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BRK_2015

zu erfahren. Auf diese Weise gleichen wir ab, ob die Anamnese passt oder die Eltern sich möglicherweise in Widersprüche verwickeln. Es ist Aufgabe der Kinderärzte oder -chi- rurgen, eine vollständige körperliche Unter- suchung durchzuführen und das unter Zeu- gen. Wichtig ist, eine ruhige Atmosphäre zu schaffen und Vertrauen aufzubauen. Bei der Untersuchung werden die Begleitfaktoren schriftlich und fotografisch dokumentiert: Größe, Gewicht, Kopfumfang, der Pflegezu- stand,dieBeurteilungderpsychomotorischen Entwicklung. Dazu gibt es Vorgaben, damit die Angaben auch vor Gericht Bestand haben. Bereitet der Umgang mit der Familie Probleme? Der Umgang ist schon eine gewisse Heraus- forderung, denn trotz aller Professionalität ist man bei jedem Fall auch gefühlsmäßig betrof- fen. Allerdings sollten wir uns davor hüten, den Eltern mit Vorurteilen zu begegnen, zu- mal wir gar nicht wissen, wer eigentlich miss- handelt hat. Als Ärzte fällen wir keine Urteile, sondern forschen nach und behandeln. D er bildgebenden Diagnostik kommt eine große Bedeutung zu, wenn der Verdacht auf eine körperliche Misshandlung bei KindernundJugendlichenbesteht.Kenntnisse über die spezifischen Verletzungsmuster sind Grundlage für eine akkurate Befunderstellung und spielen eine wichtige Rolle beim Nachweis oderAusschluss einerMisshandlung.Dr.Birgit Kammer,LeiterinderPädiatrischenRadiologie des Dr. von Haunerschen Kinderspitals, Mün- chen,sprichtimInterviewüberdieAufgabeder Radiologie und den Umgang mit den Betrof- fenen. Welche Rolle spielt die Radiologie beim Thema Kindes- misshandlung? Unter Kindesmisshandlung versteht man die seelische, körperliche und sexuelle Gewalt so- wie die Vernachlässigung. Eine Erhebung bei uns im Haus ergab, dass sich bei 15 Patienten von10.000vorgestelltenFällenderVerdachtauf Kindesmisshandlung bestätigte. Die Aufgabe der(Kinder)RadiologieistesinersterLinie die Folgen der körperlichen Gewalteinwirkungen zu erkennen und zu dokumentieren. Unsere Rollebestehtdarin,Frakturenzuerkennenund mitHilfebildgebenderVerfahrendenNachweis aufabdominelleVerletzungendurchSchlägein den Bauch zu führen, und ganz wichtig, nach einem Schädel-Hirn-Trauma zu schauen. Bei welchen klinischen Befunden läuten bei Ihnen die Alarmglocken? Wie stellt sich Kindesmisshandlung physiolo- gisch dar? GenerellsindimKindesalterdistaleUnterarm-, Ellbogen-, Sprunggelenks- oder auch Klaviku- lafrakturen häufig. Alarmiert sind wir, wenn „ungewöhnliche“aufeineKindesmisshandlung hochverdächtige Frakturen diagnostiziert wer- den wie eine Metaphysen- bzw. Korbhenkel- Fraktur,dieinderNähederWachstumszoneder Röhrenknochenauftritt.Auchverdächtig sind Sternum-Frakturen, Frakturen des Schulter- blattesundBeckenfrakturen.BeiallenKindern unter 18 Monaten sind zudem diaphysären Spi- ralfrakturen der langen Röhrenknochen unge- wöhnlich.AuchsolltendieAlarmglockenläuten, wennsichunterschiedlichalteFrakturensowie Rippenfrakturen zeigen. Letztere kommen bei Kindern üblicherweise sehr selten vor. Wie verläuft die Untersuchung bei Verdacht auf Kindesmisshandlung? Als Radiologen sind wir in der Pflicht, Ver- letzungsmuster erkennen zu können, die auf Kindesmisshandlungen hindeuten. Kinder könnenoftnichtgenauodergarnichtangeben, wo der Schmerz sitzt und daher hängt es von dem Kinderchirurgen oder Pädiater ab, fest- zulegen, welche konventionellen Aufnahmen durchgeführt werden, um Knochenbrüche zu diagnostizieren. Bei einem neurologisch auf- fälligenKindkönnenundmüssenVerletzungs- muster mit der Notfall-CT diagnostiziert wer- den.DemverantwortlichenArztmussbewusst sein, dassKindertrotzschwererneurologischer Symptome nach einem Schütteltrauma meist überhaupt keine äußeren Verletzungen aufwei- sen. Typische Symptome dieser Sorte Trauma können bei Kindern unter 2 Jahren Krampfan- fälle, Atemstörungen oder eine