Artikel • Lungenembolie

Altbewährter Therapieansatz vor Neustart?

Zu den häufigsten und schwerwiegendsten Erkrankungen der Pulmonalarterie gehört die Verstopfung, bei der ein eingeschwemmtes Blutgerinnsel eine Lungenembolie (LE) verursachen kann.

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PD Dr. Marco Das ist Chefarzt der Klinik für diagnostische und interventionelle Radiologie am Helios Klinikum Duisburg.

Etwa 60 bis 70 von 100.000 Menschen in Deutschland erleiden dies jährlich. Die Letalität ist sehr hoch, es handelt sich folglich um einen medizinischen Notfall handelt, der einer schnellen Diagnostik und sofortigen Therapie bedarf.Die Diagnostik beginnt mit klinischen Tests, die beurteilen, wiehoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine LE vorliegt. Sicher nachweisen lässt sich eine Lungenembolie nur durch eine Darstellung der Lungenarterien. „Der Goldstandard für die Diagnostik ist die Computertomographie. Es gibt ergänzende bzw. komplementäre Verfahren wie die Echokardiographie, die primär die Rechtsherzbelastung darstellt. Alternativ kann auch die Szintigraphie angewendet werden, die aber zunehmend in den Hintergrund rückt – insbesondere beider akuten LE mit Schocksymptomatik“, schildert PD Dr. Marco Das, Chefarzt der Klinik für diagnostische und interventionelle Radiologie am Helios Klinikum Duisburg.

Bald lokale statt systemische Therapie?

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Ausgedehnte zentrale Lungenembolie beiderseits.

Hat die CT eine Lungenembolie diagnostiziert, so stellt die Heparinisierung und orale Antikoagulation die Basistherapie dar. Bei ausgedehnter LE bei Patienten mit hohem Risiko kommt die systemische Lysetherapie zum Einsatz. Die Betroffenen erhalten ein Medikament über die Blutstrombahn, das den Thrombus auflösen soll. Bei der Therapie einer ausgedehnten Lungenembolie wird auch verstärkt an intraarteriellen Verfahren geforscht, die darauf abzielen, eine lokale Lysetherapie durchzuführen. Dieses Vorgehen, das man in den 90er Jahren durch die systemische Therapie ersetzt hat, steht möglicherweise vor einer Renaissance. Das: „Es werden jetzt vermehrt Studien durchgeführt, bei denen Katheter in die Pulmonalarterien eingebracht werden und dann lokal ein Lysetherapeutikum appliziert wird. Teilweise werden Katheter mit Ultraschallwellen eingesetzt, die durch die Schwingungen den Wirkungsgrad des Thrombolytikums erhöhen sollen.“

Noch handelt es sich hierbei nicht um eine Regelleistung, sondern um ein Verfahren, das in Studien weltweit erprobt wird.Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend. Ein großer Vorteil der lokalen gegenüber der systemischen Lysetherapie ist die schnellere Wirksamkeit. Es besteht die Hoffnung, dass Mortalität und Morbidität der LE damit dauerhaft gesenkt und das Auftreten einer chronischen pulmonalen Hypertonie vermieden werden kann.

Indirekte Zeichen der Lungenembolie: Vergrößerter Ventrikel, Ratio RV:LV >1 ,...
Indirekte Zeichen der Lungenembolie: Vergrößerter Ventrikel, Ratio RV:LV >1 , sowie Vorwölbung des Septums in Richtung des linken Ventrikels (Bild links).
Reflux von Kontrastmittel in die Lebervenen (Bild rechts).

Interventionelle Herzensangelegenheit

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Typischer Embolus zentral im Lumen eines Pulmonalarterienastes. Nebenbefundlich: Pleuraerguss.

