12 CT2016GARMISCH Lunge & HRCT knoten mit ihrer spezifischen Morphologie unbedenklich und nicht mit Metastasen zu verwechseln, während die Struktur anderer Rundherde den Verdacht auf ein primäres Lungenkarzinom aufkommen lässt. Nach welchen Kriterien kann dann unterschieden werden? Aus den Screening-Studien wissen wir, dass die häufig auftretenden soliden Rundherde in der Regel ein deutlich geringeres Maligni- täts-Risiko aufweisen als nicht-solide. Wäh- rend von hunderten solider Rundherde nur wenigebösartigsind,liegtdasRisikobeiden nicht-soliden Vertretern bei gut 30 Prozent. Neben der Fleischner-Society haben auch noch andere Fachgesellschaften Kriterien entwickelt. Am bekanntesten sind sicher- lich die Lung-RADS des American College of Radiology (ACR), die aus Merkmalen wie Struktur, Durchmesser, Volumen und Wachstum eine Risikoabschätzung ableiten. Noch liegt in der Interpretation eines Befundes sehr viel Subjektivität: Je nach Er- fahrung und Einschätzung kommen zehn Radiologen manchmal zu ebenso vielen un- terschiedlichenErgebnissen.DasgroßeThe- ma in der Forschung – und auch in meinen Arbeiten – ist daher die Entwicklung einer standardisierten Analyse per Computer, mit derRundherdeautomatischdetektiert,quan- tifiziertundmiteinemRisikofaktorversehen werden können. Danach kann auf objekti- vierter und automatisierter Grundlage fest- gelegtwerden,welcheRundherdeinwelchen Zeitabständen kontrolliert werden müssen. DiesesVerfahrenwirdsicherlichindennäch- sten Jahren kommen. Der Radiologe muss sich dann nicht mehr jeden einzelnen Be- fund anschauen; ein Teil der radiologischen Arbeit wird durch Computerprogramme er- ledigt.Derzeitwartenalledarauf,dassdieEr- gebnissedergrößteneuropäischenScreening- Studie – der Nelson -Studie veröffentlicht werden, nicht nur weil sie den Einsatz des Lungenscreenings in Europa entscheidend beein- flussen werden, sondern auch weil positive Ergebnisse die Entwicklung derartiger com- puter-basierter Analysen weiter voranbringen würden. Lässt sich damit das Problem der falsch- positiven Befunde in den Griff bekommen? Erfahrungsgemäß zeigt jedes zweite CT einen Rundherd und es ist sinn- voller, zwischen unbedenklichen und risiko- behafteten Rundherden zu diskriminieren alsjahrelangfalsch-positiveBefundezuüber- prüfen. Das haben wir gelernt, weil wir über Jahre viele Patienten systematisch kontrol- liert haben. In anderen Worten, selbst wenn in Europa kein flächendeckendes Screening eingeführt wird, können wir künftig ein komplexes Krankheitsbild wie den Lungen- rundherd viel besser befunden. Dank moderner Techniken wie der HR-CT mit ihren 1 - 2mm Schichten werden Rundherde immer früher entdeckt. Nahe- zu jedes zweite CT weist einen auffälligen Befund in der Lunge auf. Doch welcher Be- fund ist harmlos und welcher muss beobach- tet und kontrolliert werden? Prof. Cornelia Schaefer-Prokop gibt Tipps zur morpholo- gischen Befundung und berichtet über neue wissenschaftliche Ansätze. Ist der Lungenrundherd schwer zu diagnostizieren? In der Tat ist der Lungenrundherd einer der häufigsten – oft inzidentellen – Befunde. Die normale Thorax-Aufnahme weist nur eine relativ limitierte Sensitivität gegenüber RundherdenoderallgemeinfokalenVerdich- tungen auf. Das ist auch der Grund, warum wir im Röntgenbild nur selten ein Bron- chialkarzinom mit einer Größe von ein bis zwei Zentimetern erkennen. Im CT dage- gen können wir bei einer Schichtdicke von inzwischen nur einem Millimeter auch den kleinsten Rundherd in der Lunge sehen. Als Radiologen sind wir daher in mehrfacher Hinsicht diagnostisch gefordert: Wir müs- sen eine Aussage darüber treffen, ob es sich um einen besorgniserregenden Befund han- delt, der weiter kontrolliert und behandelt werden muss und wir müssen diese Diagno- se aufgrund der deutlich besseren Technik bei einer steigenden Anzahl von Patienten durchführen. Dabei helfen die Fleischner-Kriterien? Die Fleischner-Kriterien wurden erstmals 2005 publiziert und bezogen sich zunächst ausschließlich auf solide Rundherde. Im Jahr 2013 wurden diese Kriterien dann um die sub-soliden Rundherde erweitert. Sub- solide Herde bestehen zum Teil aus einer milchglasartigen und zum Teil aus einer soliden Komponente. Die ersten Fleisch- ner-Kriterien waren insofern ein Novum, weil erstmals zwischen zwei Risikogrup- pen – Rauchern und Nicht-Rauchern – un- terschieden wurde. Dabei wurden Richtli- nien aufgestellt, in welchen Zeitabständen je nach Gruppe die CT-Untersuchungen wiederholt werden sollten. Inzwischen sind diese Kriterien allerdings nicht mehr adä- quat, weil