gespannte Fon- tanellesein.IstdieFontanellenochoffen,kann derCTeine Schädelsonographievorgeschaltet werden,umAuffälligkeitennachzugehen.Zeit- nah und im weiteren Verlauf ist eine MRT in- diziert. Liegt das Kind auf der Intensivstation entwickelt und ein schweres Hirnödem, ist es manchmal sogar notwendig, die Schädel-CT zu wiederholen. Generell gilt: Die Bildgebung folgt dem klinischen Zustand des Kindes. Welche Schritte leiten Sie ein, wenn Sie eine Kindesmisshand- lung annehmen? Im Verdachtsfall laufen die Schritte standardi- siert ab: wir haben bei uns im Haus eine „Kin- derschutztruppe“ eingerichtet, die eingeschal- tetwirdunddienotwendigenSchritteeinleitet. DieseMitarbeitersindspezifischgeschult,zum Beispiel durch Kurse zur „Kindswohlgefähr- dung“. Erhärtet sich der Verdacht, wird in manchen Fällen das Jugendamt eingeschal- tet. Ist möglicherweise das Leben des Kindes gefährdet, werden die Rechtsmedizin und die Polizei informiert. Selbstverständlich müssen wir sehr vorsichtig agieren. Gelegentlich wer- den Kinder auch zu ihrem eigenen Schutz sta- tionär bei uns aufgenommen, um durch die Befragung der Eltern mehr über die Ursachen Kinder & Technik radiologia bavarica2015 19 KindesmisshandlungTypische Verletzungsmuster erkennen Michael Steurer beendete 2003 seine Ausbildung zum radiologisch-technischen Assistenten und begann danach mit seiner Tätigkeit als Radiologietechnologe an der Universitätsklinik für Radiologie, Innsbruck. Zwischen 2011 und 2013 absolvierte er das berufsbegleitende Master-Studium „Qualitäts- und Prozessmanagement im Gesundheitswesen“ an der Fachhochschule für Gesundheit, kurz FHG Tirol, Innsbruck. Das Studium schloss er mit dem Master of Science in Health Studies ab. Seit 2011 ist er Leitender Radiologietechnologe an der Universitätsklinik für Radiologie in Innsbruck. Dr. Birgit Kammer studierte Humanmedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). Im Rahmen der Facharztausbildung zur Radiologin an der LMU forschte sie unter ande- rem an der Harvard Medical School in Boston. Nach Abschluss der Facharztausbildung im Jahr 1995 arbeitete sie als Funktionsoberärztin der Röntgenabteilung der Chirurgischen Klinik mit dem Schwerpunkt MRT und wechselte im Juni 1997 als Oberärztin in die Pädiatrische Radiologie des Dr. von Haunerschen Kinderspi- tals. Seit September 2013 leitet sie die dortige Kinderradiologie. Ein besonderes Anliegen ist ihr die Fort- und Weiterbildung der Radiologen in der Kinderradiologie in der BRG und DRG. Abb. 1: Metaphysäre Kantenabsprengung oder Korbhenkelfraktur Abb. 2: CCT nativ axial (A) und koronar (B) bei einem 2 Monate altem Säugling: Schmales subdurales Hämatom im Interhemispärenspalt, bds. okzipital und rechts temporal am Boden der mittleren Schädelgrube sowie massives generalisiertes Hirnödem mit fehlender Abgrenz- barkeit des kortikalen Rindenbandes. Hochgradiger Verdacht auf Kindsmisshandlung! Veranstaltungshinweis: Raum: Europa-Saal Freitag, 02. Oktober 2015, 11:30-11:50 Uhr Kindesmisshandlung B. Kammer, München/DE HS 2 – Kinderradiologie Qualitätssicherungsprogramm durchführen, um die Patientendosis zu ermitteln, die ver- abreichte Dosis zu dokumentieren und die Strahlungsexposition zu optimieren“, so der Experte, „bei uns in Innsbruck gibt es bei- spielsweiseeineSoftware(∑DOSE),mitderen Hilfe wir die kompletten Dosisdaten unserer Patienten, die eine CT erhalten haben, abru- fen und die Dosisparameter vollautomatisch auswerten können.“ Und was bleibt zu tun? Auf die Zukunft angesprochen sagt der Ra- diologietechnologe: „Ich wünsche mir die Einführung eines europaweiten digitalen Strahlenpasses, in dem die individuellen Do- sisdaten des Patienten digital gespeichert und auch wieder abgerufen werden können – mit dem Ziel, die Eigenverantwortung von Pati- enten zu stärken.