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RRR 2015

18 RADIOLOGIEREPORTRUHR 2015 Pädiatrie Liegt eine solche Fraktur vor, heißt es, leitlinienkonform zu handeln. Und das bedeutet zunächst einmal, dass im Säuglingsalter der radiologische Ske- lettstatus erhoben werden muss, um weitere Frakturen aufzuspüren. Wich- tig ist außerdem die Bestimmung des zeitlichen Ablaufs der Verletzungen: UnterschiedlichalteFrakturenkönnen ebenfalls auf eine Misshandlungssitua- tion hindeuten (Mehrzeitigkeit). „Zum Teil sind das sehr subtile Ver- letzungen,nachdenenwirsuchenmüs- sen. Dazu zählen kleine Ausrisse oder Abscherungen an den Metaphysen, insbesondere an den Knien oder El- lenbogen,diedurchReißenanArmen und Beinen entstehen. Diese erkennt man nur auf Röntgenaufnahmen und auch nur dann, wenn die Qualität der Aufnahmensehrgutist.DieLeitlinien geben darum auch Auskunft über die Durchführung der Untersuchung“, so Mentzel. Neben den Frakturen sind es Ver- letzungen im Kopf, die auf eine Miss- handlung hindeuten. Das sogenannte Schütteltrauma hinterlässt unter an- derem Hämatome, die über einen län- geren Zeitraum bestehen bleiben und so auch einige Zeit nach dem Vorfall nachweisbar sind. Und auch schwer- wiegende Risse im Hirngewebe (soge- nannte Scherverletzungen) sind sehr lange erkennbar. Hans-Joachim Men- tzel:„AufsolcheVerletzungsmustergilt es gezielt zu achten. Kommt ein Kind bereits mit einem Verdacht auf eine KindesmisshandlungzumRadiologen, müssen Verletzungen des Gehirns mit speziellenMRT-Sequenzenaufgespürt oder ausgeschlossen werden. Auch da- raufmöchteichinmeinemVortragauf dem RKR eingehen.“ Darüber hinaus werden mögliche Differenzialdiagnosen wie chronische Erkrankungen des Skelettsystems, die mit einer erhöhten Brüchigkeit einher- gehen, besprochen und Hinweise da- rauf gegeben, wie der Radiologe beim Verdacht einer Kindesmisshandlung vorzugehen hat: „Das Urteil darüber, ob eine Kindesmisshandlung vorliegt, darf nie nur von einer Person gespro- chen werden. Als Minimum gilt das Vier-Augen-Prinzip unter Einbezie- hung des Kinderarztes und/oder des Rechtsmediziners“, so Hans-Joachim Mentzel abschließend. E ssindBilder,dieaucherfahrenen Radiologen an die Nieren ge- hen:SäuglingemitRippen-oder Armfrakturen, sichtbaren oder unsichtbaren Hämatomen. Ob bei solchen Verletzungen von einer Kin- desmisshandlung auszugehen ist oder nicht, ist für den ungeschulten Blick nicht einfach zu erkennen. Welche eindeutigen Merkmale es gibt, welche Differenzialdiagnostik entscheidend ist und wie beim Verdacht einer Kin- deswohlgefährdungleitlinienkonform untersucht wird, darüber berichtet auf dem diesjährigen RadiologieKongress- Ruhr (RKR) Prof. Dr. Hans-Joachim Mentzel, Leiter der Kinderradiologie des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Uni- versitätsklinikum Jena. Grundsätzlich gibt es zwei Szena- rien, die für den Radiologen bei der Aufklärung einer Kindesmisshand- lung infrage kommen: Der Kinder- arzt äußert bereits einen Verdacht und möchte diesen bestätigen oder ausschließen lassen. Oder das Erken- nen der Misshandlung ist auf einen Zufallsbefund zurückzuführen. „Vor allem im letzteren Fall gilt: Ich erken- ne nur das, was ich kenne. Darum ist es so wichtig, mit den grundsätzlichen Verletzungsmustern einer Misshand- lung vertraut zu sein“, wie Hans-Joa- chim Mentzel feststellt. Zu diesen typischen Verletzungs- mustern zählen beispielsweise Frak- turen bei jungen Säuglingen, die sich noch nicht drehen können und bei denen somit ein Sturz, beispielsweise vom Wickeltisch, unwahrscheinlich ist – es sei denn, er wurde aktiv herbei- geführt. Klassisch sind Rippenfrak- turen oder Brüche der Extremitäten. Aberauchkleine,subtileVerletzungen