Krankenhausfinanzierung
Fast jeder zweite Krankenhausmanager versteht Bankberater nicht
Vor allem kleinere und finanzschwache Krankenhäuser tun sich schwer, an Bankkredite zu kommen, die sie zum Erhalt ihrer Wettbewerbsfähig-keit dringend brauchen. Das ist das Ergebnis einer Studie der Evangelischen Bank, die in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut IMCOG (Ludwigshafen) erstellt wurde. Erste Ergebnisse werden heute beim „Strategieworkshop Krankenhaus – Stark aufgestellt für die Zukunft“ in Berlin präsentiert. „Zum einen liegt das an der angespannten finanziellen Situation der betreffenden Krankenhäuser. Zum anderen aber auch an wenig Erfahrung im Umgang mit Banken“, erklärt Dietmar Kühlmann, Bereichsleiter Kompetenzcenter Finan-zierung und Gesundheitsexperte bei der Evangelischen Bank. Dies verschärfe die ohnehin schwierige Wirtschaftslage der Kliniken zusätzlich. Betroffen sind in erster Linie diejeni-gen 43 Prozent der befragten Einrichtungen, die ein ausgeglichenes, negatives oder deut-lich negatives Jahresergebnis ausweisen.
So zeigt die Studie, dass erfolgreiche Krankenhäuser besser über die verschiedenen Bankpro-dukte sowie deren Chancen- und Risikoprofile informiert sind als finanzschwache Einrichtungen. Ebenso umfassend aufgeklärt fühlen sich die 25 Prozent der Krankenhäuser, die mit einer Stei-gerung ihres Betriebsergebnisses rechnen. Die ergänzend zu den Krankenhäusern befragten Bankexperten bemerken zudem eine große Schwankungsbreite, was die Qualität der von den Krankenhäusern gelieferten Finanzinformationen betrifft. Sie reicht von „sehr auskunftsbereit“ bis „nur das Mindeste wird geliefert“. Gerade private Krankenhausbetreiber stellen laut der Erfahrung der Banker detaillierte Auskünfte zur Verfügung. Ertrags-, Liquiditäts- und Investitionsplanung seien bei ihnen Standard. Insbesondere bei Krankenhäusern in öffentlicher Trägerschaft halten sie die Quantität und Qualität der aufbereiteten Daten hingegen für verbesserungswürdig oder eher durchschnittlich. Häufiger Kritikpunkt: der Adressat der Informationen ist nicht die Bank. Zum Teil bestehe sogar Handlungsbedarf bei essentiellen betriebswirtschaftlichen Informations-systemen wie Deckungsbeitragsrechnungen, Risiko- und Potenzialanalysen.
„Die Überwindung dieser Hürden würde die Geschäftsbeziehungen zwischen Krankenhäusern und Banken in Zukunft erleichtern“, ist Kühlmann überzeugt. Generell sei eine Bank jedoch nur dann zur Kreditvergabe bereit, wenn der vorgelegte Businessplan auch aufgeht. Krankenhäuser, die keine ausreichenden Erträge in Aussicht stellen können – zum Beispiel aufgrund einer nega-tiven Markt- und Umfeldanalyse – werden von der Kreditfinanzierung auch bei einer hohen Pro-fessionalität ihrer Finanzkommunikation ausgeschlossen sein. Nicht zuletzt deshalb werde auch die Bedeutung des Fundraising steigen. Wichtig sei laut Kühlmann jedoch auch, dass die Bank sich auf dem Krankenhausmarkt detailliert auskennt. Kühlmann: „Nur dann kann sie die wirt-schaftliche Situation einer Einrichtung differenziert einschätzen.“
Weitere Trends, die sich aus der Studie zur Zusammenarbeit von Krankenhäusern und Banken ableiten lassen: 100 Prozent der befragten Kliniken nutzen den Zahlungsverkehr als Dienstleis-tung, etwa drei Viertel der Einrichtungen nehmen zudem Kredite in Anspruch oder verfügen über Geldanlagen bei Banken. Produkte bzw. Dienstleistungen wie Schuldscheindarlehen, Factoring, Mezzanine-Finanzierung oder Börsengänge hingegen werden selten bis nie in Anspruch ge-nommen. An Bedeutung zunehmen werden laut der Krankenhäuser vor allem Schuldscheindar-lehen und das Factoring. „Solche innovativen Instrumente werden künftig insgesamt wichtiger“, ist Kühlmann überzeugt. Seine Empfehlung: Krankenhäuser sollten insgesamt die Beratungsan-gebote der Banken stärker nutzen. Interessant wiederum für die Banken: 93 Prozent der befrag-ten Krankenhäuser legen Wert darauf, eine zentrale Hausbank zu haben. Leidglich 24 Prozent sind jedoch bereit, für ein gutes Verhältnis zur Bank höhere Preise in Kauf zu nehmen.
Zum Hintergrund der Studie erklärt Gesundheitsexperte Kühlmann: „In der Vergangenheit haben die Krankenhäuser in Deutschland keine erheblichen Kreditbeträge bei den Banken nachfragt.“ Es ging in erster Linie um Ergänzungsfinanzierungen. Das jedoch habe sich mit der Einführung der leistungsorientierten Investitionspauschale geändert und werde durch die Schuldenbremse, die für die Bundesländer ab dem Jahr 2020 gilt, noch verstärkt. Kühlmann: „Die Krankenhäuser benötigen immer häufiger hohe Kredite im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich.“ Auf der anderen Seite suchen Banken in Zeiten von Niedrig- und Negativzinsen attraktive Geschäftsfelder. So erklären die für die Studie befragten Bankexperten, dass sie den Krankenhausmarkt aufgrund der demografischen Entwicklung und seiner weitgehenden Unabhängigkeit von Konjunkturzyklen für besonders interessant halten. Als größtes Risiko hingegen betrachten sie die schnelle Verän-derung der gesetzlichen Rahmenbedingungen.
Quelle: Evangelische Bank eG
27.04.2016