Plädoyer für Wahlfreiheit
Univ.-Prof. Dr. Christian Loewe (Medizinische Universität Wien) über die Wahl des richtigen Kontrastmittels für die CT-Angiographie (CTA) der Herzkranzgefäße.
RöKo Heute: Nach welchen Kriterien wählen Radiologen das Kontrastmittel für die CTA der Herzkranzgefäße aus?
Loewe: Immer öfter haben wir gar keine Wahl mehr. Mittlerweile kaufen viele Krankenhausträger Kontrastmittel zentral ein und schreiben somit deren Verwendung vor. An meiner Klinik habe ich relative Bewegungsfreiheit, aber diese Tendenz zur zentralen Ausschreibung und zum klinikverbundweiten Ankauf sehe ich sehr kritisch.
Sind Sie zufrieden mit der Auswahl an Kontrastmitteln, die am Markt zur Verfügung stehen?
Ja. Die Produkte entsprechen unseren derzeitigen Vorstellungen davon, was ein Kontrastmittel können muss. Sie sind sehr sicher und erfüllen ihre Aufgaben sehr gut. Prinzipiell sind die meisten Produkte sehr ähnlich. Darüber hinaus gibt es einige, die sich in ihren Eigenschaften unterscheiden. Das können Unterschiede in der Jodkonzentration sein, die von 200 bis 400 Milligramm reicht, wobei nur ein Hersteller diese höchste Konzentration anbietet. Und dann gibt es ein Produkt, dessen physikalische Eigenschaften sich von den anderen unterscheidet: Alle anderen Produkte sind monomer und im Vergleich zum Blut hyperosmolar, jenes aber ist dimer und im Vergleich zum Blut isoosmolar.
Da sprechen Sie genau jene beiden Produkte an, die Sie in einer Studie miteinander verglichen haben. Können Sie diese Untersuchung kurz zusammenfassen?
Während einer Herz-CTA kommt es regelhaft zu einem Anstieg der Herzfrequenz, was zu Artefakten führen kann. Wir haben das dimere Kontrastmittel Iodixanol und unser bisheriges Standardprodukt Iomeprol miteinander verglichen, wobei Iodixanol zu einem geringerem und späteren Anstieg der Herzfrequenz geführt hat als das monomere Iomeprol. Wir haben zusätzlich eruiert, ob diese Änderung der Herzrate im klinischen Alltag von Bedeutung ist – und nicht nur rein akademisch – und haben dabei festgestellt, dass in der Patientengruppe, die Iomeprol bekommen hat, die Anzahl der nichtdiagnostischen Segmente der Koronararterie höher war. Umgekehrt war die Anzahl der Segmente, die ausgezeichnet beurteilbar waren, in der Iodixanol-Gruppe signifikant höher. Unter dem Strich war also die Bildqualität in der Iodixanol-Gruppe besser. Auch die Patientenzufriedenheit war größer: Diese haben die Gabe von Iodixanol als deutlich angenehmer empfunden, weil das Hitzegefühl viel schwächer war – obwohl die Substanz mit einer höheren Geschwindigkeit injiziert wurde, um die geringere Joddosis auszugleichen.
Die Studie wurde von der Radiologie- Teaching-Plattform „Aunt Minnie“ als eine der zehn Topstorys des diesjährigen European Congress of Radiology (ECR) gerankt.
Ist eine Studie, die zwei derartige Produkte vergleicht, so etwas Außergewöhnliches? Ich war selbst überrascht und habe keine Ahnung, auf welcher Basis dieses Ranking vorgenommen wurde. Vielleicht, weil es diesbezüglich nicht viele Studien gibt. Unsere ist mit 207 eingeschlossenen Patienten die bisher größte und sie ist sehr seriös durchgeführt: randomisiert, prospektiv durchgeführt und verblindet ausgewertet.
Welche Konsequenzen hat Ihre Studie? Zum einen haben wir in unserer Abteilung das Schema der Kontrastmittelgabe bei der CTA des Herzens umgestellt.
Zum anderen aber zeigt gerade diese Studie, wie wichtig die freie Auswahl der Produkte sein kann. Eine Einschränkung durch einen zentralen Einkauf – wie bereits erwähnt – wirkt innovationsfeindlich, weil die Kontrastmittelhersteller davor zurückschrecken könnten, in Zukunft etwas Neues auf den Markt zu bringen.
Im Profil:
Univ.-Prof. Dr. Christian Loewe ist Interimsleiter der Klinischen Abteilung für Kardiovaskuläre und Interventionelle Radiologie der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin an der Medizinischen Universität Wien. Loewe ist Kongresssekretär dieses Kongresses und wird 2015 Präsident des Jahreskongresses der European Society of Cardiac Radiology (ESCR) in Wien sein.
Veranstaltung:
Raum Rieder
Mi., 28.05.2014,
11:30 - 13:00
Outcome Studies -
Koronarkalk und CTA
Loewe C. / Wien, Vorsitz
Session: Herz I – Neue klinische Anwendungen derCT Koronarangiographie
28.05.2014