sie nicht an die Häufigkeit des Rundherdbefundes angepasst sind. Denn seinerzeit haben wir noch mit dickeren CT- Schichten gearbeitet, heute sehen wir je- doch kleine und kleinste Rundherde. In Folge dessen fielen hochgerechnet abertau- sende von CTs an, um Rundherde zu kon- trollieren – eine Aufgabe, die weder medizi- nisch noch finanziell zu bewerkstelligen ist. Darüber hinaus haben wir aus den großen Screening-Studien wie dem ame- rikanischen National Lung Screening Tri- al (NLST) mit mehr als 50.000 Patienten oder der NELSON Studie als der größten europäischer Screeningstudie viel über die Rundherdmorphologie gelernt. Wenden wir diese neuartigen morphologischen Kri- terien an, können wir den CT-Befund viel besser danach beurteilen, welches Risiko für eine Malignität besteht. Beispielsweise sind die kleinen intrapulmonalen Lymph- Prof. Dr. Cornelia Schaefer-Prokop arbeitet seit 2009 als Radiologin am Meander Medical Centre, Amers- foort (Niederlande) und darüber hinaus als Wissen- schaftlerin am Department of Radiology and Nuclear Medicine am Radboud University Medical Center in Njimegen. Zuvor war sie in Hannover (1993-1998), am AKH Wien (1998-2004) und AMC Amsterdam (2005-2009) tätig. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der digitalen Radiographie, Computer-Aided Detection und Klassifikation und der Diagnostik interstitieller Lungenerkrankungen. Sie ist Mitheraus- geberin von „European Radiology“, „Journal of Thorac Imgaing“ sowie „Insights into Imaging“ und Mitglied der Fleischner Gesellschaft. Detektivarbeit beim Lungenrundherd Tumor oder nicht? Pneumologen. Eine gute Zusammenarbeit ist hier unabdingbar. Die zweite Vorausset- zungisteineguteTechnik.ZurAnwendung kommt dabei die HR-CT mit sehr dünnen CT-Schichten, mit hoher räumlicher Auflö- sungundunterAnwendungspeziellerBildre- konstruktionsalgorithmen. „In der Praxis wirdfastimmereineSchichtdickevon1mm angefordert“, berichtet Dinkel. Im Besonderen plädiert der Radiologe dafür, CT-Aufnahmen in der Ein- als auch in der Ausatmungsphase durchzuführen, weil der Untersucher zur Beurteilung des Lungenfensters und zur Rekonstruktion des Lungenkerns damit zusätzliche Infor- mationen erhält. „Es ist hilfreich, aber kein Muss“, konstatiert er. Insbesondere gibt es im Umgang mit dieser Methode keinen eu- ropaweiten Standard. „Man erhält zusätz- liche Informationen über kleine Atemweg- serkrankungen: Ob etwa eine Bronchiolitis vorliegt, kann für die Differentialdiagnose von Bedeutung sein.“ Für die Diagnostik der interstitiellen Lungenerkrankungen, spielt die Kennt- nis der Mikroanatomie – ganz besonders des sekundären Lobulus - eine entschei- dende Rolle. Der sekundäre Lobulus ist die kleinste, vollständig von Bindegewebe um- gebene anatomische Struktur in der Lunge, und hat einen Durchmesser von 1-2,5 cm. „Ohne das High Resolution CT hat man in der Darstellung keine Chance“, weiß Julien Dinkel. Normalerweise sind wenige Struk- turen des sekundären Lobulus beurteilbar, die meisten werden aufgrund von Patholo- gien sichtbar. Die dritte Voraussetzung für eine gute Diagnose ist die strukturierte Befundung. „Ich bin der größte Fan der musterbasier- ten Analyse“, sagt Dinkel mit Begeisterung. In der strukturierten Befundung wird per Musteranalyse das dominante Muster iden- tifiziert. Dabei müssen die Relation zum sekundären Lobulus und die Lungenbetei- ligung mit in Betracht gezogen werden, die Zentralerkrankung sowie Nebenbefunde diagnostiziert werden. Die interstitiellen Lungener- krankungen (ILD) sind zwar seltene Lungenerkrankungen, dafür aber schwieriger zu dia- gnostizieren und sehr vielgestaltig. Prof. Dr. Julien Dinkel, Oberarzt im Institut für Kli- nische Radiologie am Klinikum der Lud- wig-Maximilians-Universität München, befasst sich mit diesen seltenen Vertretern und stellt die „Systematische HR-CT-Be- fundung Teil 1“ vor. Im Oktober 2014 hatte Dinkel die neu eingerichtete W2-Professur für Thorakale Bildgebung im Rahmen des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) übernommen. „Es gibt eine Reihe von Grundvorausset- zungen,umeineguteDifferentialdiagnosezu erstellen“, betont Dinkel. Zu den sehr wich- tigen Voraussetzungen zählen laut Dinkel die klinischen Angaben des überweisenden Ein großer Fan der Musteranalyse Freitag,22.01.2016, 8:30Uhr DerLungenrundherd CorneliaSchaefer-Prokop, NijmegenNL Session:Lunge1 Veranstaltung Typische perifissurale Noduli, welche kleine benigne intrapulmonale Lymphknoten präsentieren Lungenfibrose Lymphangioleiomyomatose Korrelation von CT Morphologie und Pathologie