Bildquelle: David Goodsell; RCSB Molecule of the Month 197, June 2016 (CC BY 4.0)

News • Identifikation humanpathogener Viren

Schnellere Virus-Diagnostik per Massenspektrometrie

Forschende des Robert Koch-Instituts (RKI) haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sie Patientenproben auf hunderte verschiedene Viren gleichzeitig untersuchen können – und damit Viren deutlich schneller identifizieren als mit anderen diagnostischen Methoden.

Die Wissenschaftler nutzen dafür die Massen­spektrometrie. Ihre Ergebnisse wurden jetzt im Fachmagazin Nature Communications veröffentlicht

Mit der Massenspektrometrie kann die Masse von Molekülen und damit deren Identität und Menge bestimmt werden. Sie ist die zentrale Technik für die Untersuchung von Proteinen. Proteine sind Bausteine des Lebens und kontrollieren nahezu alle zellulären Funktionen. Auch Viren bilden diverse Proteine und können so indirekt mit Hilfe der Massen­spektrometrie identifiziert werden. 

Illustration of the protein structure of a zika virus
Illustration der Proteinstruktur des Zika-Virus (links mittig), das ebenfalls mithilfe des neuen Verfahrens identifiziert werden kann.

Bildquelle: David Goodsell; RCSB Molecule of the Month 197, June 2016 (CC BY 4.0

Die Forschenden haben zunächst eine sogenannte Spektren­bibliothek erstellt, mit den spezifischen Massenspektren von 1,4 Millionen viralen Protein­sequenzen. Damit sind fast alle bekannten humanpathogenen Viren – mehr als 300 Viren – abgedeckt. Die gemessenen Spektren aus Patientenproben können dann mit den Spektren der Bibliothek abgeglichen werden. Aktuell lassen sich auf diese Weise in einer einzigen Patientenprobe zeitgleich Proteine von 331 humanpathogenen Viren identifizieren. Die Methode erlaube einen „offenen Blick“ auf Patientenproben – und das bei einem Gesamtaufwand von gerade einmal etwa zwei Stunden, schreiben die Forschenden. 

In der Routine-Diagnostik werden bislang in erster Linie Immunoassays oder PCR-Tests verwendet, mit denen jedoch nur gezielt nach einzelnen Viren gesucht und insgesamt nur eine begrenzte Anzahl von Viren pro Probe getestet werden kann. Das kostet im Zweifel wertvolle Zeit. Bisherige Methoden des „offenen Blicks“, etwa die Analyse sämtlicher viraler Erbgutfragmente in einer Probe oder das Durchleuchten der Probe in einem Elektronenmikroskop, sind sehr aufwändig und kein Teil der allgemeinen Routine-Diagnostik. Die RKI-Forschenden gehen davon aus, dass der Massenspektrometrie in der Diagnostik von viralen Infektionskrankheiten künftig eine entscheidende Rolle zukommen könnte – auch bedingt durch Fortschritte in der Technologie selbst und durch KI-gestützten Datenanalyse. Für die Diagnostik von bakteriellen Infektionen wird die Massen­spektrometrie in vielen Laboren bereits standardmäßig genutzt. 


Quelle: Robert Koch-Institut 

14.08.2025

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