22 RADIOLOGIEREPORTRUHR 2015 THORAXRADIOLOGIE dieser Bestrahlungsfelder später in der Bildgebung genau sehen können, weil siewiemiteinemLinealgezogendurch die Organe verliefen. Heute können Strahlentherapeuten den Patienten mit unterschiedlichkonfiguriertenFeldern ausverschiedenstenRichtungenundin- tensitätsmoduliertenDosenbestrahlen.“ Dennoch kann die ionisierende StrahlungweiterhinzuSchädenimum- liegendengesundenGewebeführen.In vielen Fällen muss die verträgliche Do- sis überschritten werden, um den Tu- mor effektiv zu behandeln. Das kann zu entzündlichen Veränderungen füh- ren, in der Lunge insbesondere zu einer Pneumonitis.Dieseistjedochmitunter schwierig zu diagnostizieren, berichtet der Düsseldorfer Chefarzt: „Eine häu- figeFrage,diewirunsstellen,wennwir eine Verdichtung um den Tumor he- rumentdecken:Handeltessichumein neues Tumorwachstum, also braucht der Patient weiterhin eine Chemo? Hat derPatienteinePneumonitis,diedurch die Bestrahlung entstanden ist, und braucht Kortison? Oder ist das Organ durch die Bestrahlung so geschwächt, dass Bakterien eine Pneumonie hervor- gerufen haben und er mit Antibiotika behandelt werden muss?“ Damit der Radiologe überhaupt die richtigen Schlüsse ziehen kann, muss er den Bestrahlungsplan des Patienten kennen. Denn nur, wenn er weiß, in welchem Lungenabschnitt wie viel Do- sis zu welchem Zeitpunkt verabreicht wurde, kann er nachvollziehen, ob das Lungenparenchym eine Pneumonitis entwickelt hat oder nicht. „Unter 30 Gray passiert normalerweise nichts“, er- läutert Prof. Diederich, „ab 40 Gray ei- gentlichimmerunddazwischenkommt esaufdieKonstitutiondesPatientenan und ob er parallel eine medikamentöse Behandlung erhält, die die Lunge zu- sätzlichschwächt.“Zudemgibteseinen relativ typischen zeitlichen Verlauf, der bestimmteSymptomehervorruft:„Das Erste ist eine geringe Trübung des Lun- gengewebes, die etwa sechs Wochen nach Erreichen der Schwellendosis ein- tritt. Diese sogenannte Milchglasverän- derung schreitet in der Regel zu einer Konsolidierung fort, also zu einer Ver- dichtung des Lungengewebes, bei der sich die Bronchien und Gefäße nicht mehr vom verdichteten Lungengewe- be unterscheiden lassen. Diese Kon- solidierung erreicht ihren Höhepunkt nachdreibisvierMonatenundbeginnt dannrelativzügig,ineinenfibrotischen Prozessüberzugehen,sodasssichschon nach einem halben Jahr bestimmte Strukturen in der Lunge durch die Bildung von Narbengewebe verlagern. Die Bronchien, die sich normalerweise gleichmäßig vom Zentrum in die Pe- ripherie verjüngen, sind dann beispiels- weise erweitert, weil die Narbe daran zieht. Wenn also die Verteilung dieser Veränderungen mit den stark bestrahl- ten Organabschnitten übereinstimmt, ist der Beweis erbracht, dass es sich um einePneumonitishandeltundnichtum ein Rezidiv oder eine Pneumonie.“ N icht nur moderne Krebsthera- pien werden immer komplexer, sondern auch die Nebenwir- kungen, die sie hervorrufen. Hinzu kommt, dass Krebspatienten durch die neuartigen Behandlungskon- zepte sehr viel bessere Überlebenschan- cen haben als früher, sodass Spätfolgen unterschiedlichster Behandlungszy- klen überhaupt erst in Erscheinung tre- ten. Für den Radiologen bedeutet das, dass er sich immer öfter mit röntgeno- logisch sichtbaren Veränderungen, die typischerweise durch moderne Thera- pieverfahren entstehen, konfrontiert sieht. Prof. Dr. Stefan Diederich, Chef- arztdesInstitutsfürDiagnostischeund Interventionelle Radiologie am Marien Hospital Düsseldorf, erklärt, woran mansolchetherapiebedingtenBegleiter- scheinungenspeziellimThoraxerkennt. Noch vor zehn Jahren standen bei der Diagnose „Krebs“ praktisch nur zwei nichtoperative Behandlungsmöglich- keiten zur Auswahl: Chemotherapie und/oder Bestrahlung. Beiden The- rapieformen gemeinsam ist ihre zyto- toxische Wirkung, die nicht nur zur Folge hat, dass Tumorzellen absterben, sondern auch jedes andere schnell tei- lende Gewebe im Körper geschädigt wird. Ein verheerender Nebeneffekt, aber ein eindeutig nachvollziehbarer. Heute kommen neben den klassischen ZellgiftennochvieleweitereSubstanzen zumEinsatz,dieaufganzandereWeise wirken, aber auch ganz andere Neben- effekte verursachen. Einige hemmen den Stoffwechsel im Tumor, andere die Angiogenese, wieder andere setzen Antikörper gegen die Krebszellen ein. Diese molekularen Wirkstoffe lassen den Tumor nicht unbedingt schrump- fen, sondern legen seine biologischen Aktivitätenlahm.DieseProzesselassen sich mit funktionellen Bildgebungs- techniken wie der PET darstellen. Aber nicht nur auf medikamentöser Ebene hat sich etwas getan. Auch die Radiotherapie hat große technische Fortschritte gemacht. „Früher waren die Bestrahlungsfelder häufig einfach nur rechteckig“, erinnert sich Prof. Die- derich,„dasheißt,manhatdieGrenzen UnliebsameBegleiterTherapieassoziierte Veränderungen der Lunge Prof. Dr. Stefan Diederich, geboren 1961 in Göttingen, ist Chefarzt des Instituts für Diagnostische und Inter- ventionelle Radiologie am Marien Hospital Düsseldorf und Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Thoraxdiagnostik der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG). Er ist Past President vom RadiologieKongress- Ruhr 2010 sowie 2011 und richtete 2014 als Kon- gresspräsident den 95. Deutschen Röntgenkongress in Hamburg aus. Darüber hinaus wurde Prof. Diederich mit dem Hanns-Langendorff-Preis (2000) der Vereini- gung Deutscher Strahlenschutzärzte und der Hanns- Langendorff-Stiftung sowie dem Eugenie-und-Felix- Wachsmann-Preis (2006) der DRG ausgezeichnet. Veranstaltungshinweis: Raum: Congress-Saal Donnerstag, 29.10.2015, 17:30 Uhr Therapieassoziierte Veränderungen im Thorax Stefan Diederich, Düsseldorf Session: Onkologie Konsolidierung bei Pmeumonitis Bestrahlungsplan bei zentraler Lymphknoten- metastase VISUS_JiveX_PACS_EH_210x148_2015.indd 1 16.10.15 14:18 VISUS_JiveX_PACS_EH_210x148_2015.indd 116.10.1514:18