“ konventionellen Röntgen durch eine höhere Strahlenexposition auszeichnet. Verstärkt wird dieser Effekt noch durch die weltweit steigende Anzahl an CT-Systemen generell so- wie an Zuweisungen zu CT-Untersuchungen. Deshalb ist ein Punkt der Richtlinie, dass „die Angabe der Patientenexposition Teil des radi- ologischen Befundes ist. Jegliche mit Gesund- heit befasste Institution muss ein geeignetes 1 2a 2b Die Gesundheit im Blick Zentral und leistungsstark und zuverlässiges Archiv für die niederöster- reichischen Kliniken schaffen. Wir gehen dabei weg von einem System statischer und herstellerspezifischer Daten, hin zu einem multimedialen, medizinischen und herstellerneutralen Archiv”, so Winfried Post. Maßgeschneiderte Imaging-Lösungen Standardisierte Bedienoberflächen (NX Acquisition Workstation), ­MUSICA, der Goldstandard in der digitalen Bildverarbeitung, vielsei- tige CR- und DR-Lösungen sowie die tiefe Integration in die Kranken- haus IT stellen das Erfolgsrezept bei Imagingdar.EinfacheHandhabung, hervorragende, konsistente Bildqua- lität, schnell verfügbare Bildvoran- sichten, kontrastreiche Darstellung kleinster Details, kürzere Untersu- chungszeiten – all dies trägt zu einer zügigen, sicheren Diagnostik bei, erhöht die Produktivität, optimiert Arbeitsabläufe und schafft Patientenkomfort. So überzeugt der DX-M Digitizer als ein- ziges kassettenbasiertes digitales Radiogra- phiesystem, das herkömmliche Speicherfo- lien und fortschrittliche Nadelkristalldetek- toren für alle radiologischen Anwendungen verarbeitet. Darüber hinaus liefert er bei Ver- wendung von Nadelkristalldetektoren die höchstmögliche Bildqualität bei gleichzeitig signifikantem Potential zur Dosisreduktion und für spezielle Fragestellungen im Bereich der Extremitäten Röntgenaufnahmen mit 50 µm Detailauflösung. Weiter reicht die breite DR-Palette von auto- matisierten, deckenmontierten Systemen, über skalierbare bodenmontierte Lösungen sowie einem voll motorisierten ­U-Arm System bis zu mobilen DR-Einheiten. Die jeweiligen Systeme könnenmitfestintegriertenFlachdetektorenoder mobilenDR-Detektorenausgestattetwerden. DX-D Retrofit-Lösungen digitalisieren schnell, leicht und wirtschaftlich vorhande­ ne stationäre oder mobile Röntgenmodali- täten mit einem oder mehreren WLAN DR- Detektoren. die Quellen der Daten logisch zu trennen. Die Kliniken werden über HL7-Schnittstellen an das Zentralarchiv angeschlossen. „Das neue Zentralarchiv wird zukünftig ein schnelles A gfa HealthCare präsentiert in Salzburg ein umfangreiches IT- und Imaging- Portfolio für die Radiologie. Agfa HealthCare wird für 21 Kliniken des Lan- desverbundesNiederösterreicheinlandesweites medizinisches Archiv schaffen, das zentral alle PACS- und Kardiologie-Bilddaten archiviert. Damit wird ein Langzeitarchiv aus derzeit pro- prietärenDatenersetzt.DerneueXEROViewer der Agfa HealthCare wird als Universalviewer im Archiv zur Verfügung stehen. Das bestehende Zentralarchiv umfasst die Landeskliniken, deren PACS-Systeme über proprietäre Schnittstellen mit dem Zentral- archiv verbunden sind. Es gibt Systeme von Siemens und Philips, ebenso von GE, Vepro und Agfa HealthCare selbst. Das zu schaffen- de Vendor-Neutral Archive (VNA) wird diese Situation in ein neues, multimediales Archiv überführen. „EingroßerErfolg,derunssehrstolzmacht und ein sehr interessantes Projekt“, beschreibt Winfried Post, Geschäftsführer und General Manager DACH bei Agfa HealthCare, den Gewinn des Projektes in Niederösterreich. „Es gilt, DICOM- und Non-DICOM-Daten verschiedenerHerstellerineinneues,leistungs- starkes Zentralarchiv zu überführen.“ Erstes Vendor-Neutral Archive In der DACH-Region ist das niederösterrei- chische Projekt das erste Verndor-Neutral Archive. Damit werden Bilder, Video- und Audioaufnahmen gesetzeskonform und sicher abgelegt und gespeichert. Jede teilnehmende Klinik wird als neuer Mandant geführt, um

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