Diese Art der interventionellen Therapie, die wie die meisten Gefäßinterventionen über einen Zugang via Leiste durchgeführt werden, ist einfach durchzuführen. Mittels Punktion der Vena femoralis communis wird ein Katheter durch den rechten Vorhof in die Pulmonalarterienstrombahn eingeführt und die Lysetherapie kann beginnen.Es handelt sich um ein Standardverfahren, das schon lange in der interventionellen Radiologie beheimatet ist.„Natürlich haben auch andere Fachgebiete wie die KardiologieInteresse an diesem Verfahren, es lässt sich dasher nur schwer auf ein Fachgebiet eingrenzen. Allerdings ist dieses ein interventionelles Verfahren, das sehr gut und unproblematisch durch die interventionelle Radiologie durchgeführt werden kann“, gibt sich der Duisburger Radiologe überzeugt.

Vor der Einführung eines neuen Verfahrens ergeben sich immer die gleichen Fragen, die geklärt werden müssen: Welche Patienten kommen überhaupt in Frage? Wie kann sichergestellt werden, dass die Patienten in einem Krankenhaus auch dieser Therapie zugeführt werden? Denn die Wege der Patienten mit dem Verdacht auf eine LE sind vielfältig, und Patienten können theoretisch via Notaufnahme oder auch von anderen Fachdisziplinen im Krankenhaus gemeldet werden. Daher gibt es leider nicht den einen Arzt im Haus, der alle Patienten mit Lungenembolie sieht.

Für die lokale Lysetherapie kommen vor allem Patienten mit einer sehr ausgedehnten Lungenembolie in Frage, die ggf. hämodynamisch instabil sind, bereits Zeichen einer deutlichen Rechtsherzbelastung aufweisenund somit per se schon sehr gefährdet sind. Dann ist ein interventionell tätiger Arzt vonnöten, der dieses Verfahren beherrscht und auch möglichst noch die abrechnungstechnischen Details beachtet. „Letztlich geht es darum, für den Patienten einen Benefit zu erreichen. Diese Frage spielt gerade eine wichtige Rolle in der aktuellen Diskussion bei der Schlaganfallintervention. Durch eine groß angelegte exzellente prospektiv randomisierte Studie konnte ein signifikanter Nutzen für den Patienten gezeigt werden, so dass man in der Schlaganfallbehandlung auf die interventionellen Verfahren nicht mehr verzichten kann. So weit sind wir bei der intraarteriellen Therapie der Lungenembolie noch nicht. Sollte aber bewiesen werden, dass diese Intervention die Mortalitätsrate und die Morbidität senken und die Lebensqualität steigern kann, dann wird sich die lokale Lyse durchsetzen. Derzeit ist es allerdings noch schwierig zu beurteilen, wie das langfriste Outcome aussehen wird“, erläutert der Radiologe abschließend. 


Profil:

Nach dem Medizinstudium in Düsseldorf und einem Forschungsaufenthalt in Boston absolvierte Dr. Marco Das seine Facharztausbildung an der RWTH Aachen. Hier promovierte und habilitierte er über die Detektion von Lungenkrebs in der MDCT. Von 2009-2016 war er Oberarzt und Leiter des Funktionsbereichs Computertomographie am Department of Radiology des Maastricht University Medical Center. Seit Januar 2017 ist Dr. Das Chefarzt der Klinik für diagnostische und interventionelle Radiologie der Helios Kliniken Duisburg. Der Radiologe hat zahlreiche Zusatzqualifikationen erworben und ist Tutor und Dozent der DRG Akademie.


Veranstaltungshinweis:

Sa, 11.11.2017, 8:45 – 9:15

Erkrankungen der Pulmonalarterien: Update Diagnostik und Intervention

PD Dr. Marco Das, Duisburg

Session: Thoraxdiagnostik

Congress-Saal


und


Sa, 11.11.2017, 13:20 – 14:00

Thorakale Gefäße

PD Dr. Marco Das, Duisburg

Session: Fit-für-den-Facharzt: Thoraxdiagnostik

Tagungsraum 1+2

10.11.2017

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