wie Absprengungen von Kanten aus denWachstumsregionenderKnochen deuten auf eine Misshandlung hin. „Entscheidend bei der Beurteilung von Frakturen ist die Plausibilitäts- prüfung. Also der Abgleich des ge- schildertenHergangseinesUnfallsmit denVerletzungsmustern.Daskannder Radiologe letztlich nicht allein ent- scheiden, da kommt es auf die Mithil- fe eines Rechtsmediziners beziehungs- weise Biomechanikers an. Gerade bei den Zufallsbefunden gibt es eindeu- tigeMuster,beidenenjederRadiologe hellhörig werden sollte. Knochenbrü- che bei noch sehr bewegungseinge- schränkten Säuglingen beispielsweise sindgenerelläußerstselten–sofernkei- ne ursächliche Krankheit bekannt ist, die Einfluss auf die Knochenstabilität hat. Darum deuten Rippenfrakturen häufig auf ein bewusstes Zusammen- drückendesBrustkorbsbeimSchüttel- trauma hin“, erklärt der Experte. Kindesmisshandlung inderBildgebung „Man erkennt nur das, was man kennt.“ Oder nach Goethe: „Man sieht nur, was man weiß.“ Univ.-Prof. Dr. Hans-Joachim Mentzel absolvierte sein Medizinstudium an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena, im Jahr 2000 erwarb er den radiologischen Fach- arztstatus. Drei Jahre später folgte die Schwerpunkta- nerkennung „Pädiatrische Radiologie“. Den Ruf auf eine Professur für Kinderradiologie am Universitätsklinikum Jena nahm er 2008 an; weitere Rufe an die Universi- täten in Würzburg und Berlin lehnte er ab. Der Vater von zwei Kindern leitet die Sektion Kinderradiologie am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radio- logie in Jena, zahlreiche Zusatzqualifikationen wie die Weiterbildungsermächtigung Kinderradiologie und der Ausbilderstatus der Sektion Pädiatrie der DEGUM ma- chen ihn zu einem wahren Experten auf dem Gebiet der Kinderradiologie. Von 2011 bis 2015 war er Vorsitzender der AG Kinderradiologie der Deutschen Röntgenge- sellschaft und seit 2009 ist er zweiter Vorsitzender der Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie. Veranstaltungshinweis: Raum: Congress-Saal Samstag, 31.10.2015, 8:00 Uhr Kindesmisshandlung Hans-Joachim Mentzel, Jena Metaphysäre Läsion: Die schräge Röntgenaufnahme des Ellenbogen- gelenks zeigt eine schmale schalenförmige Abscherung aus der distalen Humerusmetaphyse Subdurale Hämatome Flair: Der axiale MRT-Schnitt (Flair) zeigt bds. neben relativ weiten äußeren Liquor- räumen subdurale Hämatome, die diskret verschiedene Signalintensitäten aufweisen. Subdurale T2w: Dieser Schnitt (T2w) zeigt die subduralen Hämatome deutlich signalreicher als die Liquorräume Zustand nach Schütteltrauma mit Hygromen und Parenchym- defekten: Das coronare MRT-Bild (T2w) weist beidseits große eiweißreiche Hygromsäume (links raumfordernd) nach. Zusätzlich bestehen nach diffusen axonalen Schädigungen im Rahmen eines Schütteltraumas ausgeprägte Parenchymdefekte (hyerpintens) sowie eine diffuse Atrophie. Rippenfrakturen: Das Thoraxröntgenbild zeigt dorsal links ältere Frakturen der 6. bis 8. Rippe sowie lateral rechts ältere Frakturen der 5. bis 7. Rippe. Diese wären auf Schrägaufnahmen noch deutlicher zu erkennen. Der Zauber der Zeche Die Zeche Zollverein im Essener Norden gehört zu den bedeutendsten Indus- triedenkmälern Europas! Die Besucher finden verschie- dene Museen, Ausstellungs- orte und Freizeitangebote in der alten Schachtanlage XII, der Kokerei und den Schacht- anlagen 1/2/8. Im Jahr 2001 wurde die Zeche Zollverein sogar von der UNESCO zum Weltkulturerbedeklariert.Seit- her ist der weitläufige Indus- triekomplexPublikumsmagnet und Heimat für Kunst und Kultur im Ruhrgebiet. UNESCO-Welterbe Zollverein Gelsenkirchener Str. 181 45309 Essen

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