN-Toronto
Session: MRT Gefäßbildgebung

01.02.2017

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