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Demenz: Digitalisierung hilft Selbstständigkeit zu erhalten

Was hat die Digitalisierung eigentlich mit Demenzpatienten zu tun? Auf den ersten Blick nichts – doch langfristig wird mehr digitale Vernetzung nötig sein, um ein altersgerechtes würdevolles Leben zu ermöglichen.

In der Digitalisierung der Sozialbranche steckt das Potenzial, Fachkräfte zu entlasten und Betroffene sowie Angehörige im Alltag zu unterstützen. „Ohne den Einsatz digitaler Mittel sowohl in Einrichtungen als auch in den eigenen vier Wänden wird die Pflegewirtschaft über kurz oder lang zusammenbrechen“, erläutert Karsten Glied, Geschäftsführer der Techniklotsen GmbH. Bis zum Jahr 2050 rechnet die Organisation Alzheimer Disease International weltweit mit 135 Millionen Demenz-Fällen. In Deutschland leben derzeit rund 1,4 Millionen Menschen mit einer Demenz-Erkrankung und jährlich kommen rund 300.000 neue Fälle hinzu. Als eine Ursache für diesen Anstieg nennt die Deutsche Alzheimer Gesellschaft die alternde Gesellschaft.

Die Demografie-Strategie braucht eine digitale Agenda

Karsten Glied

Die Mehrheit der Demenzpatienten weist neben den typischen Symptomen eine breite Palette weiterer Erkrankungen auf, die der intensiven ärztlichen und pflegerischen Versorgung bedürfen. Damit die Erkrankten so lange wie möglich im häuslichen Umfeld bleiben können, wird ein ganzheitliches, fachübergreifendes Versorgungssystem benötigt. „Die Entwicklung neuer digitaler Konzepte bietet hierfür Lösungsansätze: Die Demografie-Strategie braucht eine digitale Agenda“, so Glied. „Denn dank digitaler Technologien und Hilfsmittel können Menschen mit Demenz länger selbstständig bleiben.“ Das sorgt für mehr Lebensqualität und entlastet gleichzeitig auch die Pflegekräfte. Die digitale Transformation hat bereits viele Branchen umgewälzt und die Märkte transparenter gemacht. Den deutschen Pflegemarkt scheint diese Entwicklung jedoch bisher nicht berührt zu haben.

Chancenreich

Dabei sind die Einsatzmöglichkeiten vielfältig: von vernetzten Pflegebetten über AAL-Systeme (altersgerechte Assistenzsysteme) bis hin zu Ortungssystemen. Das intelligente Bett kann beispielsweise durch Sensoren erfassen, wann eine Person aufsteht, und meldet dies automatisch den Pflegekräften, sodass sie in der Lage sind, Unfälle zu vermeiden. Per Knopfdruck priorisiert der Pflegebedürftige sein Anliegen und der Ruf geht direkt auf ein mobiles Endgerät der professionellen Kräfte. Aber auch in den eigenen vier Wänden stärkt die Digitalisierung die Selbstbestimmung pflegebedürftiger Menschen: Digitale Angebote sind in der Lage, Vitalfunktionen und Bewegungen zu überwachen. Sie schlagen etwa Alarm, wenn ein Demenzkranker zu ungewöhnlichen Zeiten die Wohnung verlässt. Kleine tragbare Geräte – so genannte Wearables – detektieren Stürze, rufen automatisch Hilfe und verfügen über eine Ortungsfunktion. RFID-Bänder (Radio-frequency-Identification-Bänder) bieten einen zusätzlichen Schutz: Sie schalten beispielsweise in der Küche Herd, Kaffeemaschine oder Wasserhahn nutzbar. Verlässt der Träger des Bandes den Raum, deaktivieren sich die Geräte nach einer vorher definierten Zeit. Diese Möglichkeiten erhöhen die Sicherheit der Pflegebedürftigen und erlauben diesen, länger in der vertrauten Umgebung zu bleiben. Ebenso wichtig für Demenzpatienten: die intersektorale Versorgung. Betroffene benötigen zahlreiche Dienstleistungen aus unterschiedlichen Sektoren des Gesundheitswesens. Der zeitnahe Austausch  aller  Beteiligten  ist  oft  nicht  gegeben. Erste Projekte versuchen diese Lücke zu schließen und die Akteure zu verbinden. Das Ziel ist die Entwicklung eines digitalen Fallmanagements, das die Demenzkranken und deren Angehörige mit den Pflegekräften und Ärzten verbindet.

Ungenutzte Chancen

Warum werden die digitalen Möglichkeiten nicht längst flächendeckend ausgeschöpft? „Nicht die Digitalisierung steckt noch in den Kinderschuhen, die Umsetzung und Anerkennung solcher Mittel behindert die Weiterentwicklung des Gesundheitssektors“, erklärt Glied. Die meisten gesetzlichen Pflegekassen befinden sich in einer Orientierungsphase zur Digitalisierung: Produkte der Kategorie „AAL“ sind beispielsweise nicht oder nur zusammen mit anderen Hilfen gelistet. Zwar hat die Bundesregierung mit dem E-Health-Gesetz einen Fahrplan zur Einführung einer digitalen Infrastruktur mit hohen Sicherheitsstandards entwickelt, jedoch sind digitale Dienstleistungen noch nicht in den Katalog der Regelleistungen der gesetzlichen und privaten Pflegekassen aufgenommen. Und das, obwohl auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe meint: „Wir werden unsere Wünsche nach mehr Selbstständigkeit im Alter allerdings ohne Digitalisierung nicht erreichen.“ Politik und Kassen sind gefragt, die Umsetzung der neuen Technologien möglich zu machen und den Schritt hin zu mehr Selbstbestimmung und Lebensqualität zu wagen.


Quelle: Techniklotsen GmbH

13.01.2018

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